Blut und Rüben
ein!«, befahl die Gräfin. »So, jetzt aber zu erfreulichen Neuigkeiten«, fuhr die Gräfin schließlich fort, nachdem wir alle, außer Duffy, Platz genommen hatten. »Ich wollte es Ihnen ja schon vor Ihrem neuerlichen Krankenhausaufenthalt unbedingt erzählen, Moritz, aber vielleicht ist es besser, wenn ich Sie überrasche ...«
Das hörte sich nicht gut an.
»Es ist so«, fuhr sie fort. »Wir haben doch alle kein Geld, daher war unsere Hoffnung sehr groß, als Ollie auf dem Dachboden in einem Koffer ein paar alte Verträge fand. Sie stammten vom Major, stellen Sie sich vor!« Sie machte eine bedeutungsschwangere Pause, während sie an der Tasse nippte und mir Zeit gab, es mir vorzustellen.
Ich tat ihr den Gefallen, bemühte mich um einen angestrengten Gesichtsausdruck und nickte schließlich.
»Ollie, ich bin zu aufgeregt. Erzählen Sie weiter, schließlich haben Sie den Koffer gefunden!«, bat sie schließlich.
»Mein Großonkel war doch nicht so unvermögend, wie er gesagt hat«, begann Ollie. »Als er dieses Anwesen erwarb, gehörten auch etliche Hektar Land dazu. Als Mann des Militärs konnte er damit natürlich wenig anfangen, also verpachtete er es an drei benachbarte Bauern.
Einer hieß, warten Sie, Beckmann.«
Ich kenne keinen Beckmann. Weiter!
»Wattenberg. Diese lippischen Namen sind für mich sehr verwirrend.«
»Wattenberg? Was will der mit Land? Dem gehört doch die Tankstelle.«
»Vor zwanzig Jahren war er noch Rübenbauer. Vor zehn Jahren hat er den Hof an seinen ältesten Sohn übergeben, weil seine Gesundheit bei dem harten Leben als Landwirt nicht mehr mitspielte. Seitdem betreibt er die Tankstelle. Ob als Eigentümer oder Pächter, entzieht sich meiner Kenntnis.«
Ich musste gestehen, dass Ollie in der kurzen Zeit seit seiner Ankunft bereits erstaunlich gut informiert war. Besser als ich, musste ich eingestehen. Zumindest was Hubert Wattenberg betraf.
Doch dafür schwante mir allmählich, was der Fund des Koffers bedeutete. »Dann hat Ihr Großonkel Ihnen doch etwas vermacht!«
Ollie machte ein unglückliches Gesicht. »Das dachte ich zunächst auch, nachdem ich die Verträge entdeckt hatte. Doch nachdem ich mich ein wenig hineinvertieft hatte, sah es leider nicht mehr so rosig aus. Die Pachtverträge laufen erst in einem Jahr ab.«
»In einem Jahr? Was bedeutet schon ein läppisches Jahr? Sie sind jung und haben noch Ihr ganzes Leben vor sich!«
Seine Miene hellte sich auf. Auch die anderen strahlten.
»Genau diese Einstellung haben wir bei Ihnen vermutet, Moritz«, strahlte die Gräfin. Da war es wieder: Dieses mulmige Gefühl, dass etwas auf mich zukam.
»Das Geld für die zwanzigjährige Pacht hat mein Onkel natürlich längst ausgegeben«, fuhr Ollie fort. »Die Verträge hat er versteckt, damit die Bank sie ihm nicht wegschnappen konnte. Immerhin ist dieses Anwesen bereits mit hohen Hypotheken belastet. Von diesen Geldhaien werden wir vorerst keinen Cent bekommen.«
»Nun gut, Sie werden halt den Gürtel noch enger schnallen müssen, sich notfalls mit den Mäusen um den Käse streiten und Wasser und Brot trinken. Irgendwie werden Sie dieses eine Jahr schon überleben«, sagte ich ungerührt.
»Diese Hoffnung hegen wir auch!«, sagte die Gräfin. »Außerdem ist da ja noch Ihre Miete.«
»Meine Miete?« Ich kniff die Augen zusammen, sah von einem zum anderen. »Wollen Sie mir nicht endlich reinen Wein einschenken?«
»Wein, ach was, Champagner!«, rief Ollie. »Das muss gefeiert werden. Duffy, laufen Sie doch mal eben ins Haupthaus und lassen Sie uns eine Witwe köpfen.«
»Halt, halt, was war mit der Miete?«
»Zunächst ist noch etwas ganz Wunderbares passiert«, fuhr die Gräfin ungerührt fort. »Da wir pleite sind, haben wir uns überlegt, wie wir etwas Geld ergaunern können.«
Selten hatte ich die Gräfin derart unverblümt reden hören. Im Zusammenhang mit meiner Miete hörte sich der Begriff »ergaunern« geradezu besorgniserregend an.
»Moment. Bleiben wir doch zunächst beim ersten Thema«, verlangte ich. »Was ist mit meiner Miete?«
»Nun«, erklärte Ollie. »Natürlich reicht Ihre Miete bei Weitem nicht aus. Schließlich muss irgendwann auch der arme Duffy mal wieder seinen Lohn erhalten.«
»Sie wollen doch nicht, dass er verhungert?«, ergänzte die Gräfin mit treuherzigem Augenaufschlag.
»Jedenfalls haben wir unsere desolate Lage mal mit der Bank besprochen, wie gesagt, ohne allzu konkret zu werden. Ich habe einen halben Vormittag damit
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