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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Moment gekommen.«
    Sie starrte ihn nur an, ohne einen Gedanken fassen zu können.
    »Ich bin gerade zurück aus Leipzig, hörte, was auf dem Markt los war, und dachte mir, ich schau nach dem Rechten hier für den Fall, dass dir einer übelwill.«
    Es war keine Respektlosigkeit, dass Otto sie so vertraulich anredete. Sie kannten sich noch aus der Zeit, als Adolf von Nassaus Heer Freiberg belagerte und sie mit Sibylla im Prägehaus der Burg Verletzte behandelt hatte. Er war einer von ihnen gewesen. Gleich nach dem ersten Angriff hatten sie ihm einen Arm amputieren müssen.
    Von seinen grauen Kopfhaaren war nun nicht eines mehr übrig, der weiße Bart des Kahlkopfes und sein fehlender Arm ließen ihn dem flüchtigen Beobachter als harmlosen alten Mann erscheinen. Deshalb hatte er auch als fast Einziger von Markus’ Männern vor ein paar Jahren in die Stadt zurückkehren können. Doch der genau gezielte Stich in die Niere, mit dem er den Knecht getötet hatte, bewies, dass er sein Handwerk nicht verlernt hatte.
    »Danke«, sagte sie benommen und legte sich die Hand an die schmerzende Kehle, die sich immer noch wie zugeschnürt anfühlte.
    »Hier, trink, das hilft!«, meinte er aufmunternd, nahm den Krug vom Tisch und goss ihr Wein in den Becher.
    Das ist der Festtagswein für Meister Conrad!, wollte sie protestieren. Dann erst wurde ihr schlagartig bewusst, dass weder Meister Conrad noch sie das Pfingstfest in diesem Haus verbringen würden.
    Der alte Otto sah ihr wohl an, was ihr gerade durch den Kopf ging. »Was wirst du nun tun?«, fragte er und musterte sie mit prüfendem Blick.
    »Ich … Pater Clemens meint … zu den Büßerinnen ins Nonnenkloster«, stammelte sie. »Ich wollte nur mein Bündel holen.«
    Verwundert starrte der Kahle sie an. »Ob die wohl Verwendung für jemanden haben, der mit dem Bratenspieß auf Kerle losgeht?«, fragte er zweifelnd. In seinen Augen funkelte es spöttisch.
    »Was bleibt mir denn sonst?«, fragte Änne zurück und zuckte mit den Schultern. Bis eben noch hatte sie diesen Plan für gut befunden. Jetzt allerdings kamen ihr erhebliche Zweifel.
    »Deshalb bin ich hier«, erklärte er. »Die anderen schicken mich. Wir konnten nichts für Conrad Marsilius tun, wir konnten dir diese Nacht nicht helfen.«
    Die Beschämung darüber stand ihm unverkennbar ins Gesicht geschrieben. »Aber ich will verdammt sein, wenn wir dir jetzt nicht helfen!«
    Änne wartete ohne Hoffung darauf, was er nun sagen würde.
    »Marsilius hat Hilfe, er wird sicher durchkommen. Aber du kannst hier nicht bleiben. So viel steht fest.«
    Der Kahlkopf holte tief Luft und sah sie an. »Ich soll dir einen Vorschlag machen. Wenn du willst, nehmen wir dich mit nach Leipzig, zu Markgraf Friedrich. Es heißt, die große Schlacht gegen das Heer des Königs steht unmittelbar bevor. Wir würden uns alle wohler dabei fühlen, wenn wir wissen, dass du dort hinter der Linie stehst und dich nach dem Kampf um diejenigen von uns kümmerst, die es erwischt hat. So wie früher, auf Freiheitsstein. Du hast das Herz auf dem rechten Fleck, um das zu wagen.«
    Er lächelte ihr aufmunternd zu. »Es wird dort für dich auch nicht gefährlicher als hier. Du hast doch längst darüber nachgedacht, nicht wahr? Ins Kloster gehen kannst du immer noch, wenn das überstanden ist. Aber jetzt erst einmal brauchen wir dich dort. Wir alle, die einst unter dem Kommando unseres Hauptmannes kämpften.«
    Die Ruhe des Klosters? Oder die Schrecken einer Schlacht mit ungewissem Ausgang?
    Änne entschied sich auf der Stelle. Statt ihrer Kleider packte sie alles an Leinenstreifen und Tinkturen zusammen, was sich im Haus noch finden ließ. Und dazu das kleine Messer des Medicus.
     
    Marsilius schaffte es zu Pferd tatsächlich, am nächsten Tag kurz vor Einbruch der Dämmerung Rochlitz zu erreichen.
    Sein Körper schmerzte noch schlimmer als tags zuvor, und wie er in den Sattel gekommen war, hätte er nicht mehr sagen können. Aber wenigstens hatte er das Gefühl, mit seinen Kleidern ein Stück seiner Würde zurückgewonnen zu haben.
    In der Stadt unterhalb der Burg fragte er sich zum Silberschmied durch, weil er wusste, dass Nikol Weighart bei seinem Schwager untergekommen war, der den gleichen Beruf wie er ausübte.
    Nachdem er dem Knecht erst mit einem Rüffel klarmachen musste, dass er trotz seines üblen Aussehens kein Strauchdieb war, fand er die ganze Familie bei der Abendmahlzeit vor.
    Katharina erkannte ihn als Erste – trotz der Blutergüsse,

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