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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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wie sein in Freiberg hingerichteter Vorgänger – verzog keine Miene. Wenn er gegen den Meißnischen Ritter wenigstens drei Haue lang bestand, würde das seinen Ruhm mehren. Im anderen Fall musste er sich mit einer Blamage abfinden.
    »Komm, greif mich an!«, forderte Ulrich ihn auf, das Schwert lässig über die Schulter gelegt.
    Der Knappe packte den Griff fest mit der Rechten, seine Linke umklammerte den Knauf. Er täuschte einen Oberhau vor, wechselte aber mitten in der Bewegung und holte seitlich aus. Ulrich fing den Angriff geschickt ab, band die Klinge an und drückte sie nach unten, dann drehte er sein Schwert blitzschnell um und simulierte einen Hieb mit dem Knauf.
    »Immerhin, einen Atemzug lang hättest du überlebt«, attestierte er dem Besiegten grinsend.
    Wie üblich wollte er nun sein Manöver langsam wiederholen, damit alle genau sahen, wie er den Angriff abgewehrt hatte, und das üben konnten. Doch dazu kam es nicht. Aus dem Augenwinkel sah er eine Bewegung am Tor, die sofort seine ganze Aufmerksamkeit auf sich zog. Ohne ein weiteres Wort drückte er dem Jungen, der ihm am nächsten stand, das Übungsschwert in die Hand und lief mit großen Schritten über den langgestreckten Hof zum Tor.
    Herrmann von Goldacker, der Marschall des Landgrafen, kam gerade in hohem Tempo durch das Burgtor geritten. Das verhieß nichts Gutes. Der Marschall – nicht zu verkennen in seinem gelben Wappenrock mit dem langgehörnten schwarzen Bock – sollte eigentlich noch mit dem alten Landgrafen beim Hoftag in Fulda sein oder auf der Rückreise von dort. Aber nicht nur die unerwartete Ankunft des Marschalls war es, die Ulrichs Wachsamkeit weckte. Von Goldacker kam nicht allein.
    Anfangs befürchtete Ulrich noch, durch einen Zauber genarrt zu werden. Doch mit jedem Schritt, den er sich näherte, wurde die Gewissheit größer. Sibylla! Nach all den Jahren! Wie war das möglich, wieso kam sie hierher, und das ausgerechnet in Begleitung des Marschalls? Ein böser Verdacht brandete in ihm auf. Hatte Goldacker sie als
seine
Gespielin mitgebracht? Er konnte schließlich nicht wissen, was Ulrich mit ihr verband.
    Unbewusst umklammerte seine Rechte den Griff des Dolches. Nun schien auch sie ihn entdeckt zu haben. Sie sprang vom Pferd und heftete ihren Blick auf ihn. Und die Art, wie sie ihn ansah, zerstreute jeden Anflug von Eifersucht.
    Herrmann von Goldacker drehte sich kurz zu Sibylla um, befahl ihr, zu warten, bis sie gerufen würde, ließ sich im Gehen einen Becher reichen, den er auf einen Zug leerte, und lief direkt auf Ulrich zu.
    »Schlechte Neuigkeiten, Maltitz«, sagte er knapp und atemlos, mit finsterer Miene. »Haltet Euch bereit. Ihr werdet sicher gleich gerufen.«
    Ulrich wollte sich jetzt nicht den Kopf zerbrechen über diese Neuigkeiten. Schlechte Nachrichten machten zumeist schnell die Runde. Damit würde er sich befassen, wenn es so weit war und man nach ihm rief.
    Rasch lief er auf Sibylla zu, die ihn immer noch ansah, ohne sich zu rühren. Beinahe zehn lange Jahre waren vergangen, seit sie sich in Prag zum letzten Mal gesehen hatten. Aber nun kam es ihm vor, als läge diese ungestüme Begegnung nur einen Lidschlag zurück. Einen Moment lang erforschte er ihr Gesicht, und als er darin keine Abwehr sah, riss er sie an sich – ungeachtet aller Blicke, die er damit auf sich zog. Er sog den Duft ihrer schwarzen Haare nach Staub und Sonne ein und presste ihren Körper an sich, um sich zu überzeugen, dass sie kein Geist war, kein Traum, sondern aus Fleisch und Blut. Dann zog er sie mit sich in den Arkadengang des Palas’, hinter eine Säule, und küsste sie leidenschaftlich.
    Irgendwann fiel ihm ein, dass sie einen langen Ritt durch die Hitze dieses Sommertages hinter sich hatte.
    »Warte, du musst durstig sein …« Er beugte sich hinter der Säule vor, bis er eine Magd sah, und befahl, etwas zu trinken zu bringen.
    »Ich werde Ärger auf der Burg bekommen, wenn die Mägde meinetwegen laufen müssen«, wandte Sibylla leise ein.
    »Heißt das, du bleibst?«, fragte er und hielt den Atem an.
    »Das kommt darauf an … Wir werden wahrscheinlich bald aufbrechen müssen.« Sie zögerte einen winzigen Moment und strich verlegen die schwarzen Locken zurück. »Aber wenn Ihr wollt … wenn Ihr
mich
noch wollt … bleibe ich diesmal bei Euch.«
    Sie sah den Zweifel in seinem Gesicht.
    »Es sieht nicht so aus, als würde Freiberg je zurückerobert«, beantwortete sie die wortlose Frage. »Stattdessen steht ein

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