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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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und mit seinem Schwert die Landplage vertreibt.«
    »Darauf trinken wir!«, sagten die Männer gleichzeitig, und nun wurde – wenn auch nur für einen kurzen Moment – sogar der Sohn herbeigerufen, um mit ihnen anzustoßen.
    Markus wurde aufgefordert zu berichten, was er auch tat, wenngleich er verschwieg, mit welch brisanter Verschwörung im Hintergrund Friedrich sein Land zurückerobern wollte.
    Danach ließ er sich ausführlich erzählen, was in Freiberg vor sich gegangen war, nachdem er nachts Hals über Kopf aus der Stadt hatte fliehen müssen.
    Es waren schlimme Nachrichten.
    Hätte er noch Zweifel gehabt – jetzt konnte er die Wut des Haberbergers verstehen.
     
    Als von dem Sommergewitter nur noch ein eintöniger Nieselregen übrig geblieben war, der das Feld um Freiberg in einen grauen Schleier hüllte, trieb Markus sein Pferd auf die Stadt zu.
    Statt durch das Erlwinsche Tor zu reiten, das ihm am nächsten gewesen wäre, lenkte er den Braunen am Judenviertel vorbei zum Peterstor.
    Sosehr es ihn auch drängte, Änne endlich in die Arme zu schließen, zuvor wollte er noch eine traurige Pflicht erfüllen, die er sich nach dem Gespräch mit dem Hüttenbesitzer auferlegt hatte.
    Sogar durch den Regen konnte er die Pfähle schon von weitem erkennen.
    Vor der Stadtmauer staken drei Köpfe aufgespießt als grausiges Willkommen für jeden, der die Stadt von Westen her betrat. Die Augenhöhlen waren leer, längst hatten Krähen und anderes Getier das Fleisch von den Knochen gefressen, so dass er nicht mehr erkennen konnte, wessen Überreste hier Wind und Wetter preisgegeben waren. Doch Markus wusste es durch Veit Haberbergers bitteren Bericht.
    Im Vorbeireiten schlug er ein Kreuz und sprach ein inniges Gebet für Hannemann Lotzke, Dittrich Beschorne und Conrad von Rabenstein – jene drei Ratsherren, die König Adolf als Geiseln für die als Brandschatzung angesetzte Summe gefordert hatte.
    Gern wäre er abgestiegen, um niederzuknien und für das Seelenheil der drei Hingerichteten zu beten. Doch das hätte ihn in den Augen der Torwachen nur verdächtig gemacht. Üblicherweise wurden die Schädel von Mördern oder Räubern vor den Stadtmauern aufgespießt, nicht die von ehrbaren Ratsherren. Wollte er unerkannt und unbehelligt die Stadt betreten, durfte er durch nichts zu erkennen geben, was ihn bewegte.
    Es tröstete ihn wenigstens etwas zu sehen, dass eine gute Seele ein paar Wiesenblumen auf den Platz gelegt hatte. Und dann erkannte er, dass am Fuß jedes Pfahls ein kleines Kreuz aus Stöcken in den Boden gesteckt worden war.
    Plötzlich kamen zwei Soldaten aus dem Peterstor.
    Rasch wickelte Markus das Ende der Gugel um den Hals, damit der Wind die Kopfbedeckung nicht fortwehen und sein Gesicht enthüllen konnte, und zog unauffällig den Dolch unter dem Umhang. Das Schwert hatte er in seinem Gepäck verborgen, bevor er sich der Stadt näherte.
    Doch die Männer wollten nicht zu ihm, sondern liefen schimpfend zu den Totenpfählen, um mit hastigen, wütenden Gesten Blumen und Kreuze auseinanderzureißen und zu verstreuen.
    »Schon wieder!«, schimpfte einer von beiden lauthals. »Ich weiß nicht, wie es das verdammte Gesindel in dieser Stadt jeden Tag aufs Neue schafft. Aber wir werden sie schon Gehorsam lehren!«
    Mühsam verbannte Markus jede verdächtige Regung aus seinem Gesicht.
    Zugegeben, ganz im Gegensatz zu dem schlauen Rechtsgelehrten Beschorne und dem Gewandschneider Lotzke, der kurz vor dem Einmarsch des Nassauers schon seinen Sohn durch den Überfall in Altenburg verloren hatte, war ihm der Tucher nie besonders sympathisch gewesen.
    Der Rabensteiner hatte für die Übergabe der Stadt plädiert und sich bei den neuen Machthabern angebiedert. Dennoch verdiente auch er es nicht, hingerichtet und den Krähen zum Fraß überlassen zu werden. Am Tag des Jüngsten Gerichts würde ihm und den anderen beiden Unglücklichen die Auferstehung verwehrt sein, ihnen blieb nur ewige Verdammnis. Mochte der Gewandschneider auch geglaubt haben, es sei besser, auf die Seite des Königs zu wechseln – am Ende hatte er sein Leben genauso für seine Stadt gegeben wie die beiden Ratsherren, die treu zu Markgraf Friedrich gehalten hatten.
    Der Hüttenmeister hatte ihm erzählt, wie schwer es den Freibergern gefallen war, in der kurzen Frist die gewaltige Summe aufzutreiben, die der König als Brandschatzung gefordert hatte.
    »Ohne die Juden hätten wir das Geld nicht aufbringen können«, berichtete der Haberberger.

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