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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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hinlegen, Kind«, sagte er schließlich. »So oder so, es war zu viel für dich.«
    So oder so – also rechnet er auch mit der Möglichkeit, dass ich schwanger bin, dachte Änne beklommen, obwohl sie den Verdacht nicht erwähnt hatte.
    Ächzend stand Marsilius auf. »Ich gehe derweil ins ›Schwarze Ross‹ und sehe zu, was wir tun können, um das Schlimmste zu verhindern.«
    »Nein!«, widersprach Änne heftig. »Ich will mit!«
    Als sie die Ablehnung auf seinem Gesicht sah, griff sie nach seinem Arm.
    »Bitte!«, flehte sie. »Ich habe Euch noch nie um etwas gebeten, Meister! Schlagt mir das nicht ab … Ich würde es nicht aushalten, hier tatenlos herumzusitzen, während sie vielleicht schon den Galgen für ihn errichten.«
    Resigniert ließ sich Marsilius wieder auf die Bank sinken.
    Sollte er je gehofft haben, dass Änne den jungen Hauptmann vergaß und ihm seinen Platz in ihrem Herzen einräumte, so war diese Hoffnung soeben hinfällig geworden. Sie würde den anderen immer lieben.
    »Nach allem, was ich weiß, wollen sie ihn nicht so bald hinrichten«, erklärte er ihr leise. »Sie hoffen, durch ihn Namen und Zufluchtsorte erfahren zu können. Aber niemand vermag vorherzusehen, wie lange er standhält. Ihr Folterknecht ist berüchtigt für seine Grausamkeit.«
    »Ich weiß«, schluchzte Änne. »Ich habe gesehen, was er angerichtet hat.«
    Marsilius verzichtete darauf, ihr zu widersprechen. Es überstieg ganz sicher die Vorstellungskraft einer jungen Frau, dass man einem Körper auch unsägliche Schmerzen zufügen konnte, ohne dass dem Geschundenen etwas davon anzusehen war. Bestimmt hatte der Folterknecht Anweisung, sich vorerst noch zurückzuhalten. Aber wenn der Graf zu der Schlussfolgerung kam, sein Gefangener sei ihm zu nichts mehr nütze, würde er ihm jeden Knochen im Leib einzeln zertrümmern lassen.
    Vielleicht war dann ein schnell wirkendes, tödliches Gift alles, was er noch für Markus tun konnte. Doch das wollte er seiner Frau nicht vor Augen führen. Sie war ohnehin schon verzweifelt genug.
    »Der Hauptmann hat ein tapferes Herz. Hoffen wir, dass er lange genug durchhält, bis wir etwas unternehmen können.«
    Dann stand er auf, griff nach Ännes Handgelenk und fühlte ihren Puls.
    »Gut, komm mit«, entschied er. »Vielleicht kannst du uns noch einen Hinweis geben, wie wir ihn retten können.«
     
    Zum ersten Mal lernte Änne nun den geheimen Zugang zum Versteck im »Schwarzen Ross« kennen. Sie hatte zwar bei der Pflege der beiden Überlebenden des Schildwalls mitgeholfen, dann für die im Verborgenen agierenden Königsfeinde so manches auf der Burg ausspioniert und Nachrichten mit Hilfe von Christian weitergeleitet, der sich dazu jedes Mal als Bettler verkleidet in ihre Nähe schlich.
    Doch das verabredete Signal dem Wirt zukommen zu lassen, das war stets Clementias Aufgabe gewesen, und die hatte ihr nie Einzelheiten erzählt. Für Änne wäre es unschicklich und viel zu gefährlich, sich im Wirtshaus blicken zu lassen, in dem es von mehr oder weniger betrunkenen Soldaten nur so wimmelte.
    Als nach dem Klopfen niemand die Tür zum Speicher öffnete, rief Marsilius ungeduldig: »Macht auf, rasch!«
    Leise Schritte näherten sich, hastig wurde der Riegel beiseitegeschoben.
    »Hat Euch jemand gesehen?«, fragte Herrmann besorgt, der die Stimme des Arztes erkannt hatte. Dann erst bemerkte er Änne, die hinter ihrem Mann stand, und riss verwundert die Augen auf.
    »Das bedeutet nichts Gutes«, murmelte er, während er die beiden rasch einließ und den Zugang wieder verschloss.
    »Fürwahr«, antwortete Marsilius finster.
    Bestürzt hörten Herrmann, Jan und Claus vom Schicksal ihres Hauptmanns.
    »Jetzt weiß ich, warum sie unten Freudenlieder grölen«, meinte Herrmann düster.
    Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als es erneut stürmisch klopfte.
    »Das ist sicher Christian«, versuchte Jan Änne zu beruhigen, die zusammengezuckt war. Er ging zur Tür, aber ihr blieb nicht verborgen, dass er nach seinem Schwert griff und vor der Tür die Klinge aus der Scheide zog.
    Es war tatsächlich der Rotschopf, der atemlos in den Speicherboden stürzte. »Sie haben den Hauptmann!«, rief er und ließ sich stöhnend auf den Boden fallen.
    Dann erst bemerkte er die ungewöhnlichen Gäste.
    »Das wissen wir«, sagte Herrmann mit dumpfer Stimme.
    »Warum sitzen wir dann noch hier herum?!« Ungestüm sprang der Junge wieder auf. »Ich hab mich umgehört, sie ahnen immer noch nichts vom Fluchtweg. Also

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