Blut vergisst nicht: 13. Fall mit Tempe Brennan
Richtung.
»Natürlich«, sagte ich so staubtrocken wie der alte Mann.
Guipone war entweder zu jung oder zu dumm, um zu erkennen, dass man einen Witz auf seine Kosten gemacht hatte.
»Nun gut.« Wieder dieses an mich gerichtete, zahnschiefe Lächeln. »Wie geht's jetzt weiter?«
»Heute Morgen habe ich anhand der Friedhofsakten und der Grabmarkierung festgestellt, dass dies hier tatsächlich die John Lowery zugewiesene Grabstätte ist.« Ich deutete auf das offene Grab. »Jetzt werde ich, in Anwesenheit des Coroners, den Sarg öffnen, den Zustand der Überreste dokumentieren und die Leiche in einem Transportbehälter versiegeln. Sobald die Army mit ihren Vorbereitungen fertig ist, werden die Überreste ins JPAC geflogen.«
»Mein Sohn ist als Held gestorben.« Angespannt. »Ja, Sir. Natürlich, Sir. Wir werden dieser Sache auf den Grund gehen.«
Lowery drehte Guipone den Rücken zu und sprach mich direkt an. »Ich will ihn sehen.«
»Ich halte das nicht für eine gute Idee.« So sanft, wie ich konnte.
Die Ebenholzaugen bohrten sich in meine. Sekunden vergingen. Dann: »Woher soll ich wissen, dass mein Sohn mit dem Respekt behandelt wird, den er verdient?«
Ich legte dem alten Mann eine Hand auf die Schulter.
»Mein Ehemann war ein Marine, Mr. Lowery. Ich bin eine Mutter. Ich verstehe das Opfer, das der Mann in diesem Sarg gebracht hat. Und alle gebracht haben, die ihn liebten.«
Lowery drehte das Gesicht der Sonne zu und schloss die Augen. Dann senkte er den Kopf, drehte sich um und ging davon.
Medical Examiner werden ernannt. Die meisten sind Arzte, vorzugsweise Pathologen, im Idealfall staatlich geprüfte forensische Pathologen.
Coroner werden gewählt. Die Kandidaten können Mechaniker, Lehrer oder arbeitslose Stripperinnen sein. Die meisten sind Leichenbestatter oder Betreiber von Bestattungsunternehmen.
1965 erließ die North Carolina General Assembly ein Gesetz, nach dem es jedem County gestattet ist, das Amt des Coroners abzuschaffen und Arzte zu ernennen, um die Todesfälle innerhalb seiner Grenzen zu untersuchen.
Heute hat North Carolina ein zentralisiertes Todesermittlungssystem. Medical Examiner eines Countys werden für eine Frist von drei Jahren vom Chief Medical Examiner in Chapel Hill ernannt.
Klingt fortschrittlich? Tatsächlich läuft das alles doch nicht so rund.
In Countys, in denen es keine zu dieser Aufgabe bereiten oder fähigen Arzte gibt, dienen noch immer Nichtmediziner, manchmal geprüfte Krankenschwestern oder Pfleger in dieser Funktion. Sie werden jetzt nicht mehr Coroner genannt, sondern »Acting Medical Examiner«, also geschäftsführende MEs.
Und lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen. Auf seiner Webseite beschreibt das North Carolina Medical Examiner System sich selbst als Netzwerk von Ärzten, die ihre Zeit, ihre Energie und ihr medizinisches Fachwissen freiwillig zur Verfügung stellen.
Da muss man zwischen den Zeilen lesen. Ob Arzt oder Hundeausführer, in North Carolina erhalten die Medical Examiner keinen Cent.
Der Acting Medical Examiner des Robeson County war Silas Sugarman, Besitzer und Betreiber von Lumbertons ältestem Bestattungsunternehmen. Bereits zuvor war vereinbart worden, dass man den Sarg nach der Exhumierung in Sugarmans Institut bringen würde.
Ich war in meinem eigenen Auto von Charlotte nach Lumberton gefahren und schon aufgebrochen, als die ersten Tentakel der Morgendämmerung die Queen City wach kitzelten. Obwohl präzises Timing erforderlich war, schaffte ich es, Guipone abzuschütteln und den Friedhof alleine zu verlassen.
Es war nicht nur so, dass ich den Lieutenant als lästig empfand. Ich hatte einen Plan.
Im Lauf der Jahre war ich unzählige Male von Charlotte zu den Stränden von South Carolina gefahren. Zu dem Schleichweg, den ich bevorzuge, gehört ein langes Stück auf dem Highway 74, und das bringt mich nahe genug an Lumberton heran, um einen Abstecher in ein Grillrestaurant machen zu können. Das war an diesem Tag mein Ziel. Da ich bereits in Lumberton war, erschien es mir durchaus angebracht, mir eine der gegrillten Köstlichkeiten einzuverleiben.
Ich fuhr direkt zu Fuller's Old Fashioned Barbecue. Das war ein kleiner Umweg, aber ich musste erst um vierzehn Uhr im Bestattungsinstitut sein. Und mein Magen schrie vor Hunger.
Um Viertel nach eins waren die meisten der Lunchgäste bereits wieder gegangen. Ich ignorierte das Buffet und bestellte mein übliches Menü. Gegrilltes Schweinefleisch, Krautsalat, Pommes und
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