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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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die verzweifelte Lage auf der Burg schilderte und ihn um Hilfe bat. Doch sie wussten nicht einmal, ob sich einer der Boten unbemerkt durchgeschlagen hatte, geschweige denn, wie lange er nach Friedrich suchen musste.
    Anfangs hatten sie noch Nachrichten vom Verlauf des Feldzuges bekommen, der ganz anders als erwartet begann: Statt sein Heer nach Thüringen zu führen, hatte der König es kurzentschlossen nach Böhmen abschwenken lassen, als er erfuhr, dass der junge König Wenzel III . ermordet worden war. Albrecht von Habsburg verhinderte, dass die Böhmen Heinrich von Kärnten zum König wählten, und ließ seinen Sohn Rudolf auf den Thron setzen. Dann erst richtete er wieder sein Augenmerk auf die Strafexpedition gegen die rebellischen Wettiner. So hatten Friedrich und Diezmann Zeit gewonnen, um weitere Anhänger um sich zu scharen. Doch seit Wochen schon waren die Belagerten auf der Wartburg ohne Nachricht. Jetzt hing alles davon ab, wie klug Elisabeth die Vorräte einteilte, Goldacker die Disziplin der Burgmannschaft aufrechterhielt und wann Hilfe kam.
    »Er ist sicher schon auf dem Weg hierher«, versuchte sie den Marschall und vor allem sich selbst zu beruhigen. »Ich fühle es.«
     
    Vor der Kammer wartete eine der jungen Mägde auf Elisabeth. Sie wirkte ängstlich und unentschlossen, ihre Hände krallten sich in den Stoff des Leinenkleides. Als sie den Blick der Markgräfin auffing, warf sie sich vor ihr auf die Knie.
    »Hoheit …«
    Angesichts der hochroten und verzweifelten Miene ahnte Elisabeth schon, was sie gleich zu hören bekommen würde, und verbarg nur mit Mühe ihren Zorn. Schließlich konnte die junge Frau nichts dafür.
    »Was ist, Lena?«, fragte sie ungeduldig.
    »Hoheit, … der hohe Herr …«
    Lenas Stimme wurde mit jedem Wort leiser, unter ihren gesenkten Lidern traten Tränen hervor.
    »Hat er dir befohlen, für ihn den Rock zu heben?«, vermutete Elisabeth kühl.
    Beschämt nickte die Magd.
    »Und hast du gehorcht?«
    Erschrocken sah Lena hoch.
    »Aber nein, Hoheit! Deshalb bin ich doch hier. Ich weiß mir nicht ein noch aus … Ich soll heute Nacht zu ihm kommen. Gott befiehlt, dass wir gehorchen … aber ich darf Euch nicht hintergehen … und es ist Sünde!«
    Nun liefen ihr die Tränen über die Wangen, während ihre Hände immer noch das Leinen kneteten, das an dieser Stelle schon ganz zerknittert war.
    Lenas Bestürzung war echt; nur fragte sich Elisabeth, ob diese von der Vorstellung rührte, zu dem alten Mann ins Bett steigen zu müssen, oder ob sie sich vor ihrem Zorn fürchtete. Denn ein Muster an Keuschheit war die Magd – wie die meisten – nicht gerade, auch wenn sie in letzter Zeit nur noch Augen für diesen Freiberger gehabt hatte, der nun mit Friedrich in den Kampf gezogen war.
    »Darin musst du nicht gehorchen«, beruhigte Elisabeth sie. »Geh in die Gesindekammer und sieh zu, dass du dem Landgrafen in den nächsten Tagen nicht unter die Augen kommst.« Sie würde die hübsche Elsa zu ihm schicken, die für ein paar Pfennige sicher nur zu gern unter Albrechts Decke kroch. Dann wäre der alte Narr wenigstens beschäftigt und richtete nicht noch mehr Unheil an.
    Dankesworte stammelnd, knickste Lena und wischte sich die Tränen ab.
    »Und hör gefälligst auf, mit Blicken um dich zu werfen«, ermahnte die Landgräfin die junge Frau. »Sonst wirst du immer wieder neuen Ärger mit den Männern bekommen!«
    Ihr Gemahl war schließlich nicht der Einzige, der fremden Röcken nachstieg, wenn ihn der Hafer stach.
     
    Nachdenklich beobachtete Herrmann von Goldacker die Landgräfin, als diese vor der Kemenate mit einer verheulten Magd sprach. Was sollte er tun, wenn die Woche verstrichen war, ohne dass Hilfe kam, um die Burg zu entsetzen? Aus militärischer Sicht war es nicht nur tollkühn, sondern eher ein Todeskommando, einen Ausfall zu wagen. Doch für diese Frau würde er alles riskieren. Ohne ihre Klugheit und Besonnenheit wäre die Lage unter der Burgbesatzung noch kritischer, als sie ohnehin schon war.
    Disziplin ließ sich mit Gewalt durchsetzen. Die Leute fürchteten ihn, und das war gut so. Mit Nachsicht kam man nicht weit in diesen Zeiten, und da seine alten Kampfgefährten Rudolf von Vargula und Gunther von Schlotheim mit den Jahren ihren Biss eingebüßt hatten, musste er eben hart genug für alle drei sein. Doch die Menschen auf der Burg ängstigten sich schon genug angesichts der Lage. Es war besser, wenn sie freiwillig gehorchten und ihren Beitrag

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