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Blut und Harz

Blut und Harz

Titel: Blut und Harz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Leibig
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Lächeln ging unter. Niemals würde die Welt die wahren Hintergründe erfahren, weshalb dieser Winter hereingebrochen war. Niemand würde jemals wissen, dass er es mit seinen Brüdern war, der die Wende eingeleitet hatte. Ihre Namen würden nie irgendwo erscheinen, in keinem Buch, auf keiner Gedenktafel. Nirgends.
    Reimund riss seinen Blick gewaltsam vom Schneefall los und starrte wieder auf das Tor, durch das man den Kreuzgang betreten konnte. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für falsche Sentimentalität. Er hatte das Kloster zu beschützen und das alleine zählte.
    Im dunklen Torbogen bewegte sich etwas. Es war nur das Fließen von Schatten, keine genaue Form.
    »Kommt schon«, murmelte er ungeduldig. Zeigt euch!
    Er musste sicher sein, dass sie es waren. Er konnte nicht endlos mit der Kraft des Hains um sich schmeißen. Er presste die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und blickte noch angestrengter auf den Kreuzgang.
    Er stand seitlich zwischen den Bäumen und hob ganz langsam angriffsbereit die Arme. Es konnte nicht mehr lange dauern! Der Rabe oder Erik konnten ihn hier fast nicht sehen, und falls doch, war es für sie bereits zu spät. Er konnte also getrost warten, bis er sie sicher erkannte. Er wollte nicht aus Versehen einen seiner Brüder töten.
    Wieder wogten die Schatten.
    Ein kleiner, dunkler Zylinder flog aus dem Torbogen. Reimund ließ sich dieses Mal nicht von seinen Instinkten übermannen. Er hielt die Energie weiter aufrecht, drehte sich aber sicherheitshalber zur Seite. Er hatte dieses Mal keine Angst vor der Granate. Sie würde weit genug von ihm entfernt landen. Doch noch bevor die Granate auf dem Boden aufschlug, explodierte sie in einem gleißenden Weiß als hätte eine ganze Batterie an Schweißgeräten mit ihrer Arbeit gleichzeitig losgelegt.
    Überrascht presste Reimund die Augen zusammen, da die plötzliche Helligkeit ihm wie ein Messer in die Augen stach, obwohl er nicht einmal direkt hineingeblickt hatte.
    Selbst durch die geschlossenen Lider war das Blenden noch grell.
    Eine Blendgranate!
    Reimund riss die Augen wieder auf. Er durfte sie nicht verpassen!
    Das ganze Bild schien überstrahlt zu sein. Seine Augen gaukelten farbige Linien und Lichter vor, wo keine waren und doch erkannte er in dem schlierigen Meer aus Leuchten die Gestalt des Raben aus dem Torbogen treten, eine Kalaschnikow im Anschlag und gefolgt von Erik Ritter.
    Ohne zu zögern ließ Reimund alle mentalen Barrieren fallen und entfesselte die zurückgehaltene Macht. Die eisige, angestaute Kraft mit ihrer Erbarmungslosigkeit war atemberaubend. Sie stieg aus seinem inneren, grünen Kern empor, angefacht durch seine Verbindung zum Hain, und ergriff von jeder Faser seines Geistes Besitz. Als sie ihn vollständig ausfüllte, wusste er, dass Erik und Alexander keine Chance hatten. Ihre Zeit war vorbei.
    Mit einem stummen Donner löste sich die Kraft von ihm.
    Eine mannshohe Wand aus wogendem Eis und Schnee pflügte den beiden in rasendem Tempo entgegen.
    ***
    Was geht hier vor, fragte sich Natalja taumelnd. Ihre Gedanken spielten verrückt, wurden wie in einer Achterbahn durch und durch geschüttelt.
    Der alte Mönch hetzte vor ihr durch den Gang und zerrte sie mit einem baggerartigen Griff wie sinnlosen Ballast hinter sich her. Seine Roben flatterten hektisch durch die Luft, als spürten selbst sie die nagende Anspannung, die in der Luft hing.
    Das Ende des spärlich beleuchteten Flures lag noch fünf Schritte entfernt und bog dann nach links ab, als ein gleißendes Weiß den Knick in eine grelle Leere tauchte. Es war als wäre direkt ein monströser Blitz hinter der Mauerecke niedergefahren.
    Natalja japste vor Schreck nach Luft, doch bevor sie einen weiteren klaren Gedanken fassen konnte, bogen sie bereits um die immer noch hell erleuchtete Ecke.
    Der Kreuzgang, durch den sie hereingebracht worden war, lag direkt vor ihnen. Dahinter thronte der düstere Hain aus pechschwarzen Bäumen und knorrigen Ästen. Dazwischen stand Bruder Raphael, der jäh herumfuhr und die Arme von sich schleuderte.
    Eine tosende Mauer aus knackendem Eis manifestierte sich vor ihm in der Luft und steuerte auf den Eingangsbereich zu.
    Natalja wurde augenblicklich klar, dass dieses Ding den eisigen Tod brachte für alle, die im Weg standen.
    Und dort, direkt in der Flugbahn, sah sie Erik und Alexander.
    Beide hatten den Rücken halb zu ihr gedreht und schienen schockiert, gebannt und unfähig zu reagieren auf die Wand zu starren, die sich

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