Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
eine Bank gedrückt.
    »Tretet zurück, ich brauche Platz«, verkündete Änne forsch. Doch er kannte sie gut genug, um das kaum hörbare Zittern in ihrer Stimme zu erkennen.
    Schritte scharrten, jemand ließ einen Eimer auf den Boden krachen, Wasser schwappte. Dann hörte er das typische Geräusch, mit dem ein Schwert aus der Scheide gezogen wurde.
    »Ich werde Euch beschützen, Herrin«, verkündete eine eitle Männerstimme. »Seid unbesorgt. Wenn der Verbrecher auch nur eine Wimper rührt, bekommt er mein Schwert zu spüren.«
    »Danke«, erwiderte Änne kühl. »Nur zeige nicht ganz so viel Eifer. Die Behandlung wird sehr schmerzhaft für ihn. Wahrscheinlich wird er nicht nur mit der Wimper zucken. Aber ich bin ja von vielen starken Männern des Königs beschützt.«
    Mit zustimmendem Johlen wurde diese Antwort aufgenommen.
    Anscheinend wird das hier eine Belustigung für die gesamte Burgbesatzung, dachte Markus zynisch.
    »Nehmt ihm die Fesseln ab, damit ich mich um seinen Rücken kümmern kann«, forderte Änne.
    »Wollt Ihr Euch nicht lieber um meinen Rücken kümmern?«, scherzte jemand von hinten. Ein paar Vorwitzige lachten wiehernd. Doch als Clementia knurrte: »Das übernehme ich. Mit dem Schürhaken, du Strolch!«, hatte sie die Lacher auf ihrer Seite.
    »Tut mir leid, Herrin, dazu bin ich nicht befugt«, erklang die nun schon bekannte Stimme. »Wie ich sagte, er ist ein gefährlicher Verbrecher.«
    »Er ist nur einer, schwer verwundet und in Ketten. Und den wollt ihr nicht in Schach halten können? Zwei Dutzend bewährte Kämpfer des Königs?«
    So viel Hochmut hatte Markus noch nie in Ännes Stimme vernommen – und ihr so viel Verstellungskunst auch nie zugetraut.
    Dem Geräusch nach wurde ein halbes Dutzend Schwerter gezogen. »Eine Bewegung, und du büßt noch ein Ohr ein«, drohte eine tiefe Stimme.
    Er spürte die Klinge an seinem Kopf, während jemand begann, seine Fesseln zu lösen.
    Erleichtert nahm er die befreiten Hände nach vorn und rieb sich die Gelenke.
    »So, und nun macht gefälligst Platz!«, forderte Änne erneut. Die Klinge verschwand von Markus’ Kopf.
    Wasser plätscherte seitlich von ihm, und im nächsten Augenblick spürte er die wohltuende Kühle der Flüssigkeit, die über seinen Rücken rann.
     
    Unter normalen Umständen hätte Änne einen so stark Verletzten lieber im Tageslicht auf dem Hof behandelt. Aber im Halbdunkel der Halle fühlte sie sich sicherer; hier konnte sie die Regungen ihres Gesichts besser verbergen.
    Vor allem hoffte sie darauf, ihrem Liebsten ein paar Worte zuflüstern zu können, ohne sich zu verraten. Dafür musste sie aber ihre Rolle weiterspielen – die einer Arztfrau, die nur ihre Pflicht tat und keinerlei Interesse oder gar besondere Gefühle für den Misshandelten hegte.
    Sie tauchte frisches Leinen in den Eimer und drückte es über Markus’ Schultern aus. Zuerst wollte sie die blutverkrusteten Striemen auf seinem Rücken aufweichen, ohne ihm zusätzliche Schmerzen zu bereiten.
    Bald begann sie, die Wunden abzutupfen. Als Markus vor Schmerz zusammenzuckte, hatte sie einen Vorwand, mit der Linken seine Schulter zu umfassen, als wollte sie ihn festhalten.
    Sie schloss die Augen bei der Berührung. Ihr war, als könnte sie mit ihren Fingerspitzen all ihre Liebe, ihr Mitgefühl auf ihn übertragen.
    Er neigte den Kopf leicht zur Seite. Und obwohl seine Augen immer noch verbunden waren, verstand sie den stummen Gruß.
    »Das wird jetzt gleich sehr brennen«, verkündete sie den Zuschauern, die diese Mitteilung johlend aufnahmen. Änne tränkte das Leinen mit einem Sud aus Schafgarbe und Kamille und betupfte damit die langen, roten Spuren auf seinem Rücken.
    »Ich brauche mehr Wasser!«, befahl sie. Widerspruchslos ging einer der Männer los, um einen weiteren Eimer zu holen.
    Währenddessen wurden Markus’ Hände wieder auf dem Rücken zusammengebunden. Gleichmütig ließ er es über sich ergehen.
    Sie fasste ihn vorsichtig an den Schultern und drehte ihn so, dass sie auf der Bank neben ihm sitzen konnte, um die Schnitte auf der Brust zu nähen.
    Mit einem Lächeln, das den Eitlen zu einem dümmlichen Grinsen veranlasste, dankte sie für das frische Wasser.
    »Er hat viel Blut verloren und muss trinken«, erklärte sie, ließ sich einen Becher reichen und flößte Markus vorsichtig etwas von der kühlen Flüssigkeit ein. Sie konnte sehen, dass ihm das Schlucken Mühe bereitete, doch sie gab nicht eher nach, bis er zwei Becher leer getrunken

Weitere Kostenlose Bücher