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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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versuchte Bertha, ihren Sturz aufzuhalten. Clementia drängte sich zwischen den Menschen hindurch, die sofort zusammenliefen.
    »Das Weib des Arztes ist ohnmächtig geworden«, hörte Änne Stimmen wie durch eine Nebelwand.
    »Vielleicht ist sie endlich guter Hoffnung!«, rief jemand neben ihr fröhlich.
    Sie öffnete die Augen, versuchte sich aufzusetzen, doch sofort wurde ihr so schlecht, dass sie das Frühmahl erbrach.
    »Na, wenn das nicht nach Nachwuchs für Meister Marsilius aussieht«, meinte die Frau des Fleischers gutmütig. Sie wollte Änne aufhelfen, aber der intensive Geruch von Fleisch und Blut an ihren Händen brachte diese erneut zum Würgen.
    »Hör auf, solchen Tratsch unter die Leute zu bringen!« Wütend schob Clementia die Frauen beiseite, die ihr im Weg standen. Mit skeptischem Blick musterte sie Änne, die sofort die Lider senkte. Wenn die Magd der Fleischersfrau glaubte, würde sie sich wohl ihren Teil dazu denken. Und der würde sicher nicht zugunsten Ännes ausfallen. Der Zeitpunkt dieser Schwangerschaft nach anderthalb Jahren ohne Anzeichen war zu auffällig.
    Dennoch: Vorsichtig half Clementia ihr hoch und blaffte die anderen erneut an, gefälligst ihre Herrin in Ruhe zu lassen und keinen Klatsch aufzubringen.
    »Warte!«, rief Änne der Gürtlerin nach. »Was weißt du noch?«
    Zittrig ließ sie sich von den beiden besorgten Frauen ein paar Schritte zur Seite führen. Kurzerhand griff Clementia nach einer Kiepe, die der Korbmacher feilbot, drehte sie um und setzte ihre Herrin darauf.
    »Sie haben ihn gestern am Donatstor erwischt«, flüsterte Bertha. »Unser Fuhrknecht war dabei und hat ihn auch auf dem Burghof gesehen, in einem Käfig, voll blutiger Wunden. Er soll wohl gehenkt werden.«
    Änne konnte froh sein, dass sie saß und festgehalten wurde. Tränen flossen ihr aus den Augen, und sie begann, hemmungslos zu schluchzen.
    »Ist ja gut«, brummte Clementia und tätschelte ihr hilflos die Schulter.
    Eine der Frauen von den Marktständen kam und reichte ihr einen Becher. »Hier, trinkt! Das wird Euch helfen!«
    Dankbar griff Änne nach dem Gefäß. Erst trank sie in kleinen Schlucken, schließlich leerte sie den Becher in einem Zug.
    »Das ist so in der Schwangerschaft, da purzeln die Gefühle wild durcheinander«, hörte sie jemanden erklären, der sich dafür sofort bitterböse Blicke von Clementia einfing.
    »Wir müssen gehen«, flüsterte sie der Magd zu.
    »Ja, sonst tratschen die Weiber die ganze Woche und nicht nur drei Tage lang«, murrte die. Dann fragte sie, überraschend sanft: »Könnt Ihr aufstehen?«
    Behutsam stützte sie Änne am Arm und half ihr auf.
    Clementia führte sie zum Brunnen, holte einen Eimer voll Wasser herauf und übergoss damit eines der frisch gekauften Leinenstücke, um es der Bleichen auf Stirn, Wangen und in den Nacken zu drücken.
    Das kühle Nass tat gut. Allmählich bekam Änne das Gefühl, wieder aufstehen zu können. Clementia erhob keine Einwände, als sie direkt Richtung Haus lief, obwohl die Einkäufe noch nicht beendet waren.
    Sie hatte Glück. Marsilius war nicht daheim; er besuchte wohl gerade einen Kranken.
    Die Magd wollte Änne mit aller Gewalt dazu bringen, sich ins Bett zu legen, doch diese widersprach energisch – was sie noch nie in diesem Haus getan hatte.
    »Ich muss auf die Burg«, erklärte sie, während sie Verbandszeug und verschiedene Tinkturen in ihren Korb packte. »Du kannst mit mir kommen oder hierbleiben, wenn du dich fürchtest. Aber ich gehe auf jeden Fall.«
    »Natürlich komme ich mit«, schnappte die Alte. »Ich ahne, was Ihr vorhabt. Nur seht zu, dass Ihr nicht noch den Meister in Gefahr bringt!«
     
    Ohne ein Wort zu wechseln, gingen die beiden Frauen zur Burg. Während Clementia sich ihre eigenen Gedanken darüber machte, was wohl dort geschehen würde, versuchte Änne, sich für das zu wappnen, was sie erwartete.
    Es war nichts Außergewöhnliches, dass sie als Frau des Arztes auf die Burg gerufen wurde, um Verbände anzulegen oder Wunden zu versorgen, wenn ihr Mann unterwegs zu einem Kranken in den Nachbarorten war. Sie stand in dem Ruf, besonders geschickt beim Nähen von Wunden zu sein, und mancher ließ sich deshalb lieber von sanfter Frauenhand als von dem mürrischen Medicus umsorgen. Auch die Schnittwunde auf dem Handrücken des Kommandanten hatte sie nähen müssen.
    Keiner von der königlichen Burgmannschaft ahnte, dass die zarte, stets ernst und unnahbar wirkende Gemahlin des Medicus nicht nur auf

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