Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
Durchlass ist wirklich zu schmal, da kommen unsere Leute nicht durch, Herr«, brummte einer von ihnen. »Wir haben gleich nachgeschaut.«
    »Dann verbreitert ihn!«, schnauzte der Bannerführer. »Haben wir nicht genug Männer, um ein lächerliches Loch in den Boden zu graben?«
    »Da ist Fels, Herr, Freiberger Gneis! Ihr bräuchtet Monate!«, rief Hans.
    »Der Gedanke an das hier« – der Befehlshaber schlug mit dem Fingerknöchel auf die Silberbarren, die auf seinem Schoß lagen – »wird meinen Männern die nötige Kraft und Ausdauer verleihen. Ihr geht und kümmert euch um dieses Loch!«, befahl er den Söldnern. »Und den da schafft mir aus den Augen. Aber lasst ihn gut bewachen.«
    Während Hans hochgezerrt und nach draußen gestoßen wurde, atmete er auf. Vorerst war er davongekommen.
     
    Jenzins Neffen schien es, als ob die Zeit überhaupt nicht verging. Die Königlichen hatten sich einen Spaß daraus gemacht, ihn wie einen Hund mit einem Strick um den Hals an eine Koppel zu binden, so dass er nun in verrenkter Haltung im Schnee knien musste, wenn er sich nicht selbst erwürgen wollte. Er zitterte vor Kälte, seine Zähne schlugen klappernd aufeinander.
    Wehmütig sehnte er sich nach dem Kohlebecken im Zelt des Hellbärtigen zurück, das wohlige Wärme ausgestrahlt hatte.
    Der Schnee fiel inzwischen spärlicher. So konnte er zum ersten Mal seit Beginn der Belagerung die Stadt von außen betrachten.
    Von hier aus erschien ihm die Stadtmauer gar nicht mehr so stark. An vielen Stellen war sie getroffen und beschädigt.
    Von seinem Platz aus konnte er genau beobachten, wie ein Teil der Belagerer erneut gegen die Mauern stürmte. Doch die Angreifer schienen Mühe zu haben, mit den Sturmleitern und unter vollen Waffen im frisch gefallenen Schnee den steilen Wall zu erklimmen. Immer wieder rutschten sie zurück in den Graben, was sie aus dieser Entfernung wie zappelnde schwarze Käfer oder Ameisen wirken ließ.
    Mit mürrischen Gesichtern und allerhand Werkzeug über den Schultern zog währenddessen ein Dutzend Männer zu dem Durchschlupf, den Hans entdeckt hatte.
    Aus der Ferne konnte er beobachten, wie sie den Schnee beiseite schaufelten und versuchten, den Eingang zu verbreitern.
    Wenngleich er kein Bergmann war und bisher nur Kräutermesser, Waagen und Pistille in den Händen gehabt hatte statt Eisen und Schlägel – er kam aus einer Stadt, wo sich fast alles um den Bergbau drehte, und so war ihm klar, dass die Männer dort mit Äxten nichts bewirken würden.
    Richtig, bald kam schon einer von ihnen zurück und verschwand mit mürrischer Miene in dem Zelt mit dem rot-weißen Banner.
    Wenig später kam er wieder heraus, löste den Strick von dem Balken, mit dem Hans an die Koppel gebunden war, zerrte ihn so heftig hinter sich her, dass er den Apothekergesellen beinahe erdrosselte, und stieß ihn im Zelt dem Anführer vor die Knie.
    Dieser sah mit furchterregender Miene auf den Jungen, der krampfhaft nach Luft schnappte und versuchte, mit beiden Händen den Strick um seinen Hals zu lockern.
    »Beweise mir auf der Stelle, dass du uns nützen kannst, oder ich lasse dich abstechen, Bursche!«, raunzte er und funkelte Hans böse mit seinen hellblauen Augen an.
    »Mein Oheim ist Ratsherr, er wird Lösegeld zahlen!«, brachte Hans hastig hervor. »Er hat auch von Anfang an dafür gestimmt, dem König die Schlüssel zu übergeben. Ich schwör’s! Der Stadtphysicus und noch ein paar haben es verhindert.«
    »Das Geld der reichen Pfeffersäcke holen wir uns in ein paar Tagen sowieso!« Der Bannerführer lachte abfällig.
    »Wenn sein Oheim Ratsherr ist, sollten wir vielleicht seinen Kopf über die Mauer schießen, als Gruß und Botschaft, damit der aufsässige Rat endlich zur richtigen Entscheidung findet«, schlug nun einer der Ritter vor, die hinter dem Bannerführer standen, ein hochgewachsener Kerl, unter dessen Kettenhaube dunkle Strähnen hervorlugten.
    Der Ritter trat auf Hans zu und zog sein Schwert.
    Der junge Bursche erschrak sich fast zu Tode. Sie würden ihn umbringen, jetzt gleich!
    »Nein, Herr, nein! Ich sage Euch alles, was Ihr wissen müsst, um in die Stadt zu kommen! Es gibt einen Weg!«, schrie er.
    Nun sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus.
    Er erzählte, was er zuvor noch mit einem letzten Anflug von Gewissen für sich behalten hatte, alles, was er wusste und heimlich erlauscht hatte: Namen und Pläne und wer die entschlossensten Verteidiger der Stadt waren. Dass die Bürgerschaft in

Weitere Kostenlose Bücher