Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
Gassen kommen.
     
    Die zwölf Ratsherren erwarteten ihn bereits und erhoben sich, als der Burgkommandant die mit üppigen Schnitzereien und farbenprächtigen Ornamenten an den Balken verzierte Ratsstube im Dinghaus am Obermarkt betrat.
    Ulrich erwiderte die Grüße mit knappem Nicken, dann ergriff er sofort das Wort.
    »Ehrenwerte Consuln! Es gibt zuverlässige Nachricht, dass noch heute das Heer des Königs vor Freiberg aufmarschiert. Wir haben uns auf diese Situation vorbereitet, so gut wir konnten. Meine Männer sind kampfbereit. Nun tragt Ihr Euern Teil dazu bei, dass Freiberg standhält. Schickt alle Männer auf die Burg, die alt genug sind, ihre Stadt mit der Waffe in der Hand zu verteidigen. Geht selbst mit gutem Beispiel voran und schickt uns Eure Söhne und Eure Knechte. Sorgt dafür, dass die Bewohner Ruhe bewahren, die Flüchtlinge ein Dach über dem Kopf finden und die Vorräte an Proviant mit Bedacht eingeteilt werden.«
    Eine Pause trat ein, und Ulrich musterte nacheinander die zwölf Ratsherren, die vor ihm saßen: mit prachtvollen Tasselscheiben an den pelzverbrämten Umhängen, Ringen an den Fingern und Kappen aus Biberfell. Ja, Freiberg war reich. Aber in ein paar Tagen könnten die Stadt niedergebrannt und ihre Bürger tot oder völlig verarmt sein.
    Sein Blick blieb an Hannemann Lotzke hängen, dem er erst vor ein paar Tagen die Nachricht vom Tod seines Sohnes hatte überbringen müssen. Der Gewandschneider schien ihm seitdem um einiges abgemagert, und als Ulrich von den Söhnen sprach, war er völlig in sich zusammengesunken.
    »Wo bleibt das Heer des Fürsten? Wo bleibt Niklas von Haubitz?«, fragte unwirsch Berlewin, der Zunftmeister der Kramer, ein kleiner, rundlicher Mann mit Halbglatze.
    Noch bevor Ulrich antworten konnte, hämmerte es an der Tür. Ohne auf ein »Herein« zu warten, stürzte der Ratsdiener atemlos in den Raum.
    »Ein Heer marschiert auf die Stadt zu!«, rief er mit sich überschlagender Stimme und japste nach Luft.
    »Aus welcher Richtung?«, herrschte Ulrich ihn an. Wenn der Kerl schon so unverfroren hereinplatzte, sollte er wenigstens genau berichten.
    Der Bote stutzte. »Es nähert sich dem Meißner Tor«, sagte er, und noch während seiner Worte begriff er beschämt den Sinn von Ulrichs Frage.
    Wenn dies nicht ein Hinterhalt war, so musste es sich bei den Anrückenden um die längst erwartete Verstärkung handeln.
    »Da habt Ihr die Antwort«, erklärte Ulrich den Ratsherren mit Blick auf den Kramer. »Ich muss los. Tut Eure Pflicht!«
    Er hätte lieber noch manches mit dem Rat geklärt, dem er nicht durchweg traute. Doch nun musste er sich davon überzeugen, dass es tatsächlich die erwartete Verstärkung war, die da anrückte, Niklas begrüßen und dessen Männer auf der Burg unterbringen.
    »Sorgt dafür, dass das Meißner Tor zugemauert wird, wenn die Streitmacht des Markgrafen in der Stadt ist«, instruierte er den Bürgermeister, der nickte und den Ratsdiener herbeiwinkte, um ihm die nötigen Anweisungen zu geben.
    Schon in der Tür, wandte sich Ulrich noch einmal um. »Meister Jenzin, rasch auf ein Wort!«
    Der Apotheker fuhr zusammen. Auf dem Gesicht des Salbenkochers erkannte der Burgkommandant die gut verborgene Spur schlechten Gewissens.
    »Man sagte mir, in Euerm Haus lebt ein Mädchen, das sich gut mit Kräutermixturen auskennt. Könnt Ihr sie uns zur Unterstützung auf die Burg schicken? Es werden womöglich bald eine Menge Verwundeter zu behandeln sein.«
    Ulrich, ein guter Menschenkenner und aufmerksamer Beobachter, sah, wie die Erleichterung auf Jenzins Gesicht zögerndem Unwillen wich.
    »Sie ist ein dummes, unnützes Ding und wird Euch kaum helfen können.«
    »Ich habe anderes gehört. Aber wenn Ihr sie als unnütz betrachtet, könnt Ihr sie fraglos leicht entbehren«, beendete der Burgkommandant die Debatte. »Schickt sie gleich zu mir.«
    Dann ging er hinaus, um dem Heer entgegenzureiten, das sich von Nordosten her näherte.
     
    Für einen Augenblick herrschte Ruhe in der Ratsstube. Nur das Verhallen von Ulrichs Schritten und der dumpfe Lärm, der von draußen durch die hölzernen Fensterläden drang, durchbrachen die Stille.
    Dittrich von Schocher, der Weinhändler, erhob als Erster seine dunkle Stimme. »Haltet Ihr es wirklich für klug, dass wir uns gegen das Heer des Königs stellen – des
von Gott gewollten
Königs?«
    Die Reaktion der anderen verriet, dass jeder von ihnen auf diesen Einwand gewartet hatte und froh war, dass ein anderer die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher