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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber
Autoren: Sabine Ebert
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nicht gearbeitet wird?«, wandte er zögernd ein. »So will es das markgräfliche Gesetz seit Anbeginn des Bergbaus hier.«
    Ulrich verzog den Mund zu einem sarkastischen Lächeln.
    »Falls der König nur kommt, um die Huldigung der Ratsherren entgegenzunehmen, dann können Eure Leute schon übermorgen wieder unbesorgt in ihren Gruben arbeiten. Doch Krieg schafft eigene Gesetze. Im Krieg fürchtet um Euer Leben, nicht um Eure Gruben.«
    Niemand erwiderte etwas, dennoch zögerte Ulrich einen Moment, ehe er sich dem Rabbiner zuwandte.
    »Menachim ben Jakub, Ihr müsst Eure Leute gleich morgen früh hierherführen, damit sie innerhalb der Stadtmauern geschützt sind.«
    Der Judenberg südlich der ummauerten Stadt war die erste Ansiedlung, auf die Adolfs aus Richtung Chemnitz anrückende Streitmacht vor Freiberg treffen würde. Und nach dem Ruf, den sich seine Söldner mittlerweile nicht nur bei ihren Raubzügen in Thüringen erworben hatten, war zu befürchten, dass sie die Häuser plünderten und niederbrannten.
    Der Rabbi nickte bedächtig, ohne ein Wort zu sagen.
    »Nehmt nur das Nötigste mit«, fuhr Ulrich fort. »Eure heiligen Schriften, alles an Proviant, was ihr tragen könnt, das Vieh, warme Kleidung. Es wird ohnehin schwierig werden, euch alle unterzubringen.«
    Seit der Großvater des jetzigen Meißner Markgrafen, Heinrich der Erlauchte, einen Erlass verkündet hatte, der die Juden unter seinen ausdrücklichen Schutz stellte und ihnen umfassende Rechte und Freiheiten einräumte, war die Siedlung am Judenberg beträchtlich gewachsen und umfasste mittlerweile mehr als dreihundert Menschen. Es hatte sich herumgesprochen, dass Juden in der Mark Meißen willkommen waren, während sie in etlichen anderen Gegenden verfolgt, zur Zwangstaufe gezwungen oder gar bei Pogromen erschlagen oder verbrannt wurden.
    Wo er diese dreihundert unterbringen konnte, darüber hatte Ulrich in den vorangegangenen Tagen lange gegrübelt und mit dem Bürgermeister beraten.
    »Ich habe die Kornhäuser für Eure Leute räumen lassen. Ihr selbst und Eure Familie könnt in mein Haus im Burglehen einziehen, es steht leer.«
    Die Hälfte der Kornvorräte hatte Ulrich inzwischen auf die Burg bringen lassen, die andere Hälfte den Kirchen und Klöstern zur sicheren Verwahrung und zur Verteilung im Notfall gegeben.
    Höflich verneigte sich der weißbärtige Rabbi. »Der Herr danke Euch für Eure Güte«, sagte er mit überraschend kraftvoller Stimme. »Doch ich werde bei meiner Gemeinde bleiben. Gemeinsam werden wir den Allmächtigen um Schutz und Rettung bitten.«
    Diese Antwort überraschte Ulrich nicht, im Gegensatz zu den nächsten Worten.
    »Wenn es Euch recht ist, schicke ich Euch dreißig kräftige Männer, die bei der Verteidigung der Stadt helfen«, fuhr Menachim zu Ulrichs Erstaunen fort.
    Der Rabbi blickte ihm direkt in die Augen und breitete die Arme aus. »Auch wenn wir keine Waffen tragen dürfen – sie können helfen, Sturmleitern abzuwehren oder Pech zu sieden, solange sie nur den Sabbat einhalten. Ein paar unserer Frauen werden für sie kochen und ihnen Essen bringen.«
    Nun lächelte Menachim. »Ihr wundert Euch wohl darüber, Herr. Aber wenn es ums Überleben ihrer Familie geht, wird eine jüdische Mutter zur Löwin. Und geht es jetzt nicht um unser aller Überleben?«
    »Ich danke Euch«, sagte Ulrich, dann zum Bürgermeister und zum Bergmeister gewandt: »Auch Euch. Ein paar von meinen Leuten werden Euch sicher nach Hause geleiten.«
    Niemand durfte ohne triftigen Grund und ohne Geleucht nachts durch die Stadt, schon gar nicht, während ein feindliches Heer anrückte. »Betet, dass der Herr Seine schützende Hand über uns hält. Und dann versucht zu schlafen. Es wird wohl vorerst die letzte ruhige Nacht sein, die uns vergönnt ist.«
     
    Keiner der drei Würdenträger kam in seinem Haus zur Ruhe. Menachims Frau fing an zu weinen, als er ihr von der Order des Burgkommandanten erzählt hatte, dann packte sie ohne ein Wort die Sachen zusammen.
    Der Bergmeister war Witwer, in seinem Haus lebten nur ein paar Mägde und Knechte. Er ließ sich einen Krug Bier bringen und starrte nachdenklich vor sich hin, den Kopf auf die Hände gestützt.
    Katharina, die Frau des Bürgermeisters, wurde blass angesichts der schlechten Nachricht.
    »Jetzt wirst du die Leute wirklich kennenlernen«, sagte sie leise und griff nach seiner Hand. »In der Not zeigt jeder sein wahres Gesicht.«

Verstärkung
    A m Morgen war das Wetter umgeschlagen. Das
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