Blut vergisst nicht: 13. Fall mit Tempe Brennan
ist ein Wiedergeborener«, sagte Ryan. »Hat vor, Jesuit zu werden.«
»Ich weiß, was passiert ist.« Ich war so aufgedreht, dass mir Langs Frustration ziemlich egal war. »Spider. Xander. Lapasa. Ich brauchte nur ein paar medizinische Informationen.«
»Achtung, Vorlesung«, flüsterte Ryan Lang und Cotton zu.
»Ich fasse mich kurz.« Vor Enthusiasmus konnte ich ihm die Spitze nicht übel nehmen.
»Und verständlich.«
»Ja, ja. Kein Fachchinesisch.«
Einmal tief durchatmen.
»2002 beantragte in Großbritannien eine schwangere Frau namens Lydia Fairchild Sozialhilfe. Zusätzlich zu ihrem ungeborenen Baby hatte sie zwei Kinder von einem Mann namens Jamie Townsend. Im Zuge des Antrags musste Fairchild einen DNS-Beweis liefern, dass Townsend tatsächlich der Vater war. Die Ergebnisse zeigten, dass er es war, deuteten aber auch daraufhin, dass sie nicht die Mutter war.«
»Pech«, sagte Ryan.
»Fürwahr. Fairchild wurde des Betrugs angeklagt, und ihre Kinder kamen ins Heim. Ein Richter ordnete an, dass ein Zeuge bei ihrer Entbindung anwesend sein müsse und dass Fairchild und dem Baby Blutproben entnommen werden müssten. Die DNS deutete darauf hin, dass sie auch nicht die Mutter dieses Kindes sein könne, obwohl es eine Geburt vor Zeugen gewesen war. Der Durchbruch kam, als Anwälte einen ähnlichen Fall in Boston aufspürten.«
»Man muss Gott auch für Verteidiger danken«, sagte Lang, der König des Sarkasmus.
»Tatsächlich war es der Staatsanwalt.« Ich lächelte Cotton an. »1998 brauchte eine Frau namens Karen Keegan eine Nierentransplantation. Ihre erwachsenen Söhne wurden auf ihre Tauglichkeit als Spender getestet. Zwei von dreien zeigten nicht die DNS-Übereinstimmung, die man bei biologischen Kindern erwarten würde. Differenzierte Untersuchungen zeigten, dass Keegan eine Chimäre war, eine Mischung aus zwei separaten Zelllinien mit zwei separaten Chromosomensätzen.«
»Wie haben sie denn das herausgefunden?«
»Keegan wurden noch einmal Gewebeproben entnommen, die andere DNS-Sequenzierungen zeigten als die ursprüngliche. Der gegen Fairchild ermittelnde Staatsanwalt schlug diese Möglichkeit ihren Verteidigern vor, und daraufhin wurden von Mitgliedern ihrer erweiterten Familie Proben gesammelt. Die DNS von Fairchilds Kindern entsprach denen ihrer Mutter in dem Ausmaß, wie man es bei einer Großmutter erwarten würde.«
»Was beweist, dass sie wirklich die Mutter war.« Cotton schaute verwirrt drein.
»Weitere Tests zeigten, dass DNS von Fairchilds Haut und Haaren zwar nicht zu der ihrer Kinder passte, DNS aus einem Gebärmutterhalsabstrich aber anders war und zu ihnen passte.«
»Fairchild trug zwei verschiedene Genstränge in sich.« Ryan vereinfachte, aber grundsätzlich hatte er recht.
»Ja.«
»Und darum geht's bei diesen Chimären?« Lang.
»Ja.« Ich warf einen Blick auf meine Notizen.
»Und jetzt erzählt sie uns die ganze Geschichte«, warnte Ryan die anderen beiden.
»Bei Menschen findet man zwei Typen von Chimären. Beim Mikrochimärismus hat nur ein geringer Teil des Körpers eine andere Zelllinie. Normalerweise entsteht das dadurch, dass es fremden Zellen gelungen ist, sich innerhalb eines Wirts zu stabilisieren.«
»Fremde?«, fragte Cotton.
»Das könnten Zellen sein, die einem mütterlich-fötalen Austausch während der Schwangerschaft entstammen. Zum Beispiel kann der Fötus seine Stamm- oder Vorläuferzellen über die Plazenta an die Mutter weitergeben. Da sie undifferenziert sind, können diese Zellen im System der Mutter überleben und sich vermehren. Auf dieselbe Art können mütterliche Stammzellen auf den Fötus übertragen werden.«
Da niemand etwas sagte, machte ich weiter.
»Mikrochimärismus kann auch zwischen Zwillingen auftreten. Tatsächlich ist die häufigste Form einer menschlichen Chimäre eine sogenannte Blutchimäre. Die entsteht, wenn zweieiige Zwillinge sich einen Teil derselben Plazenta teilen. Blut wird ausgetauscht und nistet sich im Knochenmark ein. Die beiden Zwillinge sind genetisch verschieden bis auf ihr Blut, das zwei unterschiedliche Gensätze, vielleicht sogar zwei unterschiedliche Blutgruppen hat.«
»Wie verbreitet ist das?« Ryan.
»Man schätzt, dass bis zu acht Prozent der zweieiigen Zwillinge Blutchimären sind.« Ich überlegte einen Augenblick. »Dinge wie Bluttransfusionen oder Organtransplantationen können in einem Empfänger ebenfalls Mikrochimärismus hervorrufen.«
»Und das ist bei den beiden Damen passiert, von
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