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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber
Autoren: Sabine Ebert
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erkennen, mit denen sie sich bewaffnet hatten.
    »Macht Platz!«, brüllte Markus, ohne in dem Gewimmel recht gehört zu werden. Doch die Burgbesatzung rückte angesichts der hereinströmenden Verstärkung von sich aus zusammen.
    Ulrich schickte Niklas’ Männer in die Halle und befahl, ihnen zu essen und zu trinken zu geben. Mancher der Neuankömmlinge verzichtete darauf und legte sich lieber gleich in eine Ecke, um nach dem anstrengenden Nachtmarsch wenigstens ein paar Augenblicke schlafen zu können.
    Unter denen, die Brot austeilten, entdeckte der Maltitzer auch den rothaarigen Gassenjungen, den er am Morgen hierhergeschickt hatte.
    Als dieser ihn sah, drückte er rasch die letzten Kanten einem graubärtigen Kämpfer in die Hand, rannte auf den Burgkommandanten zu und warf sich vor ihm auf die Knie.
    »Bitte, Herr, schickt mich nicht wieder in die Küche! Lasst mich kämpfen!«
    Verblüfft starrte Ulrich auf den Burschen, dessen Augen vor Begierde leuchteten, sich nützlich zu machen. Vielleicht war es das erste Mal, dass der Junge mit dem verkrüppelten Fuß nicht wie ein Ausgestoßener behandelt wurde.
    Noch ist es nicht so weit, dass wir auch die Halbwüchsigen auf die Türme oder in die Wehrgänge schicken müssen, dachte er. Aber das kann heute Abend schon anders aussehen.
    »Dein Beitrag am Kampf ist es, dafür zu sorgen, dass die Kämpfer dem Feind nicht mit leerem Bauch entgegentreten müssen«, herrschte er den Jungen an, obwohl ihm dessen Schneid gefiel.
    Als er die Enttäuschung auf dem von Sommersprossen übersätem Gesicht sah, fragte er: »Hast du immer noch keinen Namen?«
    Verblüfft über den Themenwechsel, meinte der Junge: »Die meisten rufen mich Rotfuchs, Herr.«
    »Das ist kein Name für einen Mann.«
    Ulrich winkte Markus zu sich. »Hier ist ein namenloser Mitstreiter. Womöglich noch nicht einmal getauft. Das muss vor dem Kampf unbedingt erledigt werden. So viel Zeit bleibt noch. Dann komm mit ihm zum Peterstor.«
    Für den Rotschopf würde sich schon Verwendung als flinker Bote finden.
    Leicht belustigt trotz seiner Müdigkeit und der angespannten Lage, legte Markus dem Jungen den Arm auf die Schulter. »Dann los. Wir werden dir einen richtigen Heldennamen aussuchen.«
    »Georg, nach dem Drachentöter und Schutzpatron der Ritter«, schlug der Bursche begeistert vor.
    »Das ist vielleicht ein bisschen hoch gegriffen für einen Gassenjungen«, widersprach Markus grinsend. »Wie wäre es mit Siegfried? Hm, der ist zum Schluss durch Weiberrache umgekommen. Auch nicht gut. Was hältst du von Christian?«
    »Das ist doch kein Heldenname!«, hörte Ulrich den Jungen protestieren, als sich die beiden durch das Gewimmel Richtung Kapelle entfernten.
    »Aber ja, hier in Freiberg sogar ein ganz besonderer …«
    Ulrich schickte einen Boten zum Bürgermeister, damit sie gemeinsam das königliche Heer empfangen konnten, und bat Niklas von Haubitz, ihn zum Peterstor zu begleiten.
     
    Wie betäubt stand Änne inmitten der vielen Menschen auf dem Burghof. Sie wusste nicht, bei wem sie sich melden sollte, nachdem Meister Jenzin zu ihrer Überraschung befohlen hatte, sie solle hier auf Weisung des Burgkommandanten dem Feldscher zur Hand gehen.
    »Gnade dir Gott, wenn Klagen über dich kommen«, hatte der Vormund sie angeherrscht. »Sofort, wenn du dort nicht mehr gebraucht wirst – und das wird bald sein, du unnützes Ding! –, kommst du wieder hierher und erledigst deine liegengebliebene Arbeit.«
    All die vielen bis an die Zähne bewaffneten Männer machten ihr Angst. Sie wirkten so grimmig und beschäftigt, dass sie nicht wagte, einen von ihnen zu fragen, wo der Feldscher zu finden sei. In dem Durcheinander konnte sie auch niemanden entdecken, den sie kannte, um sich danach zu erkundigen.
    So stand sie nun frierend im Schnee, nur in dem dünnen Kleid, Holzpantinen und mit dem vielfach geflickten Tuch, das sie um die Schultern geschlungen hatte.
    Fröstelnd trat sie von einem Bein aufs andere, versuchte, die klammen Hände mit ihrem Atem zu wärmen, und zupfte hin und wieder vorsichtig am Rock, der an den blutigen Streifen festklebte. Die kurze Nacht hatte sie auf dem Bauch liegend zugebracht. Doch es war viel zu kalt, um auf eine Zudecke zu verzichten. So musste sie am Morgen ihr Unterkleid von den Wunden losreißen, und die kaum verschorften Striemen begannen erneut zu bluten.
    Sie wurde beiseitegeschubst, jemand herrschte sie an: »Steh hier nicht im Weg rum, Mädchen!«, und sie fühlte sich
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