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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Er und seine Frau mussten sich unter Schimpf und Schande von Adolfs Bütteln hinausführen lassen, zu Fuß und nur mit dem Bündel, das ich ihnen gab, weil ihnen Haus und Hof niedergebrannt worden waren. Und links und rechts des Weges standen Seite an Seite mit den johlenden Besatzern willfährige Freiberger, die Nikol die Schuld am Untergang der Stadt gaben. Ich weiß, das hat meinen Freund noch schlimmer getroffen als der Verlust seines Hauses.«
    Erneut lachte er bitter auf. »So weit ist es gekommen mit der reichen Silberstadt und ihren stolzen Bürgern … Ausgeplündert und voller Abtrünniger. Manche vor Hunger oder Angst, das kann ich vielleicht noch verstehen. Aber nicht diejenigen, die für drei Pfennige bereit sind, ihren Nachbarn oder gar den eigenen Vater zu verraten. Du würdest staunen, wer alles die Seiten gewechselt hat, um seine Haut zu retten.«
    »Es muss doch noch ein paar Mutige geben, die insgeheim treu zu Markgraf Friedrich stehen«, unterbrach ihn Markus erneut. »Wer ist es, der die Kreuze an dem Platz aufstellt, an dem die drei Ratsherren hingerichtet wurden? Der Haberberger wollte oder konnte mir nichts dazu sagen.«
    Der Arzt erforschte eindringlich die Gesichtszüge seines Gegenübers. »Es ist kein Zufall und auch nicht nur wegen Änne, dass du zurückgekommen bist und mir all diese Fragen stellst. Richtig?«
    Markus nickte. Er war sicher, in dieser Hinsicht dem Arzt vollständig vertrauen zu können.
    »Besteht Aussicht, dass Markgraf Friedrich zurückkehrt?«, fragte Marsilius mit angehaltenem Atem.
    »Ja.«
    Ein Zucken zog über das faltige Gesicht des Arztes.
    »Ich weiß nicht, woher du die Hoffnung nimmst … woher Friedrich die Hoffnung nimmt«, sagte er dann mit bebender Stimme. »Aber es gibt inzwischen mehr Leute als je zuvor, die sich nach seiner Regentschaft zurücksehnen. Sie haben genug von Adolfs Tyrannei.«
    Er wollte weiterreden, doch ein Poltern im Haus ließ beide Männer zusammenfahren.
    »Rasch!«, flüsterte Marsilius und stellte hastig Becher und Krug beiseite. Markus warf sich erneut den Umhang über, stülpte sich die Gugel über den Kopf und umklammerte fest seinen Dolch unter dem Umhang.
     
    Krachend flog die Tür auf.
    Die alte Magd, die deftiger fluchen konnte als die Stadtwachen, steckte den Kopf herein.
    »Wir sind zurück, Meister!«, rief sie und fuhr im nächsten Atemzug mürrisch fort: »Ein paar jämmerliche Bissen haben wir erstehen können, so dass ich fast Hoffnung hege, nachher nicht nur faden Brei auf den Tisch bringen zu können.«
    Erleichtert steckte Markus den Dolch wieder in die Scheide.
    Wir!, dachte er. Also ist Änne mit ihr gekommen!
    Er stand auf, um durch den Türspalt einen Blick auf das Mädchen zu erhaschen, das er hatte heiraten wollen und das längst die Frau eines alternden Mannes geworden war.
    Doch die Magd warf nur einen finsteren Blick auf ihn und ließ die Tür rasch hinter sich zufallen. Ob sie ihn erkannt hatte und ahnte, weshalb er gekommen war?
    »Ich will Änne sehen!«, forderte er.
    Der Medicus zögerte.
    »Willst du ihr das wirklich antun? Sie ist gerade dabei, hier so etwas wie ihren Seelenfrieden zu finden.«
    »Seelenfrieden?«, wiederholte Markus scharf. »Dazu sollte sie wenigstens wissen, dass ich noch lebe!«
    Nach einigem Überlegen überwand sich Conrad Marsilius, stand auf und ging zur Tür.
    »Änne, Liebes, würdest du für einen Augenblick hereinkommen?«
    Markus hielt den Atem an, während er die Gugel wieder zurückstreifte.
    Er hörte leise Schritte.
    Dann betrat sie den Raum – und erstarrte bei seinem Anblick. Der Schrei erstickte in ihrer Kehle, ihre Augen weiteten sich, und in ihrem Gesicht wechselten freudiges Erkennen, Erschrecken und Scham einander ab.
    Markus konnte den Blick nicht von ihr abwenden. Sie erschien ihm vollkommen verändert. Anstelle der Lumpen, die Jenzin ihr gegeben hatte, trug sie nun ein krapprotes Kleid aus gutem Wollstoff, statt mit dem zerschlissenen Tuch war ihr Kopf von einer sorgfältig gefältelten Haube aus gebleichtem Leinen bedeckt.
    Nun wirkte sie nicht mehr wie das gehetzte und getriebene Stiefkind des Apothekers, sondern war gekleidet wie die Ehefrau eines angesehenen Mannes, was der Stadtphysicus zweifellos war. Und nun war auch für jeden offensichtlich, was er schon lange dachte: Wenn sie nicht mehr in Lumpen gehüllt war, sah sie hübsch aus.
    Markus fragte sich, wie weit ihre Haare wohl inzwischen nachgewachsen sein mochten. Zu gern hätte er ihr den

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