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Blut und Harz

Blut und Harz

Titel: Blut und Harz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Leibig
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mehr!« Wer? Hektik unter den Männern. Was ist los? Jemand schneidet die Jacke auf. Die gute Jacke! Eine leblose, nackte Brust. »Was machen Sie da?« Verwunderung. »Treten Sie zurück! ZURÜCK SAGE ICH!« Jemand packt ihn. Eine Frau wimmert. Schreie. Glänzendes Metall. Bunte Drähte. »Drei, zwei, eins!« Die Brust hebt sich leicht. »Drei, zwei, eins!« Erneut. Sein Puls rast. Elias! Stille. Surrende Lichter. Ihm wird schwindlig. Elias! »Ich fühle seinen Puls! Er ist wieder da! Gott sei Dank! Los jetzt!« Sein halbnackter Sohn wird vorsichtig auf die Trage gehievt. Knarzen. Weißes Leder. Metall. Rotes Kreuz auf weißem Grund. Notarzt. Der Geruch nach Desinfektionsmittel. Eklig. Stechend. »Wohin bringen Sie ihn?« »Ins Klinikum. Steigen Sie ein! Sie können mitfahren!« Schläuche, glänzendes Chrom, Flaschen, Spritzen, Koffer, Blaulicht. Sirenengeheul. Türen schlagen zu. Quietschen. Wankende Stoffgriffe zum Festhalten. Ein Mann beugt sich über Elias. Wer ist der Mann? Dicke Jacke. Weißes Hemd. Elias! Natalja? Tränen. Verschmierte Wimperntusche. »Hast du geweint?« Große Augen. Verwirrung. Kopfschütteln. »Er steht unter Schock.« Unbekannte Stimme. Kopfnicken blonder Haare. Die Fahrt ist rasant. Holprig. Alles vibriert. »Wer wurde gerade widerbelebt? Elias?« Die Worte kommen silbenweise. Langsam. Nebel lichtet sich. Elias? »Mein Elias?« Natalja nickt mit dem Kopf. Schwarze Schlieren verlaufen über ihre Wangen. Erik schaut um sich. Er ist in einem Notarztwagen. Vor ihm sein Sohn. Eine dicke Halskrause um seinen Hals. Die Jacke zerrissen. Blutig, fahl, flach atmend, wiederbelebt. WIEDERBELEBT! »Was … oh GOTT! ELIAS!« Schwärze von außen. Sein Blick wird zu einem Tunnel. In der Mitte das Gesicht seines Sohnes. »Elias.« Vollkommene Schwärze.
    ***
    »Was soll das heißen, der Unfall ist schief gelaufen?« Verstört starrte Reimund in die graugrünen, stechenden Augen von Bruder Johannes.
    »Bruder Joshua hat gerade aus dem Krankenhaus Ostklinikum angerufen«, erläuterte Johannes düster. »Er hat vor dem Hauptbahnhof beobachtet, wie ein weißer Kleinwagen Erik Ritter erfassen wollte, doch im letzten Moment hat ein junger Mann den Ritter gerettet. Dabei wurde der tollkühne Bursche selbst erwischt und anschließend ins Krankenhaus gebracht. Muss ziemlich böse ausgesehen haben. Sie haben den jungen Mann noch vor Ort wiederbelebt und mit dem Notarztwagen abtransportiert. Er wird offensichtlich gerade notoperiert. Joshua konnte herausfinden, dass es sich bei dem Verletzten um Elias Ritter, den Sohn von Erik Ritter handelt.«
    Reimund schloss stöhnend die Augen. Dass Erik einen Sohn hatte, wusste er nicht. Wieder ein unschuldiges Opfer. Der winzige Rest Reimund, der von früher noch übrig war, krampfte sich schmerzhaft zusammen. Sein Kopf sackte gegen den rauen Sandstein der Klosterwände. Heller Staub rieselte auf seine Roben. Der kühle Oktoberwind fauchte durch den Kreuzgang, ließ die Äste und Blätter des Hains wanken und ihn frösteln.
    »Scheiße«, war alles, was Reimund dazu sagen konnte.
    »In der Tat«, erwiderte Bruder Johannes mit tropfendem Zynismus. »War dieser Rabe doch nicht so gut wie du dachtest. Wahrscheinlich nur ein schräger Vogel und kein Profi.«
    Reimund schüttelte den Kopf. »Nein Johannes. Der Mann ist ein Vollblutprofi. Man kann sich nur nicht gegen alle Eventualitäten absichern. Das weißt du genau! Aber das ändert nun auch nichts mehr.« Grimmig kickte er einen kleinen Stein, der auf den ausgetretenen, grauen Pflasterplatten lag, hinein in den Hain. Der Kiesel verschwand lautlos zwischen totem Laub und abgefallenen Nadeln.
    »Diesen Fehler muss der Rabe natürlich beheben und zwar schleunigst. Wir können nicht nochmal ein paar Tage warten. Mit jedem Tag zieht Erik weitere Leute ins Boot. Es reicht dieser Anwalt schon, dass er von uns so viel weiß. Dann hat Erik noch eine Sekretärin. Die wurde sicher ebenfalls instruiert. Verdammt Erik! Du sollst in der Hölle schmoren, dafür dass du so hartnäckig bist.«
    Reimund trat an eine Säule des Kreuzgangs heran und lehnte sich mit der Schulter dagegen. Sein Blick war auf die dunklen Bäume gerichtet, die sich vor ihm bedrohlich auftürmten. Er spürte die Unzufriedenheit. Er spürte die Gefahr. Das Problem mit Erik musste gelöst werden. Bald.
    Johannes scharrende Stimme erhob sich hinter ihm. »Warum lässt du den Raben nicht auch noch gleich alle Mitwisser ausfindig machen und töten. Das würde zwei Fliegen

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