Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
normalisierte.
    Nur wenige gab es noch, die im Verborgenen versuchten, den Bedrängten zu helfen: Conrad Marsilius und Änne, Pater Clemens, der Waffenschmied Heinrich von Frauenstein, Veit Haberberger …
    Im »Schwarzen Ross« war ein unlängst zurückgekehrter alter Kämpfer der Burgmannschaft, den niemand mehr für gefährlich hielt, weil er einen Arm eingebüßt hatte, als Pferdeknecht eingestellt worden. Mit ein paar Gassenjungen und einem gewieften Schmuggler organisierte er insgeheim ein Netz, um diesen oder jenen heimlich aus der Stadt zu schleusen, der in Gefahr geraten war. Ansonsten herrschte Friedhofsruhe in Freiberg.
    Würden nun freundlichere Zeiten für die Silberstadt anbrechen, wie so mancher Bewohner beim Anblick des jungen neuen Vogtes hoffte?
    »Kommt, wir haben genug gesehen«, meinte Conrad Marsilius und lud den Hüttenmeister, den Waffenschmied und Pater Clemens zu einem Trunk in sein Haus. Offiziell, um mit ihnen die Aufnahme seines Sohnes in die Klosterschule zu feiern, wo der Junge Lesen, Schreiben und die lateinische Sprache erlernen sollte, um später einmal eine Ausbildung zum Medicus absolvieren zu können.
    Natürlich war Meister Marsilius stolz auf das Talent des Achtjährigen und sein unerschöpfliches Interesse an allem, was mit Heilen zusammenhing, wenngleich Stolz eine Sünde war. Aber er wollte mit dieser Gesellschaft auch Änne etwas von ihrem Kummer ablenken, der es schwergefallen war, ihren Sohn fortzugeben. Es fühlte sich beklemmend an, wenn er nun mit ihr allein im Haus war. Vor allem jedoch gab es Neuigkeiten, die besprochen werden mussten. Diese drei Männer waren nun fast die Einzigen hier in Freiberg, vor denen er offen reden konnte und die wenigstens insgeheim noch auf die Rückkehr von Markgraf Friedrich warteten. Die anderen hatten die Hoffnung längst aufgegeben.
    Änne schenkte den Gästen Wein ein, dann setzte sie sich ans Fenster, um das Tageslicht für Näharbeiten zu nutzen. Marsilius würde sie zwar nicht hinausschicken, wie andere Ehemänner es täten, um mit ihren Freunden ungehemmt reden und trinken zu können. Schließlich war sie all die Jahre eine Mitverschworene gewesen, während diese vier und ihre Verbündeten heimlich den Widerstand gegen die Besatzer organisierten. Doch sie konnte nicht einfach die Hände in den Schoß legen, wenn so viel Arbeit zu tun war. Außerdem fühlte sie sich wohler, wenn sie sich über die Flickereien beugen konnte. Niemand sollte an ihrem Gesicht erkennen, was wirklich in ihr vorging. Und vorheucheln mochte sie diesen Männern nichts, dafür achtete sie sie zu sehr.
    »Nikol Weighart hat mir eine Nachricht zukommen lassen«, eröffnete Marsilius das Gespräch. Das Haar des alten Arztes war inzwischen schlohweiß geworden, sein Gesicht etwas schmaler, doch in seinem Wesen hatte er sich kaum verändert. Abgesehen davon, dass er mit den Jahren noch knurriger und mürrischer geworden war. Aber das hatte wohl auch mit der Hoffnungslosigkeit in der Stadt zu tun, die ihnen allen zusetzte.
    »Geht es ihm gut?«, erkundigte sich Heinrich von Frauenstein. Der immer noch muskelstrotzende und wegen seiner Erfahrung geschätzte Waffenschmied war froh, wieder von dem einstigen Bürgermeister zu hören. »Zehn Jahre im Exil … und keine Aussicht auf Rückkehr …«
    »Den Gedanken daran kann er nun ganz vergessen«, sagte Marsilius bitter.
    Er legte eine Pause ein, bevor er mit der Hiobsbotschaft herausplatzte: »Fürst Friedrich zieht gerade seine letzten bewaffneten Getreuen aus der Mark Meißen ab.« Erschrocken ließ der Waffenschmied den Becher sinken. Fassungslosigkeit breitete sich auf seiner Miene aus.
    »Er lässt uns also ganz im Stich? Er gibt die Mark Meißen auf?«
    »Der König hat ein Heer aufgestellt und schickt es gegen ihn nach Thüringen. Dafür braucht Friedrich jeden verfügbaren Mann«, berichtete Marsilius, was er wusste.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er diese Konfrontation überlebt«, erklärte der inzwischen fast kahle Schmelzmeister düster. »Wenn der Habsburger das ernst meint, hat Friedrich keine Chance. Dann können wir nur noch ein Gebet für sein Seelenheil sprechen.«
    »Und für das Seelenheil seiner Getreuen«, stimmte der Arzt voll Bitterkeit zu. »Der Hauptmann der Wache und Christian, dieser Rotschopf, der nun schon fast ein erwachsener Mann geworden ist, kamen vor ein paar Tagen nach Rochlitz und haben alle von unseren Leuten mitgenommen, die dort noch zur Burgmannschaft

Weitere Kostenlose Bücher