Blut und Rüben
der Firma stimmt etwas nicht.«
»Danke für den Ratschlag, du Amateurdetektiv«, entgegnete er verärgert und unterbrach die Verbindung.
Als Nächstes versuchte ich, Maren an die Strippe zu bekommen. Aber es meldete sich nur ihre Mailbox. Entweder war sie unterwegs oder zu beschäftigt.
Ich gab es auf, schlief ein wenig, und als ich aufwachte, glaubte ich, dass es mit dem versprochenen Kaffee nichts werden würde. Jede Bewegung tat mir weh. Vor allem im Rippenbereich.
Mir fiel ein, dass ich Armin zurückrufen wollte. Ich angelte nach dem Handy, wählte seine Nummer und wartete, dass er abnahm. Auch dieser Anruf ging ins Leere. Es war wie verhext. Aber gut, es spielte keine Rolle. Wenn er sich nicht meldete, würde ich andere Wege finden, die Veranstaltung im Neuen Krug zu besuchen.
Dr. Hölderlin kam pünktlich. Inzwischen hatte ich meine Schmerzen wieder halbwegs unter Kontrolle. Zumindest zum Kaffeekochen hatte es gereicht. Und auch dafür, eine Flasche guten Cognac zu öffnen.
Ich spähte aus dem Fenster, als sein roter Audi in den Hof fuhr. Er öffnete die Tür und stieg aus. Aus dem Kofferraum holte er eine Arzttasche. Mit ruhigen Bewegungen schritt er über den Hof und orientierte sich. Keine Spur von Müdigkeit war ihm anzumerken. Als er hochblickte, winkte ich ihm kurz zu. Drei Minuten später saß er mir in einem tiefen Sessel gegenüber. Ich hatte es mir auf der Couch halbwegs wieder bequem gemacht, das heißt, ich hatte eine Lage gewählt, in der die Schmerzen am ehesten auszuhalten waren.
Mit dem Abend kommen die Schmerzen.
Er sah mich an. Ich konnte kein Mitleid in seinen Augen sehen. Nur Erstaunen. Darüber war ich froh, denn Mitleid war das Letzte, was ich von einem Mann wie Doktor Hölderlin erwartete.
»Warum tun Sie das?«, fragte er schließlich. »Wollen Sie irgendeinen Preis gewinnen?«
»Ich weiß nicht, wovon Sie genau sprechen.«
»Sie sehen aus wie Ihr eigener Geist«, begann er. Daraufhin hielt er mir einen kurzen, prägnanten Vortrag, der mir vor Augen führte, welche Nachwirkungen mir drohten, wenn ich mich weiterhin jeglicher Behandlung entzog.
Ich grinste. »Wer spricht von entziehen? Ich möchte, dass Sie mich heute Abend so fit hinbekommen, dass ich einer Einladung folgen kann.«
Ich erzählte ihm von dem Vortrag im Neuen Krug . Er ließ sich nicht anmerken, ob es ihn interessierte oder nicht. Er schenkte sich Kaffee ein. Langsam und bedächtig.
»Am Anfang war es nur persönliche Neugier«, begann ich schließlich. »Selbst wenn es nicht um den Partner meines Vetters gegangen wäre. Wissen Sie, als ich an jenem Morgen aufgewacht bin und die Nachricht im Radio gehört habe, hat es bei mir gefunkt – sprichwörtlich, wenn Sie so wollen. Ich habe mein Leben lang als Journalist gearbeitet. Eigentlich hatte ich gedacht, das wäre es gewesen mit mir. Aber man kann seine Berufung nicht verleugnen. Ich war so lange raus aus dem Geschäft, dass ich sicher war, ich wäre geheilt. Aber es ist wie bei einem trockenen Alkoholiker. Ein einziger Tropfen genügt.«
»Das ist nichts Neues, was Sie mir da erzählen.«
»Weil Sie das Gefühl kennen. Sie waren Aktivist, haben sich in vorderster Front in Gefahr begeben. Dann sind Sie Arzt geworden. Aber seien Sie ehrlich: Der Nervenkitzel fehlt Ihnen.«
»Solange ich mit Idioten wie Ihnen zu tun habe, vermisse ich den Nervenkitzel ganz und gar nicht«, sagte er störrisch. »Sie haben doch keine Ahnung, warum ich aufgehört habe!«
Ich seufzte. Er war ein ganz schön harter Brocken. Ich warf einen schnellen Blick auf seine Tasche. Mein Blick entging ihm nicht, aber er sagte nichts.
»Und trotzdem hätte ich mich wahrscheinlich aus allem herausgehalten. Immerhin war schon der Tod des Majors so mysteriös, dass ich darauf hätte anspringen können. Wissen Sie, im Gegensatz zu früher, als ich noch jung und hungrig war, halte ich mich nicht für klüger als die Polizei.«
Ich spürte, dass mir das Sprechen schwererfiel.
Ein Königreich für ein starkes Schmerzmittel!
Auch das entging ihm nicht. »Sie haben nicht mehr viel Zeit«, stellte er fest.
»Wahrscheinlich vermuten Sie, dass ich meine Nase so tief in den Fall stecke, weil ich mich persönlich angegriffen fühle.«
»Schauen Sie in den Spiegel und Sie haben den Beweis.«
Ich schüttelte den Kopf. »Dann schon eher deshalb, weil sie fast auch noch meinen Hund abgestochen hätten.« Luna, die sich zu meinen Füßen zusammengerollt hatte, schien zu ahnen, dass von ihr die Rede
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