Blut und Silber
hatte.
»Ein Anfang? Ein Anfang – wozu?«, meinte Friedrich bitter, drehte sich um und ging. Ulrich sah den Herzog an, hob entschuldigend die Schultern und folgte seinem Herrn.
Friedrich lehnte den Vorschlag seines Bruders ab, sich auf Kosten des neuen Königs nach allen Regeln der Kunst zu betrinken. Während Diezmann ein paar Männer um sich sammelte, um sein Vorhaben zielstrebig in die Tat umzusetzen, stürmte der Ältere zu seiner Kammer. An der Tür drehte er sich zu Ulrich um. »Ich möchte allein sein und nicht gestört werden.«
Er sah um sich, wer diesen Befehl wohl am zuverlässigsten ausführen könnte. Dabei fiel sein Blick auf Christian, der sich überall und nirgends auf der Burg herumtrieb, vor Staunen über all die Pracht kaum den Mund zubekam und gerade wieder einmal wie eine Klette an Ulrich von Maltitz hing.
»Du lässt niemanden ein!«, trug er dem Rotschopf auf, der eifrig nickte, aber hilflos zu Ulrich sah, nachdem Friedrich die Tür hinter sich geschlossen hatte. Der Maltitzer zuckte mit den Schultern. »Du hast ihn gehört! Er will niemanden sehen.« Da er nicht damit rechnete, bald gerufen zu werden, beschloss er, dem Vorschlag Diezmanns zu folgen, wenn auch in etwas abgemilderter Form, während er die vordere Tür zu Friedrichs Gemächern bewachte. Markus würde ihm sicher dabei Gesellschaft leisten. Der Freiberger war sowieso in schwärzester Stimmung, und seine eigenen Hoffnungen, Sibylla wiederzusehen, hatten sich gerade ebenfalls in Rauch aufgelöst. Ihnen beiden blieb wohl nichts, als sich die Frauen, die sie unbedingt haben wollten, ein für alle Mal aus dem Kopf zu schlagen.
Christian wollte sich gerade über einen Honigkuchen hermachen, den er den Mägden im Backhaus abgeschwatzt hatte, als eine sehr vornehme und sehr schöne Dame mit einem perlenbesetzten roten Kleid auf ihn zukam. Begleitet wurde sie von einem stupsnäsigen Ding in seinem Alter, das verächtlich auf seinen missgestalteten Fuß und seine schmutzigen Hände sah. Sofort beschloss er, ihr nichts von dem Kuchen abzugeben, was auch geschehen möge.
»Melde deinem Herrn, die Landgräfin von Thüringen wünscht ihn zu sprechen«, sagte die vornehme Dame. Trotz ihres kostbaren Kleides wirkte sie viel weniger hochnäsig als das Mädchen, das ihr folgte.
Christian versuchte eine elegante Verbeugung, wobei er seinen Kuchen festhielt, um keinen einzigen Krümel zu verlieren.
»Ich bedaure es von ganzem Herzen, Herrin, aber mein Herr, Fürst Friedrich, hat angewiesen, dass niemand ihn stören darf. Und ich soll darüber wachen.«
Zu Christians Erleichterung wurde die Dame nicht böse, sondern lächelte sogar – etwas belustigt, aber so freundlich, dass er glaubte, sein Herz müsse stehenbleiben.
»Dann richte ihm aus, die Landgräfin von Thüringen habe ihm einen
Vorschlag
zu unterbreiten.«
Christian fühlte sich eindeutig in der Klemme. Einen widerlichen Burggrafen mit Pferdeäpfeln zu bewerfen, das war keine Schwierigkeit, sondern ein Riesenspaß. Aber wie sollte er den Auftrag einer so schönen und noch dazu freundlichen Dame abweisen? Überhaupt: Wie hatte sie es geschafft, an den Leibwachen vorbeizukommen? Ob sie gar eine Fee war?
Andererseits waren die Befehle seines Herrn eindeutig. Er zog verlegen die Schultern hoch, dann legte er sein Ohr an die Tür und lauschte. Vielleicht war von drinnen ja etwas zu hören, das ihm einen Vorwand gab, sich zu melden. Doch nicht einmal ein Geräusch drang aus der Kammer. Entmutigt sah er die Besucherin an. Die wirkte auf einmal sehr besorgt. Statt zu warten, öffnete sie ohne Vorwarnung die Tür und trat ein.
»Das gibt Ärger«, murmelte Christian betroffen, nachdem sie die Tür rasch wieder hinter sich geschlossen hatte.
Die Zofe lächelte schadenfroh. Sofort verzog er das Gesicht zu einer Grimasse. Dann biss er genüsslich in seinen Kuchen und registrierte zufrieden, dass ihm das Mädchen jeden Bissen neidete.
Friedrich stand am Fenster und sah hinaus. Als er das Knarren der Tür vernahm, drehte er sich ungehalten um und hielt mitten in der Bewegung inne. Sein Gesicht war völlig erstarrt, er sagte kein Wort. Elisabeth von Lobdeburg-Arnshaugk erkannte, dass er so wohl schon eine ganze Zeit zugebracht hatte.
Als Friedrich die dritte Gemahlin seines Vaters sah, wusste er nicht, was er am liebsten tun würde: sie mit groben Worten fortschicken, sie auf sein Lager werfen und wie eine Hure benutzen … oder sie an sich ziehen und seinen Kopf in ihren
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