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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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durch die kleine Pforte gekommen. Und er dachte nicht im Traum daran, zu Fuß mit jemandem zu verhandeln, der zu Pferde saß – in solch eine demütigende Position wollte er sich nicht begeben. Also standen sie hier und schrien sich gegenseitig an.
    »Der König bietet Freiberg Reichsfreiheit an, wenn es kapituliert«, verkündete der Marschall lautstark. »Die Stadt ist dann nur noch ihm unterstellt. Widersetzt ihr euch, wird Freiberg niedergebrannt. Und für jeden Tag, den ihr zögert, verlangt er hundert Mark Silber als Buße. Ihr habt so lange Bedenkzeit, wie ich brauche, um einmal um die Stadt zu reiten und eure lädierten Mauern in Augenschein zu nehmen.«
    Der Marschall lachte. »Dabei suchen wir die Stelle aus, an der wir durchbrechen. Dann gnade euch Gott!«
    Er stieß die Faust drohend in die Luft, lachte erneut und wendete sein Pferd. »Überlegt gut. Und schnell. Ich bin bald zurück!«, rief er noch, ehe er seinem Hengst die Sporen gab und davonritt, gefolgt von seinen Begleitern.
    Ulrich von Maltitz drehte sich zum Bürgermeister um, der von fünf Ratsherren umgeben war.
    »Uns bleibt keine Zeit, das in aller Ruhe im Rat zu erörtern. Wie groß sind die Schäden?«
    »Die Mauer hält stand, auch an den Toren. Ausreichend Männer sind schon dabei, die Schäden auszubessern und das Mauerwerk zu verstärken, wo es beschädigt ist«, berichtete der Silberschmied. »Halten Eure Männer stand?«
    »Ja«, erklärte Ulrich, ruhig und fest. »Tausend Bewaffnete – Ritter, Wachen, Reisige und Stadtbürger – sind die ganze Mauer entlang verteilt, um die Angreifer in Empfang zu nehmen. Noch einmal dreihundert sichern die Burg als letzte Zuflucht außer den Kirchen, sollte die Mauer brechen.«
    »Sie wird nicht brechen«, versicherte Nikol Weighart. »Dafür steht die Bürgerschaft.« Er sah nacheinander zu den fünf Ratsherren neben sich, die zustimmend nickten.
    »Und Ihr wollt nicht über das Angebot des Königs nachdenken?«, vergewisserte sich Ulrich.
    »Wir haben heute Nacht gesehen, wie sehr wir dem Wort des Königs trauen können«, erklärte Nikol bitter. »Solange wir noch hoffen können, dass der Markgraf und sein Bruder unserer Stadt zu Hilfe kommen, vertrauen wir lieber ihm.«
    »Ich will Euch nicht belügen. Wir sollten nicht zu sehr darauf hoffen, dass sich Diezmann an die Seite seines Bruders und damit gegen den König stellt«, erklärte Ulrich unumwunden.
    Der Bürgermeister wirkte wenig überrascht von diesem Eingeständnis. »Ich weiß. Und selbst falls Fürst Diezmann Truppen schickt, wird es Tage oder gar Wochen dauern, bis sie hier sind. Aber ohne Erlaubnis des Markgrafen darf ich dem König die Stadt nicht übergeben.«
    Niemand von den Ratsherren widersprach.
    »Dann mit Gott!«
    »Ja. Gott schütze und segne Euch und Eure Männer.«
    Schweigen senkte sich über die Runde. Unwillkürlich hielt jeder Ausschau, wann der Beauftragte des Königs wieder in Sichtweite kam.
    Ulrich wandte sich dem hageren, schwarzgekleideten Apotheker zu. »Meister Jenzin, auf ein Wort!«
    Der so Angesprochene fuhr wie ertappt zusammen.
    Entweder er fürchtet, ich beschwere mich über das Mädchen, oder – und das scheint mir wahrscheinlicher – er argwöhnt, ich fordere einen weiteren Gefallen von ihm, dachte Ulrich.
    »Euer Mündel ist uns eine große Hilfe auf der Burg. Könnt Ihr uns und dem Stadtphysicus Nachschub an Arzneien zukommen lassen?«
    Angesichts von Jenzins Zögern fügte er hinzu: »Ihr werdet selbstverständlich dafür bezahlt. Nicht wahr, Meister Nikol?«
    Der Bürgermeister nickte zustimmend. Sie waren in einer Notlage, und die Verwundeten mussten versorgt werden, da feilschte man nicht um Geld.
    »Ich schicke Euch jemanden, der Bescheid gibt, was wir benötigen.«
    »Selbstverständlich«, bequemte sich Jenzin endlich zu einer Antwort. Er wirkte unentschlossen, fast furchtsam. Ulrich spürte, wie seine Verachtung für den Salbenkocher wuchs.
    »Da!« Dittrich Beschorne, der Rechtsgelehrte, zeigte auf die sechs dunklen Punkte, die sich von Norden her rasch näherten.
    »Ich denke, wir können darauf verzichten, uns noch einmal von diesem Mann verhöhnen zu lassen«, erklärte der Bürgermeister, machte demonstrativ kehrt und stieg die schmale Steintreppe hinab.
    Das ist mutig, dachte Ulrich beeindruckt und folgte ihm.
    Doch hinter sich hörte er eine Stimme wispern: »Ob das klug war? Wir hätten um mehr Zeit verhandeln müssen.«
    »Die wäre uns nicht gewährt worden«, entgegnete

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