Blut Und Knochen: Thriller
verstummte, und die Härchen in seinem Nacken richteten sich auf. Der Klang des Regens hatte sich verändert - das sanfte Trommeln der Tropfen auf Blättern und Erde wurde von einem neuen, härteren Geräusch überlagert. Als ob da noch etwas ... noch jemand wäre.
»Was?«
McInnis stand auf. Versuchte so zu tun, als hätte er nichts bemerkt. Scheiße, Scheiße, Scheiße ...
»Wo bist du?«
Er fuhr herum und riss seinen Schlagstock vom Gürtel, um dem Mistkerl den Schädel einzuschlagen ... Aber da war niemand. Nur der Regen und die Büsche und das Unkraut und das Gras und die Dunkelheit.
»McInnis, was zum Teufel ist da los?«
Idiot. Sich selbst einen solchen Schrecken einzujagen. Er wandte sich wieder zu dem Gebüsch um. »Nichts. Wir müssen die Spurensicherung rufen und ... « Der Fleischer stand direkt vor ihm. »Oh« - McInnis brachte die Worte kaum heraus - » ... Scheiße.«
Und dann schlug der Fleischer zu. Dunkel. »0 Mann!« McInnis setzte sich auf und hustete. Wasser strömte über sein Gesicht, und ein helles Licht schien ihm in die Augen. »Bist du okay?« Alles roch nach Blut. »Wo ... ?«
Guthrie sah ihn forschend an. »Ach du Scheiße! Was ist denn mit deiner Nase passiert?«
Melnnis schüttelte sich, spuckte aus und hielt Guthrie die Hand hin, damit der ihn auf die Füße hieven konnte. »Wie lange -« »Ist sie da drin?« Er deutete auf das Gebüsch. »Wie lange war ich weg?« Wieder schüttelte es ihn. Er hatte das Gefühl, dass seine Nase in Flammen stand.
»Nicht lange. Eine Minute, vielleicht zwei. Ich hab deine Taschenlampe gesehen - hab mir fast den Hals gebrochen auf dem Weg hierher. Den ganzen Hosenboden hab ich mir zerrissen.« Melnnis wischte sich über den Mund und inspizierte seine Hand sie war voller Blut. »Er war hier - der Fleischer. Ich hab ihn
gesehen!«
»In welche Richtung ist er geflüchtet?«
»Woher soll ich das wissen, Mann?!«
Das Heulen der Sirenen wurde lauter - und dann sah man schon das flackernde Blaulicht die Straße entlanghüpfen, als der erste Streifenwagen im San-Francisco-Stil über die Bodenwellen auf VickyYoungs Haus zubretterte. Und gleich darauf hörte MeInnis den nächsten auf der anderen Seite des Grabens. Sie konnten den Dreckskerl immer noch schnappen.
Melnnis schwenkte den Strahl seiner Taschenlampe über das Gras und die Sträucher. Drei Trampelpfade zogen sich durch das feuchte Unterholz. Der eine führte bergauf, zurück zu ihrem Streifenwagen, ein anderer zweigte nach rechts ab - in die Richtung, aus der Guthrie gekommen war, wie er sagte -, und der dritte ver· lief im Bogen nach links. Melnnis trabte mit unsicheren Schritten los und folgte der Spur aus niedergetrampeltem Gras.
»Was ist mit der Leiche? Wir können sie doch nicht einfach-«
»Noch toter kann sie ja wohl kaum werden, oder?«
Der Bach, der durch den Graben floss, war durch den sintflutartigen Regen angeschwollen. Am Ufer kam Guthrie schlitternd zum Stehen. Er telefonierte wieder mit der Leitstelle und meldete die Lage der Leiche, während McInnis herauszufinden versuchte, in welche Richtung der Kerl gelaufen war.
Bachaufwärts, bachabwärts ... kein niedergedrücktes Gras am anderen Ufer.
McInnis bahnte sich seinen Weg um einen kleinen Steinhaufen herum und folgte dem Bachlauf, wobei er sich immer weiter von der Straße entfernte.
»Aye« - Guthrie schwenkte seine Taschenlampe in Richtung des Streifenwagens - »wir sind hier unten, wir verfolgen-« McInnis blieb abrupt stehen. »Kannst du mal einen Moment die Klappe halten?«
»Mensch, ich will doch nur-«
»Psst!« Da war ein dürrer Ginsterstrauch, knapp zwei Meter den Hang hinauf. Die trockenen Samenhülsen klapperten im Regen aber nicht laut genug, um das leise Schluchzen zu übertönen, das aus dem Inneren des Buschs drang.
McInnis zückte sein Pfefferspray und ging vorsichtig darauf zu. »Polizei! Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus, dann passiert Ihnen nichts!«
Guthrie schlich sich an ihm vorbei auf die andere Seite. Sie nahmen kurz Blickkontakt auf, und McInnis flüsterte lautlos: »Bei drei!«
Eins.
Zwei.
Drei: Guthrie packte den nächsten Zweig und riss ihn zurück. Die Person, die sich im Busch versteckt hatte, kreischte und versuchte zu entkommen, doch der Fluchtweg war ihr versperrt. Es war eine Frau - Mitte bis Ende vierzig, nur teilweise bekleidet: Die Haut leuchtete weiß im Schein der Taschenlampen. Keine Schuhe, die Hose zerrissen und verdreckt, die Bluse offen, die Knöpfe abgerissen, der Stoff mit
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