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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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persönlich schwer getroffen haben. »Wurden irgendwelche Kunstwerke erwähnt?«
    »Kunstwerke? Nein, warum sollten die wichtig sein?«
    »Ach, das war nur so ein Gedanke. Iris, mein Oheim liegt im Sterben. Ich muss jetzt aufstehen und dann sofort zu ihm«, sagte Marie entschlossen.
    »Tulechow hat die Mutter Oberin bereits darüber unterrichtet, und wenn Ihr es wünscht, könnt Ihr jederzeit den Herrn von Kraiberg besuchen.« Sie reichte Marie die Hand und half ihr auf.
    Kein Schwindel, und der Boden schien fest unter ihren Füßen. »Das war sehr umsichtig von Herrn von Tulechow.«
    »Ihr habt großes Glück, wenn ich das sagen darf, Frau von Langenau. Herr von Tulechow gilt als eine der besten Partien hier bei Hofe, und wir werden uns Mühe geben, dass Ihr bald wieder Fleisch auf die Knochen bekommt und eine strahlend schöne Braut abgebt.«
    Arm in Arm gingen sie zur Tür. »Man hat Euch über viele Tage einen Schlafmohnextrakt oder eine Baldrian- und Hopfenmischung verabreicht, nehme ich an. Es kann sein, dass Ihr in der nachfolgenden Zeit Schweißausbrüche und Krämpfe habt, aber das wird vergehen. Ihr solltet Euch ablenken und viel spazieren gehen.«
    Die Glocken von Sankt Elisabeth und Sankt Michael schlugen viermal, als Marie in der Nachmittagshitze eines schwülen Julitags vor dem Höllerbräu aus ihrem Tragsessel stieg. Tulechow hatte bei den Nonnen Geld für sie hinterlegt, was eine äußerst großzügige Geste war und Marie beschämte. Andererseits hatte Tulechow ihr seine Motive für die Eheschließung nur zu deutlich gemacht, und wenn sich seine Einstellung ihr gegenüber nach dem Tod seiner Geliebten geändert hatte, dann ließ sie das kalt.
    Mit nach Rosenseife duftenden Haaren und in einem sauberen, cremefarbenen Kleid, das ihren abgemagerten Körper locker umspielte, trat sie durch die offen stehende Gasthaustür. Der Wirt hatte alle Fenster öffnen lassen, und durch den Durchzug war es einigermaßen erträglich im weitgehend leeren Schankraum.
    »Gott zum Gruße, Hochwohlgeboren.« Benno kam hemdsärmelig und verschwitzt auf sie zu.
    »Ich möchte zu Herrn von Kraiberg«, sagte sie, und da erst ging ein erkennendes Aufleuchten über Bennos Gesicht.
    »Ihr seid so dünn geworden! Verzeihung! Ich habe Euch ja gar nicht wiedererkannt! Aber ja doch, bitte folgt mir.«
    Schnaufend strebte er der Treppe zu, doch da kam auch schon Ruben um die Ecke, und der Wirt nickte und ging zurück an seinen Herd.
    »Marie, gut, dass du kommst.« Ruben nahm ihre Hand und führte sie hinauf, hielt jedoch vor dem Pfeiler im ersten Stock an und betrachtete sie eingehend. Liebevoll strich er ihr über die spitzen Wangenknochen und küsste die rote Narbe, die Berthes Dolch hinterlassen hatte. »Wer ist das gewesen, Jais?«
    »Nein, Berthe.« Sie konnte seinem angespannten Gesicht den Widerstreit an Gefühlen ansehen, der ihn marterte, und fuhr ihm zärtlich mit einem Finger über die Lippen. Als ihm ein resignierter Seufzer entfuhr, legte sie eine Hand um seinen Nacken und zog ihn sacht zu sich. Ihre Lippen fanden sich, und weder Herkunft noch die bevorstehende Hochzeit konnten die Gefühle unterbinden, die Marie für Ruben empfand und die auf innigste Weise erwidert wurden.
    »Nicht.« Fast grob machte er sich von ihr los. »Es darf nicht sein, Marie. Tulechow. Er hat mir das Leben gerettet und …« Er räusperte sich. »Deinen Oheim. Und du solltest wissen, dass Graf von Larding vor seiner Festnahme alle vier Tafeln zerstört hat. Im Schuhmacherhaus war nur der Durchgang zum Nachbarhaus, in dem man dich festgehalten hat. Der Graf hatte sich in seinem Studierzimmer verschanzt, die Tafeln mit Säure übergossen und anschließend wie ein Wahnsinniger mit einer Axt auf sie eingeschlagen. Es war nichts mehr zu retten!«
    Nach kurzem Klopfen traten sie in Remigius’ Kammer. Sein Sterbezimmer, dachte Marie beim Anblick einer Bibel und der Kerzen auf dem Tisch. Remigius von Kraiberg lag in seinem Bett, die Hände über der Brust gefaltet, das weiße Haar sorgsam gekämmt, der Bart gestutzt, doch die eingefallenen Augen und hohlen Wangen sprachen vom Tod, dessen Schwingen sich bereits über dem Lager ausgebreitet hatten. Els erhob sich von ihrem Stuhl und machte einen ungeschickten Knicks. Ihre geröteten Augen zeugten davon, dass sie geweint hatte.
    »Herrin, Ihr, oh …«, stammelte Els verlegen. »Der Herr hat viel Blut gehustet, und sein Leib schmerzt.« Sie schniefte und starrte zu Boden.
    »Dank dir, Els. Geh und ruh

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