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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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vielleicht würde aus Dankbarkeit und gehorsamer Pflichterfüllung noch Liebe werden.
    Diese Hoffnung wollte er nicht aufgeben.
    »Ihr könntet sie wegen Unfruchtbarkeit verstoßen«, schlug Markus in aller Sachlichkeit vor.
    Ein Fünkchen Hoffnung begann in ihm bei diesem Gedanken zu glimmen, das mit jedem Wort heller zu leuchten schien. »Jetzt bin ich wieder da und nehme sie zu mir.«
    »Du Narr!«, fuhr Conrad Marsilius ihn an. »Wohin willst du denn mit ihr? Wovon wollt ihr leben? Nach Hause kannst du nicht, und du brauchst hier nur durch diese Tür hinauszugehen, damit jemand dich erkennen und für dreißig Silberlinge verraten könnte! Keine Ahnung hast du, welche Zustände jetzt hier herrschen unter zweitausend Mann Besatzung, die der König zurückgelassen hat.«
    Markus fühlte sich wie mit einem Schwall kalten Wassers übergossen.
    »Dann erzählt mir, welche Zustände jetzt hier herrschen.«
    Seine Worte bedeuteten ganz und gar nicht, dass er Änne aufgeben würde, im Gegenteil. Fieberhaft suchte sein Verstand nach einer Möglichkeit, sie zu sich zu holen, obwohl sie die Frau des Stadtphysicus geworden war. Aber zugleich musste er in Erfahrung bringen, was in der Stadt vor sich ging.
    Der Medicus schenkte sich und ihm nach, dann rieb er sich die Schläfen, lehnte sich müde gegen die Wand und starrte ins Leere.
    »Der König blieb für mehrere Wochen hier, bis nach Ostern. Als Erstes ließ er den Burggrafen von Leißnig und die Herren von Colditz und Waldenburg kommen, um ihnen die Freiberger Bergwerke für dreitausend Mark Silber zu verpfänden – ein Spottgeld angesichts dessen, was die Gruben abwerfen. Die Herren haben es sich gut bezahlen lassen, auf Adolfs Seite überzuwechseln, wie überhaupt jeder von Einfluss, der das tat. Und bevor der König ging, ließ er noch die drei Ratsherren hinrichten, die er als Geiseln genommen hatte.«
    »Ich weiß, Meister Haberberger hat es mir vorhin erzählt.«
    »Der Haberberger, ja, den wird sein loses Mundwerk auch noch mal den Kopf kosten«, meinte Marsilius bitter.
    »Das Land wird nun regiert vom Vetter des Königs, Heinrich von Nassau. Ich weiß nicht, ob es Glück oder Pech für Freiberg ist, dass der auf dem Meißner Burgberg hockt. Wenn er nach seinem königlichen Gönner schlägt, will ich ihn lieber nicht hier wissen. Doch so haben die Besatzer völlig freie Hand. Sie beschlagnahmen, sie stehlen, sie nehmen fest, wessen Gesicht ihnen nicht gefällt oder von wessen Verwandten sie ein Lösegeld zu erpressen hoffen. Bürgermeister Nikol Weighart wurde der Stadt verwiesen.«
    »Wisst Ihr, wo er jetzt lebt?«, unterbrach ihn Markus.
    »Bei seinem Schwager in Rochlitz, wenn ihm über alldem nicht das Herz gebrochen ist. Natürlich besteht der Rat jetzt nur noch aus Männern, die sich eifrig den neuen Herrschern anzubiedern wussten.«
    »Lasst mich raten: der Weinhändler und unser Freund Jenzin.«
    »Unter anderem. Sie haben nichts zu bestimmen, aber durch ihr Amt und ihre Liebdienerei bleiben sie von Einquartierung und Durchsuchungen verschont. Abgesehen davon, dass Schocher regelmäßig von seinen neuen und sehr durstigen Freunden aufgesucht wird.« Der Arzt gab sich keine Mühe, die Schadenfreude darüber zu verbergen.
    »Wir anderen müssen ständig damit rechnen, dass unangekündigt eine Rotte Bewaffneter ins Haus stürzt, alles durchsucht und kurz und klein schlägt, was sie sich nicht selbst unter den Nagel reißen können.«
    Marsilius verstand den kurzen, prüfenden Blick richtig, mit dem sich Markus in der Kammer umsah, die deutlich wohnlicher wirkte als in jener Nacht, als er mit Änne hierhergeflohen war.
    Der Gedanke schnürte diesem schon wieder die Kehle zu. Nun versorgte und ordnete also Änne den Haushalt des Medicus, aber nicht als seine Gehilfin, sondern als seine Frau.
    »Ich hatte Glück, mich haben sie bisher verschont«, erklärte der Conrad Marsilius und lachte bitter. »Zum Dank für gute Dienste als Leibarzt des Königs – und weil sie wohl befürchten, selbst einmal meine Heilkunst zu brauchen. Wer legt sich schon gern mit jemandem an, der im Notfall über sein Leben entscheiden könnte?«
    Marsilius trank seinen Becher leer, schenkte sich nach und stürzte den Inhalt des nächsten Bechers ebenfalls die Kehle hinab.
    »Die Stadt leidet furchtbar. Für die Brandschatzung musste jeder herausgeben, was er an Barem besaß. Das Geld abzuliefern war die letzte Amtshandlung von Meister Nikol. Dann wurde er der Stadtgrenzen verwiesen.

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