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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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»Sie gaben beinahe so viel wie der ganze Rest zusammen – wahrscheinlich alles, was sie hatten. Dabei wohnen sie nicht einmal innerhalb der Stadtmauern. Der Rabbi muss wohl eindringliche Worte an seine Leute gerichtet haben.«
     
    Von nahem konnte Markus sehen, dass die Schäden, die die Stadtmauer bei Kampf und Belagerung davongetragen hatte, sorgfältig ausgebessert worden waren. Den Ruß hatte der Regen in den vergangenen anderthalb Jahren fortgewaschen.
    Am Peterstor wurde er unbehelligt eingelassen. Aus dem Torhaus hörte er Würfel klappern und Männer grölen.
    Er spitzte die Ohren, um herauszuhören, wie viele es waren. Bei jeder Gelegenheit die Stärke eines Gegners auszukundschaften, war ihm in Fleisch und Blut übergegangen.
    Der Mann, der mit mürrischer Miene am Pfosten des Torhauses lehnte und mit dem Messer an einem Stock herumschnitzte, bis er wieder wütend in die Wachstube blickte, beachtete ihn kaum.
    Zehn Wachen im Torhaus, einer davor, zwei draußen bei den toten Ratsherren, zählte Markus in Gedanken zusammen. Und sie scheinen sich absolut sicher zu fühlen, von der Provokation mit den Kreuzen abgesehen. Aber wer sollte hier auch einer Übermacht von zweitausend Bewaffneten gefährlich werden?
    Als er das Peterstor passierte, hatte er Mühe, sich von seinen Regungen nichts anmerken zu lassen. Hier hatte er zusammen mit Ulrich von Maltitz, Niklas von Haubitz und dem Bürgermeister das Anrücken des Heeres und die Forderung des Königs nach Einlass erlebt und zusehen müssen, wie die feindliche Streitmacht weiterzog und schließlich als todbringender Ring die Stadt umschloss.
    Dazwischen drängte sich immer wieder die Erinnerung an seinen Bruder, der an diesem Tor Wache gehalten hatte.
    Wie oft hatte er ihn hier besucht oder ihn und seine Freunde zum Wettkampf mit dem Bogen herausgefordert, ihm so manchen Kniff im Umgang mit den Waffen beigebracht!
    Jan, ich werde dich rächen, dachte er zum wohl tausendsten Male, während er durch die Petersgasse ritt.
    Dich, Bruder, und die anderen. Die Männer, die gemeinsam mit dir aus der Burg stürmten und ihr Leben opferten, damit wenigstens einem Teil der Stadtbewohner die Greuel der Blutnacht erspart blieben, als das feindliche Heer in die Stadt strömte. Diejenigen, die auf der Mauerkrone starben, während Tag und Nacht die tödlichen Geschosse auf uns niedergingen. Die Frauen und Kinder, die in der Sturmnacht niedergemetzelt wurden. Und die sechzig Kämpfer, die ein ehrloser, wortbrüchiger König auf dem Markt abschlachten ließ.
    Ich schwör’s, Bruder, so wahr mir Gott helfe!
    Es ließ sich kaum jemand blicken in der sonst so geschäftigen, von Menschen wimmelnden Petersgasse, und er hatte den dringenden Verdacht, dass das nicht allein am Regen lag.
    Außer zwei mageren Hunden, die ihn misstrauisch anstarrten, und ein paar Ratten von bemerkenswerter Größe, die ungestört im Unrat herumstöberten, stand da nur ein Kind mit schmutzverschmiertem Gesicht. Zaghaft ging es mit ausgestreckter Hand auf ihn zu. Doch bevor Markus nach seinem Almosenbeutel greifen konnte, kam eine Frau aus dem Haus gehuscht und zerrte das Kind hinein. In der merkwürdigen Stille mitten am Tage konnte er hören, wie drinnen hastig ein Riegel vorgelegt wurde.
    Im Gegensatz zur Stadtmauer zeigten viele der Häuser immer noch Schäden von der Belagerung, die gar nicht oder nur behelfsmäßig ausgebessert worden waren. Auch die Holzbohlen, mit denen die Petersgasse belegt war, wiesen Brandspuren und klaffende Löcher auf. Das sagte ihm etwas über die Geldnot der Bewohner der einst so reichen Silberstadt.
    Im Wirtshaus rechter Hand flammte der typische Lärm einer deftigen Schlägerei auf. Zwischendrin hörte er den Wirt jammern, die Tür flog auf, und ein bärtiger Mann in der Kleidung eines königlichen Soldaten stürzte rückwärts heraus und blieb in der mit Schmutz übersäten Gasse liegen.
    Markus’ Pferd scheute, als ihm der Mann vor die Hufe plumpste; nur mit Mühe schaffte er es, dem plötzlich auftauchenden Hindernis auszuweichen.
    Es kostete ihn einige Zeit, das Tier zu beruhigen. Inzwischen rappelte sich der Soldat auf, brummte etwas und stürzte brüllend mit wütend vorgestrecktem Kopf wieder hinein zu seinen lachenden Kumpanen.
    Die Tür schlug krachend hinter ihm zu, so dass die hölzerne Tafel mit dem darauf gemalten schwarzen Pferdekopf über der Tür hin und her schwang.
    Ein paar Schritte weiter bot sich Markus der freie Blick auf den Obermarkt. Nur mit

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