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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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wie möglich hierherzubringen.
    Clementia nickte grimmig. »Das versteckte Silber haben sie nicht gefunden, als sie das Haus durchwühlten. Das hat sie ganz schön wütend gemacht.«
    Sie verzog das Gesicht zu ihrem altbekannten, inzwischen zahnlosen Grinsen, schlug den Saum ihres Kleides hoch und nestelte zwischen den Falten einen kleinen Beutel hervor.
    »Hier, Ihr werdet es brauchen.«
    Marsilius nahm einen Teil des Silbers aus dem Beutel und gab ihr diesen zurück, eine ganze Pfennigschale voll. »Das behalte als Reserve für dich und den Knecht. Danke für alles! Gott schütze dich!«
    »Gott schütze Euch, Meister!«
    Es fiel der alten Magd sichtlich schwer, zu gehen. Doch andererseits sah sie nun eine Aufgabe vor sich, die keinen Aufschub duldete: dafür zu sorgen, dass Marsilius sein Pferd erhielt. Dem schielenden Schmugglerkönig, dem würde sie schon Beine machen!
     
    Änne blieb lange in St. Marien. Die Beichte erwies sich als schwierige Angelegenheit, auch für Pater Clemens, der die junge Frau weder leichtfertig verurteilen noch leichtfertig freisprechen wollte.
    Und wohin hätte sie auch gehen sollen? Sie hatte keine Bleibe mehr. Sollte sie zurück zu Jenzin? Sollten der Hohn ihres Vormunds und seiner Frau ihre Buße sein? Da konnte sie sich auch gleich als Hure auf der Burg verdingen. Es schien sowieso jeder in der Stadt zu wissen, auf welche Art sie Gnade für ihren Mann erwirkt hatte.
    Der Gedanke an den Burgvogt ließ sie erneut frösteln. Sie fühlte sich von sich selbst angewidert und von dem, was sie alles hatte tun müssen. Zum wiederholten Mal fragte sie sich, ob es für sie leichter gewesen wäre, wenn sie sich hätte wehren dürfen, statt freiwillig seinen widerwärtigsten Anweisungen zu gehorchen.
    Wäre das weniger Sünde?
    Wenn es nach ihrem Herzen ginge, nicht nach ihrem Verstand, würde sie sich sofort nach Leipzig durchschlagen, um sich Markgraf Friedrich und seinen Anhängern anzuschließen. Sicher gäbe es dort etwas Nützliches zu tun für sie mit ihren Erfahrungen bei der Pflege Verwundeter. Und die Menschen, die dort – den Tod vor Augen – ihre Hilfe brauchten, würden sie bestimmt nicht zurückweisen.
    Doch es bestand keinerlei Aussicht, als Frau allein lebend über diese Entfernung durch Kriegsgebiet zu kommen, wo an allen Ecken und Enden gekämpft wurde und kaum ein Ort von den Soldaten des Königs verschont blieb.
    Stattdessen hatte ihr Pater Clemens etwas vorgeschlagen, worauf sie selbst nie gekommen wäre. Dabei schien ihr dies jetzt der einzige logische Ausweg.
    »Ich werde mit der Äbtissin des Büßerinnenklosters sprechen und ein gutes Wort für dich einlegen, meine Tochter«, sagte er.
    Das Kloster. Die Büßerinnen. Die würden sie vielleicht aufnehmen und sie nicht angewidert fortjagen. Dort würde sie ein Dach über dem Kopf haben, dort war sie vor dem Vogt sicher, und dort konnte sie versuchen, vor dem Allmächtigen Vergebung zu finden für die Sünde, die sie auf sich geladen hatte.
    Es war nicht weit von der Marienkirche zum Kloster der reuigen Sünderinnen, nur über den Unteren Markt und dann noch ein paar Schritte.
    Bevor Änne losging, um dort um Aufnahme zu bitten, verharrte sie noch einmal vor dem prachtvollen goldenen Portal von St. Marien und blickte auf das steinerne Bildnis der Heiligen Jungfrau direkt über dem Eingang. Nie zuvor war ihr das Antlitz der Gottesmutter, die dort mit dem Jesuskind auf dem Schoß thronte, so streng und unerbittlich vorgekommen.
    »Maria, Gnadenreiche, erbarme dich meiner«, flüsterte sie.
    Doch nichts rührte sich.
    »Da ist die Hure des Burgvogtes«, johlte hinter ihr eine rauhe Stimme.
    »Wie wär’s, wenn du mir auch die Zeit ein bisschen vertreibst?«, fragte eine zweite Stimme. »Oder nimmst du nur feine Herren?«
    Sie zog den Kopf ein und rannte los, während die beiden Unbekannten laut lachten.
     
    Das Hohngelächter und die Furcht vor den Männern trieb Änne in ihrem panischen Lauf auf den vertrauten Weg zu Marsilius’ Haus. Wie von Hunden gehetzt rannte sie hinein und schlug die Tür hinter sich zu.
    Sie lehnte sich gegen die Wand und versuchte, ihren Atem zu beruhigen und nachzudenken.
    Als Nonne durfte sie keinen persönlichen Besitz haben, und die Dinge im Haus gehörten ohnehin Marsilius, nicht ihr. Aber ihre Kleider durfte sie wohl mitnehmen anstelle einer Klostermitgift, als Spende für Bedürftige.
    Leise wie ein Einbrecher durchschritt sie das Haus, in dem sie mehr als zehn Jahre gelebt hatte.

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