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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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der Teufel seine Gedanken gelesen, krachte der nächste Feuerball auf das Dach der Zainegießerei, wo tagsüber die Silberstreifen gegossen wurden, aus denen in der markgräflichen Münze Pfennige entstanden. Die flammende Kugel zersprang beim Aufprall in mehrere Stücke, das größte wurde gegen das hölzerne Tor der Rüstkammer geschleudert. Wieder rannten ein paar Männer dorthin, um zu verhindern, dass das ausgetrocknete Gebälk Feuer fing.
    Das nächste Steingeschoss fuhr genau in diese Gruppe hinein. Drei Männer blieben reglos liegen, die anderen duckten sich oder rannten weg, um gleich wieder zurückzukehren und die Flammen auszutreten.
    Wir haben die ersten Toten, dachte Ulrich beklommen. Gott sei ihrer Seelen gnädig! Wie viele wird es heute Nacht wohl noch in der Stadt geben?
    Er sah zwei Frauengestalten geduckt über den Burghof hasten, hin zu den Getroffenen, und dann die reglosen Körper in das Gebäude zerren, wo normalerweise die Pfennige geprägt wurden. Trotz der Dunkelheit glaubte er, die Gauklerin zu erkennen, die in der Nacht zuvor vom Anrücken des Heeres berichtet hatte. Dann musste die schmale Gestalt mit dem Kopftuch an ihrer Seite wohl die Tochter des Apothekers sein. Oder dessen Mündel, korrigierte er sich, erstaunt darüber, dass sich die zwei in dieser Situation hinauswagten, um die Männer zu bergen, von denen niemand wissen konnte, ob sie noch lebten.
    Der Feldscher kam aus dem Haus, fuchtelte mit einem Arm herum, um auf sich aufmerksam zu machen, und rief etwas über den Hof. Noch mehr Verletzte wurden ins Prägehaus getragen.
    Und das, dachte Ulrich bitter, ist erst der Anfang.
     
    Erst als der Morgen graute, wurde der Beschuss eingestellt.
    Die Männer auf dem Wehrturm sahen einander an. Was plante der König als Nächstes?
    »Jemand soll sie im Auge behalten und mir sofort Bescheid geben, wenn sich etwas regt«, wies Ulrich von Maltitz den Hauptmann an. Markus, müde und mit eingefallenem Gesicht wie alle anderen, aber immer noch voll grimmiger Entschlossenheit, nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte.
    Ulrich warf einen letzten Blick auf die Stadt, die nicht zur Ruhe kam. Es brannte zwar nirgendwo mehr lichterloh, doch von mehreren Stellen stiegen weiße Rauchsäulen auf. In den Reihen der eng aneinanderliegenden Dächer klafften Lücken. Mindestens drei Dutzend Häuser hatten nur noch verkohlte oder eingerissene Balken statt Schindeln oder Stroh. Überall sah er Menschen als dunkle Punkte durch die verschneiten Gassen hetzen.
    Er gab Befehl, dass die Hälfte der Bewaffneten ihren Posten verlassen sollte, um sich zu essen und zu trinken geben zu lassen und – falls möglich – zu schlafen; Markus, Reinhard und Niklas von Haubitz mit seinen Männern zuerst, denn die hatten bereits die zweite schlaflose Nacht hinter sich.
    Unten kam ihm Hildegard, die Witwe des früheren Burgvogts, entgegen. Wortlos reichte sie ihm einen Krug Bier als Erfrischung. Trotz der Kälte war er wie ausgedörrt und trank.
    »Schickt die Männer zum Essen in die Halle. Ich hab die Mägde Hirsebrei kochen lassen. Schlafen konnte sowieso keiner angesichts dieser Teufelei«, sagte sie und bekreuzigte sich hastig.
    Beeindruckt von ihrer Tüchtigkeit, sah er sie genauer an. Bisher hatte er nur ihre Trauer wahrgenommen, doch nun erkannte er, dass sie durchaus gewohnt und fähig war, das Burggesinde auch in Notzeiten anzuleiten.
    »Habt Dank für Eure Tüchtigkeit«, sagte er anerkennend.
    Sie zuckte nur mit den Schultern. »Jeder tut, was er muss«, antwortete sie, nahm ihm den leeren Krug ab und ging zur Halle.
     
    Der Burghof war voller Steinsplitter, eine halbe Wand des Backhauses eingestürzt und – was wirklich übel war – die Schmiede zertrümmert. Gotteslästerlich fluchend, klaubte der Schmied zusammen, was von seinem Werkzeug noch zu retten war. Ulrich befahl einem halben Dutzend Männer, ihm zu helfen und dafür zu sorgen, dass er so schnell wie möglich seine Arbeit wiederaufnehmen konnte. Waffen mussten geschärft und Schäden an den Rüstungen ausgebessert werden.
    Dafür sah er erleichtert, dass der Brunnen nach wie vor zu funktionieren schien. Eine Magd zog gerade den zweiten Eimer Wasser hoch. Um sicherzugehen, warf er einen Blick in den Schacht und erblickte als dunkel glänzendes Rund den Wasserspiegel.
    Dann lenkte er seine Schritte zum Prägehaus, dem notdürftig eingerichteten Lazarett für die Burgbesatzung, weil in der Halle kein Platz mehr dafür war.
    Die beiden Frauen, die

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