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Blut und Harz

Blut und Harz

Titel: Blut und Harz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Leibig
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durchzog, standen milchige Kerzen, doch kein Flämmchen züngelte in die Luft. Nur der Schein zweier Glühbirnen, die nackt in den Fassungen hingen, erhellte den Gang.
    Alexander hängte sich die Kalaschnikow um die Schulter und zurrte das Band fest, damit sie nicht wild herumpendelte. Eine seiner Pistolen sprang in seine Finger. Er visierte an und drückte den Abzug durch.
    Die erste der beiden Glühbirnen explodierte klirrend, als die Patrone das Glas zerschmetterte. Ein weiterer Atemzug, dann zersprang die zweite Lampe ebenfalls. Dunkelheit senkte sich über den Flur.
    »Hör gut zu«, sagte Alexander leise. »Wir schleichen uns nun durch den Gang. Du links an der Wand, ich rechts. So bieten wir das geringste Ziel. Sobald wir das Ende erreicht haben, sehe ich mich vorsichtig um. Verstanden?«
    »Okay.«
    Alexander nickte Erik nochmals aufmunternd zu, dann schlich er um die Ecke. Erik folgte ihm auf den Fersen, überquerte den Gang und erreichte die Mauer. Das Knirschen der Steine und Splitter auf dem Fußboden begleitete ihn, doch nach wenigen Schritten würde der Boden wieder sauber werden.
    Er sah eine auffordernde Bewegung von Alexanders Kopf, der ebenfalls Stellung bezogen hatte, und beide setzten sich in Bewegung.
    Die Dunkelheit wurde immer dichter. Das spärliche Licht, das die letzten brennenden Reste des Portals ausstrahlten, war so gut wie erloschen. Als sie in etwa die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten, schluckte sie die Schwärze fast vollkommen.
    In den Schatten bei Alexanders Wand, einige Schritte vor ihm, bemerkte Erik eine Veränderung. Das Sims knickte offensichtlich nach innen weg. Verblüfft sah Erik herüber. Einen Versatz hatte man von außen nicht gesehen. Dahinter kam die Ahnung einer geschlossenen Tür zum Vorschein. Neugierig beobachtete er, wie Alexander mit der freien Hand vorsichtig dagegen drückte, doch die massive Holztür bewegte sich keinen Millimeter. Sie war offensichtlich versperrt.
    Hinter ihm in der Dunkelheit raschelte es plötzlich.
    Erik fuhr alarmiert herum, doch muskulöse Arme schlangen sich bereits um seinen Kopf. Der Griff war schraubstockartig. Ein animalisches Grunzen entwich seiner Kehle. Erik versuchte sich gegen die abrupte Kraft zu stemmen, doch der Mann legte sich keuchend mit ganzem Gewicht in ihn hinein.
    Erik spannte all seine Muskeln.
    Er versucht mir das Genick zu brechen!
    Der Gedanke war so klar und deutlich, und mit ihm kam eisige Angst.
    Erik packte stöhnend die Arme, die an seinem Nacken zerrten, doch er verhedderte sich nur in dem wollenen Gewand des Mönchs. Der Druck auf seinen Hals wurde härter. Er spürte bereits etwas gefährlich knirschen. Ein Ziehen durchzuckte seine Schultern. Milliarden Ameisen schienen sein Rückgrat hinab zu krabbeln.
    Ein kurzes Glitzern schlierte an seinen Augen vorbei, gefolgt von einem ekelerregenden, platzenden Geräusch. Es war, als würde man auf eine überreife Melone treten. Der Mann pfiff gepeinigt in sein Ohr. Mit einem Mal war sein Genick wieder frei. Dann klatschte etwas Schweres dumpf auf den Fußboden.
    Als Erik entsetzt herumfuhr, sah er in einem trüben, gelblichen Schein Alexander neben ihm stehen. Dieser schnaufte schwer und hielt ein schlankes Messer in Händen. Die Klinge schimmerte rot. Vor ihm am Boden lag der Umriss eines Mannes, dessen Konturen wie Quecksilber zerflossen. Als Erik entsetzt genauer hinsah, stellte er fest, dass er nur einer Sinnestäuschung erlegen war. Die dunklen Roben verschwommen übergangslos mit den Schatten und der matte, flackernde Lichtschein erzeugte diesen unheimlichen Effekt.
    Wo vorher ein Auge gewesen sein musste, sickerte schwarze Sauce heraus.
    »Verdammte Scheiße!« entfuhr es Erik. »Wo kam der Mann her?«
    Alexander deutete auf das ausgesparte Rechteck, aus dem der Lichtschimmer hervorquoll. Man erkannte ebenfalls eine zurückversetzte Tür, die offen stand. Dahinter lag ein verglaster Vorbau, durch den Kerzenschein sickerte. Der Raum dahinter glich auf den ersten Blick einer Kapelle.
    Ungläubig starrte Erik auf das helle Rechteck. Er war so auf die Tür auf Alexanders Wand fixiert gewesen, dass er die symmetrische Bauweise auf seiner Seite übersehen hatte.
    »Warte hier!« befahl Alexander.
    Bevor Erik etwas erwidern konnte, verschwand der Rabe geräuschlos in der Öffnung.
    Erik blieb alleine zurück. Er hörte nur das Pulsieren seines Herzens, während ein frostiger Windhauch den Gang erfüllte und an seinen Haaren zerrte.
    Erik zog seine Pistole aus

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