Blut vergisst nicht: 13. Fall mit Tempe Brennan
Lang zu Ryan. »Die Kleine ist gut.«
»Hab ich doch gesagt.«
»Was ich damit sagen will: Kann sein, dass Reggie mich für weniger bedrohlich hält als Sie.«
»Ich habe eine Marke«, sagte Lang. »Und eine Waffe«, fügte Ryan hinzu.
»Und ich trage dieses Hemd.« Lang zupfte an dem Aloha-Kunstwerk, das er an diesem Tag trug.
»Ihr beide seid ja echt lustig«, sagte ich. »Aber Cumbo wurde Immunität gewährt. Im Augenblick kann er gehen, wann er will. Ich kann ihm aus dem JPAC-Blickwinkel kommen. Er behauptet, er will mit reinem Gewissen sterben. Damit kann ich arbeiten, kann über Plato reden und darüber, dass Spider ein angemessenes Begräbnis verdient hat.«
»Sie sind sich mit dieser Chimärengeschichte ganz sicher?«
»Um absolute Gewissheit zu haben, brauche ich mehr von Harriets DNS. Aber im Augenblick ist es die einzige Theorie, die einen Sinn ergibt.«
Lang schaute Cotton an.
»Ich habe Atoa verloren. Ich möchte diesem Kerl gerne was anhängen.«
»Ich wüsste nicht, was dagegen spricht«, sagte sie. »Er wurde über seine Rechte aufgeklärt. Er hat seinen Anwalt bei sich. Die Army hat ein gerechtfertigtes Interesse. Dr. Brennan ist bei dieser Spider-Sache ihre Vertreterin.«
Lang zögerte.
Seufzte.
»Was soll's.«
Ich ging auf die Tür zu. »Und Doc«, sagte Lang.
Die Hand bereits auf dem Türknauf, drehte ich mich um. »Knallen Sie ihm alles vor den Latz, was Sie haben.«
38
Cumbo hob den Blick nicht, als ich das Zimmer betrat.
Schoon und Epstein hingegen schon. Die Anwälte schauten schweigend zu, wie ich zum Tisch ging.
Aus der Nähe sah ich, dass Cumbo stark schwitzte. Der Kragen seines Kapuzenshirts war nass von dem Schweiß, der ihm aus Gesicht und Hals quoll. Unter den Augen hingen fleischige, fast violette Halbmonde. Seine Haut war graubraun.
»Ich bin Dr. Temperance Brennan.« Ich setzte mich an den Tisch.
»Doktor?«
Epstein schaute von mir zu Schoon.
»Die Stellvertretende Bezirksstaatsanwältin hat vorgeschlagen, dass ich an dieser Befragung teilnehme.«
»Doktor?«, wiederholte Epstein. »Ich bin forensische Anthropologin.«
»Ich sehe die Relevanz nicht.«
»Ich arbeite für das JPAC.« Ich sprach nun direkt zu Cumbo. »Joint POW/MIA Accounting Command. Sie haben davon vielleicht schon einmal gehört?«
Cumbo hob weder den Kopf, noch reagierte er auf meine Frage.
»Aufgabe des JPAC ist es, amerikanische Kriegstote aufzuspüren und sie nach Hause zu bringen. Und die Leute dort machen das sehr gut.«
Epstein wollte etwas einwenden. Ich beachtete ihn nicht.
»Ich bearbeite den Fall eines Soldaten, der in Vietnam getötet und schließlich in seinem Heimatstaat North Carolina bestattet wurde.«
Nichts.
»Die Familie und die Freunde des Soldaten nannten ihn Spider.«
Die Tränensäcke zogen sich ganz leicht zusammen.
»Vor Kurzem ist etwas Merkwürdiges passiert. In Kanada starb ein Mann. Die Fingerabdrücke identifizierten den Mann als Spider. Aber Spider lag in einem Grab in Lumberton, North Carolina.«
Cumbo fing an, seine Daumennägel zu bearbeiten. Mir fiel auf, dass sie gelblich und gefurcht waren.
»Wie Sie sich vorstellen können, sorgte die Situation für beträchtliche Verwirrung. Die Army hasst Verwirrung. Man leitete deshalb eine Ermittlung ein, um herauszufinden, wie ein Mann an zwei Orten gleichzeitig tot sein konnte.«
Ich hielt kurz inne, um die Wirkung zu steigern.
»Aber ich denke, Sie wissen Bescheid.«
»Das ist doch lächerlich«, sagte Epstein.
Wieder ignorierte ich ihn.
»Spiders wirklicher Name war John Charles Lowery.«
Epstein und Schoon schauten beide überrascht. Epstein bedauerte es. Zwang sich zu einer neutralen Miene.
»Aber Sie behaupten, John Charles Lowery zu sein. Sie sagten, Sie hätten vor vierzig Jahren in Long Binh Xander Lapasa getötet und seine Identität angenommen.«
Ich stützte die Unterarme auf den Tisch und beugte mich vor.
»Aber John Charles Lowery ging nie nach Vietnam. Oder, Reggie?«
Cumbo wich meinem Blick noch immer aus.
»Sie erinnern sich doch an Spider. Sie waren Cousins. Sie gingen miteinander zur Schule. Spielten zusammen Baseball. Waren nicht Sie es, der Spider ermutigte, zur Mannschaft zu gehen?«
Cumbos Daumennägel klapperten hektisch auf der Tischplatte.
»Wollen Sie wissen, wie Spider starb? Er band sich einen Stein an den Knöchel und ertränkte sich. Seine Leiche liegt in einer Leichenhalle in Montreal. Auf dem Etikett an seinem Zeh steht Mister X.«
Ein wenig großzügig mit
Weitere Kostenlose Bücher