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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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die Burg kam, um ein paar Verbände anzulegen.
    Deshalb wurde sie am Tor auch respektvoll, beinahe freundlich von einem der Wachposten gegrüßt.
    Änne tat, als wolle sie schnurstracks auf die Halle zugehen – so, als sei sie zu einem bestimmten Auftrag gerufen worden. Dabei musste sie unweigerlich an dem Gefangenen vorbeikommen.
    Sie nahm alle Kraft zusammen, um ihre Gesichtszüge zu beherrschen und nicht wieder zusammenzubrechen. Doch als sie ihn sehen konnte, war ihr, als würden glühende Nadeln in ihr Herz gebohrt.
    Es war tatsächlich Markus. Auch wenn ein Teil seines Gesichtes von dem Stoffstreifen verdeckt war, mit dem man ihm die Augen verbunden hatte, blieb kein Zweifel. Er kniete in dem Eisengestell, das zu klein war, als dass darin jemand aufrecht stehen konnte, seine Hände waren auf den Rücken gefesselt, auf seiner Brust klafften über Kreuz zwei flammend rote Wunden, der Körper war blutüberströmt.
    Unwillkürlich griff sie nach Clementias Hand und umklammerte sie.
    Auch die Magd wirkte erschüttert bei dem Anblick. Dennoch behielt sie klaren Kopf.
    »Lasst Euch ja nichts anmerken!«, wisperte sie streng. »Sonst könnt Ihr ihm nicht helfen.«
    Änne nickte stumm und setzte tapfer weiter einen Fuß vor den anderen; sie ging aufrecht, als hätte sie einen Stock verschluckt, das Gesicht erstarrt. Wenn sie jetzt weinen würde, wäre alles verloren.
    Je näher sie kam, umso mehr Einzelheiten musste sie erkennen, die zeigten, wie schlimm ihr Geliebter geschunden worden war. Sein Rücken war von Peitschenstriemen übersät, eine Braue aufgeplatzt, Oberarme und Schultern voller Blutergüsse, um seinen Hals prangte ein dunkelrotes Würgemal.
    Mit undurchdringlicher Miene blieb sie neben dem Käfig stehen und drehte sich zu einem der Männer von der Burgbesatzung um.
    »Wenn diese Wunden nicht genäht werden, bekommt er Wundbrand und wird sehr bald sterben«, sagte sie, so ruhig sie konnte, während sie auf Markus’ Brust wies.
    Der Soldat – stämmig und dumpf dreinschauend – sah verwundert zu seinem Nachbarn.
    »Ist er zum Tode verurteilt, oder hat der Graf noch etwas mit ihm vor?«, hakte sie nach.
    Diese Worte gaben den Ausschlag. Die Wachen wussten alle, dass der Gefangene zwar leiden, aber überleben sollte, um als Lockvogel für einen neuerlichen Befreiungsversuch zu dienen. Und der Wutausbruch des Kommandanten nach dem Tod des letzten Gefangenen war ihnen nur zu gut in Erinnerung.
    »Das Weib des Arztes hat recht«, meinte der Stämmige halblaut. »Wenn er zu schnell verreckt, wäre es dem Grafen nicht recht.«
    Dann drehte er sich wieder zu Änne um. »Ich gehe fragen. Aber wollt Ihr das wirklich tun, kleine Frau? Er ist ein gefährlicher Verbrecher!«
    »Ihr werdet mich doch wohl vor ihm beschützen können?«, erwiderte sie schnippisch. »Oder denkt ihr etwa, dass mein Gemahl, der Medicus, kommen würde, um sich eines
Gefangene
n anzunehmen?«
     
    Als Markus Ännes Stimme erkannte, wäre er beinahe zusammengezuckt. Er konnte nichts sehen, seine Welt bestand jetzt nur aus Schmerz, Durst und Geräuschen. Doch so schwer es ihm auch fiel, er durfte jetzt keinerlei Regung zeigen, um sie nicht in Gefahr zu bringen.
    War ihr nicht klar, dass die Häscher des Königs durch ihn alle diejenigen aufspüren wollten, die zu ihm hielten? Und dass der kleinste Verdacht für sie den Tod bedeuten konnte?
    Änne, Liebste!, dachte er verzweifelt und betete, dass sie ihr gefährliches Spiel durchhielt, ohne sich zu verraten.
    Sie schien immer noch neben ihm zu stehen und zu warten. Ihm war, als könne er ihre Blicke auf seiner Haut spüren.
    Wenig später hörte er jemanden verkünden: »Ihr bekommt Erlaubnis, seine Wunden zu versorgen, kleine Frau. Aber habt nicht zu viel Mitleid mit ihm. Er ist ein übler Verbrecher, auf ihn wartet der Strang.«
    Das Schloss wurde geöffnet, Markus nach rüder Aufforderung herausgezerrt und vorwärtsgestoßen. Er trug immer noch die Fußschellen, die nur kleine Schritte erlaubten.
    Nach einem halben Tag mit verbundenen Augen im Käfig hatte er beinahe jedes Gefühl für Richtung verloren und konnte sich nur an Geräuschen orientieren. Von links kam das Hämmern aus der Schmiede, ein paar Schritte weiter schien gerade jemand Wasser aus dem Brunnen zu holen, also brachten sie ihn wohl in die Halle.
    »Ich brauche Wasser«, hörte er Änne fordern.
    »Du da, hol einen Eimer voll für das Weib des Arztes!«, wurde der Befehl weitergegeben.
    Markus wurde mit derbem Griff auf

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