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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Euch versprechen, dass ich Euch mit aller Kraft beistehen werde, damit Ihr über Thüringen und eines Tages auch wieder über Eure Mark Meißen herrscht.«

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    DRITTER TEIL
    Um Alles oder Nichts
    Juli 1306 auf der Wartburg
    F riedrich von Wettin, einstiger Markgraf von Meißen, konnte den Blick kaum von seiner Tochter abwenden, die ihm winzig klein vorkam. Sie schien die leuchtend blauen Augen direkt auf ihn zu richten, verzog das Gesicht zu einem unbeholfenen Lächeln und zappelte vor Freude mit den Ärmchen. Vorsichtig strich er ihr mit einem Finger über die Wange, lächelte in sich hinein über das fröhliche Quietschen des Säuglings und sah zu, wie dem winzigen Wesen langsam die Augen zufielen.
    Die junge Mutter verzichtete darauf, nach der Amme zu rufen, sondern behielt ihr Kind in den Armen und summte ein Schlaflied. Stumm beobachtete Friedrich die innige Szene und fühlte ungewohnten Frieden über sich kommen.
    Werde ich alt?, fragte er sich, weil ich mich plötzlich nach solcher Geborgenheit sehne, statt von Unruhe getrieben, in Gedanken stets schon beim nächsten Feldzug zu sein, beim Kampf um die nächste Burg, die nächste Stadt? Oder liegt es schlicht und einfach daran, dass ich mich wohl fühle in ihrer Gegenwart?
    Entgegen seinen anfänglichen Bedenken war die vor sechs Jahren geschlossene Ehe mit der damals vierzehnjährigen Elisabeth etwas, das sie beide nicht bereuen sollten. Aus Respekt wurde rasch Zuneigung, die Geburt ihrer Tochter ein lang ersehntes Glück. Und diesmal, so hatte sich Friedrich vorgenommen, wollte er das Aufwachsen seines Kindes miterleben. Von seinem Erstgeborenen hatte er durch die bitteren Umstände und das Exil viel zu wenig gehabt. Nun wurde der mittlerweile Dreizehnjährige am Hof seines Schwagers Herzog Heinrich von Braunschweig zum Pagen erzogen.
    Die Hochzeit mit Elisabeth erwies sich auch in politischer Hinsicht als glückliche Entscheidung. Sie und ihre kluge Mutter hatten es geschafft, die Aussöhnung zwischen dem alten Landgrafen und seinem Erstgeborenen zu bewirken. Nun verbrachte Friedrich die meiste Zeit in Thüringen, regierte von der Wartburg aus das Land, verfügte über stattliche Ländereien aus der Mitgift seiner Frau und hatte sich die Loyalität eines großen Teils des thüringischen Adels und der Ritterschaft erworben.
    Sollte er vielleicht doch Vergangenes ruhen lassen und seine Zukunftspläne auf Thüringen richten? Hatte er mit seinen neunundvierzig Jahren nicht auch ein Recht darauf, zur Ruhe zu kommen und seine Kinder aufwachsen zu sehen, nachdem er jahrelang nur durchs Land geirrt war, immer in der Hoffnung auf etwas, das er am Ende vielleicht nie bekommen würde? War es womöglich sogar Gottes Wille, dass er
dieses
Land regierte und nicht das Meißner? Denn die Aussicht darauf war mittlerweile geringer als je zuvor.
    Nach dem Tod des böhmischen Königs Wenzel hatte Albrecht von Habsburg die Mark Meißen an sich genommen und ließ keinen Zweifel an seinem festen Willen, sie nicht mehr aus der Hand zu geben; einige Meißner Kirchenlehen hatte er bereits an seine Söhne übertragen lassen. Was Adolf von Nassau letztlich nicht gelungen war, das trieb sein Nachfolger nun – gestützt auf seine beiden Herzogtümer Österreich und die Steiermark – mit aller Kraft voran: die Schaffung eines Königslandes in Mitteldeutschland. Heinrich von Schellenberg, ein erklärter Gegner der Wettiner, regierte im Auftrag des Königs das Pleißenland, die Lausitz war in askanischen Besitz übergegangen – und der Markgraf von Brandenburg ein Schwiegersohn des Königs.
    Elisabeth summte immer noch und wiegte das Kind in ihren Armen. Doch ihr war nicht entgangen, wie sich die Züge ihres Mannes verfinsterten.
    »Als Nächstes schenke ich dir einen Sohn«, sagte sie leise.
    »Ich finde unsere Tochter wunderschön«, entgegnete er, lächelte ihr zu und küsste ihre Stirn.
    »Warum schaust du dann gerade so … streng?«
    Es hatte ihr sehr zu schaffen gemacht, dass es fünf Jahre dauerte, bis sich endlich sichere Anzeichen einer Schwangerschaft einstellten. Und wie jede Frau wusste sie, dass sich Männer zuallererst Söhne wünschten. Ganz besonders Männer von Adel, die Land und Titel zu vererben hatten.
    Sie vermied es, ihn anzusehen, und richtete den Blick auf ihre Tochter, die im Schlaf begonnen hatte, an einer der winzigen Fäuste zu saugen.
    »Gerade dachte ich, mein Glück ist vollkommen …«, begann er und brachte damit seine junge Frau zum Lächeln,

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