Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
verwickelt wirst.«
    »Die waren vorhin schon dabei zu raufen, als ich dort vorbeiritt«, erinnerte sich Markus.
    »Ja, da geht’s um die Zeit schon hoch her. Warte bis nach Einbruch der Dämmerung. Du kennst die Stadt gut genug, um ungesehen dorthin zu gelangen.«
    »Ich würde lieber mein Pferd hier lassen und gleich losgehen. Ich will meinen Bruder sehen«, meinte Markus und sprach nicht aus, was ihn eigentlich aus dem Haus trieb: Der Gedanke, hier warten zu müssen, während Änne nur ein paar Schritte von ihm entfernt und doch weiter weg als je zuvor war. Er wollte sie wiedersehen, aber nicht in Gegenwart des Arztes.
    »Die Jugend hat keine Geduld«, brummte dieser mit vorwurfsvollem Blick. »Also gut. Du hast Glück, ich hatte mich heute bei ihnen angekündigt. Die Nachricht kannst du dann gleich selbst überbringen. Nimm den hinteren Eingang über die Fischergasse. Hier, damit kommst du durchs Tor!«
    Er löste einen Schlüssel vom Bund und beschrieb einen verborgenen Durchgang zum Wirtshaus über den Heuboden des Pferdestalls.
    Markus fragte sich, wie er das alles im Dunkeln finden sollte. Im Stall eine Kerze anzuzünden verbot sich, wollte er nicht das Heu und vielleicht die ganze Stadt in Brand setzen.
    Aber darüber konnte er sich Gedanken machen, wenn er dort war.
    »Meister Marsilius, ich muss Euch danken«, brachte er dann heraus.
    Der Arzt brummte erneut. »Übrigens war es die linke Hand, die ich deinem Bruder abnehmen musste«, sagte er.
    Markus atmete auf.
    Wenigstens kann er noch eine Waffe führen, dachte er. Trotzdem war sein Bruder nun ein Krüppel. Wie mochte er zurechtkommen?
    »Eine letzte Frage: Wer führt jetzt das Kommando über die Burg?«
    Conrad zögerte. Endlich sagte er, auf Markus’ drängenden Blick hin: »Graf Eberhard von Isenberg. Der Mann, der während der Belagerung Freibergs des Königs Marschall war.«
    Genugtuung breitete sich auf dem Gesicht des Jüngeren aus. Er würde sich persönlich rächen für das Blutbad auf dem Obermarkt, und dafür musste er nun nicht länger suchen.
    Der Arzt deutete die Reaktion seines Gegenübers richtig.
    »Tu nichts Unüberlegtes, Junge!«, beschwor er ihn eindringlich. »Sonst bricht das nächste blutige Strafgericht über Freiberg herein.«
    Markus stand auf, griff nach seinem Bündel, zog die Gugel über den Kopf und wollte zur Tür. Doch Marsilius packte seinen Arm und hielt ihn erneut zurück. »Es wäre schade um dich! Und wer soll uns dann helfen, die Zeiten zu wenden?«
    Markus sah ihn nur an, nickte ihm noch einmal dankend zu, löste seinen Arm mit einem Ruck aus der Umklammerung und ging.
    Betroffen sah der alte Arzt ihm nach. »Gott schütze dich, Junge«, murmelte er, als er wieder im Haus war und den Knecht beauftragt hatte, das fremde Pferd in seinen Stall zu bringen. »Dich und Markgraf Friedrich und alle, die auf seine Rückkehr warten.«
     
    Änne war nicht zurück an die Arbeit gegangen, nachdem sie hinausgestürzt war, sondern zu dem kleinen Altar in ihrer Kammer, um vor dem Bildnis der Heiligen Jungfrau niederzuknien. Nur hier würde man sie in Ruhe lassen, damit sie die Fassung wiederfinden und die durcheinanderwirbelnden Gedanken ordnen konnte.
    Aber wie sollte sie je wieder Ruhe finden, wo ihr Leben gerade endgültig aus den Fugen geraten war?
    Viele Jahre hatte sie nur in Furcht vor Jenzin und seinesgleichen gelebt. Die Tage auf Freiheitsstein – so furchtbar Beschuss und Belagerung auch waren – und die Begegnung mit Sibylla hatten dazu geführt, dass sich ihre geschundene Seele zum ersten Mal etwas aufrichtete. Doch statt mit Markus fortzuziehen und ein gemeinsames Leben zu führen, blieb ihr keine Wahl, als das Rettungsangebot des alternden Arztes anzunehmen und dessen Frau zu werden.
    Wer Conrad Marsilius nur in seiner stadtbekannten Griesgrämigkeit erlebt hatte, der würde staunen, wie sanft und verständnisvoll er sein konnte – vielleicht auch deshalb, weil er selbst nicht damit gerechnet hatte, noch einmal eine solch junge Frau zu heiraten, und nun auf einen Sohn hoffte.
    Doch seine Zutraulichkeiten im Bett ertrug sie nur aus Pflichtgefühl und um ihn nicht zu kränken. Sie empfand nichts dabei, auch wenn sie sich manchmal dazu zwang zu lächeln, um ihm eine Freude zu bereiten. So dankte sie ihm dafür, dass er Markus geholfen und Jan gerettet hatte.
    Mit jedem Tag, der verstrich, sank die Hoffnung, dass ihr Liebster zurückkommen würde. Sie hatte sich mit dem Leben als Frau eines alten Mannes

Weitere Kostenlose Bücher