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Blut und Harz

Blut und Harz

Titel: Blut und Harz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Leibig
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Adrenalin, ja. Aufregung, ja. Aber sonst. Fehlanzeige. Aber diese Sieben waren anders gewesen. Alle zusammen hatten eine kleine Bande gebildet, die sich im damaligen Geschäftsfeld seines Onkels etablieren wollte. Sie hatten den Mund ziemlich voll genommen und sich gleich an den Bären herangewagt, was zur Überraschung aller Verbündeter und Rivalen im Kreis Warschau auch noch funktioniert hatte. Doch niemand hatte mit dem Raben gerechnet. Er hatte sie alle aufgespürt und geschächtet. Nicht heimlich, da wäre die Aufmerksamkeit zu gering gewesen. Alle Leichen fand man mit aufgeschlitzten Kehlen an öffentlichen Plätzen, der nahe Umkreis mit Unmengen Blut besudelt. Ein Tatort spektakulärer als der andere. Einer der Sieben war auf einem Podest in einer Einkaufspassage gelegen, ein zweiter inmitten eines kleinen Brunnens im Park, aus dem an diesem Tag rotes Wasser gesprudelt hatte. Den Dritten fand man in einer angesagten Szene-Kneipe am Morgen, die Leiche auf einem Billardtisch deponiert. Verschmierte Kugeln um ihn herum, als hätte dann noch jemand eine Runde gespielt. Der vierte lag auf dem Blechdach eines Hauses – ohne Dachrinne. Das Blut des Opfers war wie warmer Sommerregen langsam und beständig von den Wellen des Blechs heruntergetropft, zum Entsetzen der anfänglich noch unwissenden Passanten. Den Fünften, Alexanders Favoriten, fand man in einer Metzgerei auf dem polierten Metall einer Schlachtbank. Dort, wo der Abschaum auch hingehörte. Die letzten beiden hatte man zusammen, Hand in Hand, vor einer Polizeistation auf den Treppenstufen gefunden. Jeder Leiche war eine prächtige, nachtschwarze Rabenfeder in die klaffende Halswunde gesteckt worden, dazu eine zwei Mal zwei Zentimeter große Bärentatze, ein Kinderspielzeug aus dem Supermarkt. Eine eindeutige Botschaft, mit wem man es zu tun hatte. Damit war Ruhe in einschlägigen Kreisen eingekehrt. Alle Lästerer, die noch über den Bären gelacht hatten, waren abrupt verstummt. Doch Alexander hatte es nicht mehr gekümmert. Er hatte nach diesem blutigen Racheakt Warschau die kalte Schulter gezeigt. Nichts konnte ihn dort mehr halten. Das meiste Geld seines Onkels befand sich in der Schweiz auf besagtem Nummernkonto, Verwandte in Polen hatte er keine mehr, die Villa war abgebrannt, der Westen schien lukrativ zu sein und so wurde das idyllische Bayern mit Bratwurst und Sauerkraut zu seiner Wahlheimat.
    Das rote Licht des Wasserkochers erlosch, signalisierte, dass das Wasser heiß genug war. Alexander griff zum vibrierenden Kocher und goss das dampfende Heiß auf die Teebeutel. Danach stellte er das Küchengerät zurück auf die Stromstation.
    Wäre sein Auftrag heute doch genauso lehrbuchartig verlaufen, dachte er grimmig. Aber nein, musste sich ja so ein irrer Idiot in den Weg schmeißen! Alexander hatte den jungen Mann mit voller Wucht getroffen und über die Motorhaube gefegt. Sogar die Scheibe war gesplittert. Und Erik Ritter? Pfff … an ihm war er haarscharf vorbeigerauscht. Zentimeter hatten ihn vom Kotflügel getrennt. Aber was hätte er tun sollen? Den Rückwärtsgang einlegen und Erik Ritter überfahren. Hätte super nach Unfall ausgesehen. Ihm war also nichts anderes übrig geblieben, als zu verschwinden.
    Er hatte daraufhin das Elektroauto im nächsten Parkhaus im hintersten Eck abgestellt und war angepisst durch den zähen Nebel nach Hause gestapft. Alles war so gut geplant gewesen. Er hatte extra für diesen Auftrag den auffälligen Renault aufgetrieben. Ein Elektroauto, weil es so gut wie keine Geräusche von sich gab. Das Opfer hörte den Wagen nicht einmal kommen. Dazu kam die saftige Beschleunigung. Im Stadtverkehr konnte er damit agil und zügig reagieren. Er hatte die meiste Flexibilität. Die kurze Reichweite von knappen hundert Kilometern war ihm im Gegensatz egal. Aber am wichtigsten war für ihn die Auffälligkeit des Autos. Jeder Zeuge würde sich an den weißen, futuristischen Elektrowagen mit schwarzen Aufklebern erinnern. Das mit absoluter Sicherheit. Aber niemand würde den Fahrer beachten. Vielleicht, wohl gemerkt vielleicht(!), würde ein aufmerksamer Beobachter im Nachhinein sagen können, dass es ein Fahrer gewesen war und keine Frau. Aber Männer gab es genug, damit konnte man niemanden überführen. Eine auffällige Verkleidung war immer noch die Effektivste. Zumindest hatte seine Erfahrung dies bestätigt.
    An seiner Haustüre läutete es schrill. Alexander blickte genervt von den fertig geschnittenen Ingwerstückchen

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