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Blut vergisst nicht: 13. Fall mit Tempe Brennan

Blut vergisst nicht: 13. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Blut vergisst nicht: 13. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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zurück.
    Ryan und ich sahen ihn verständnislos an.
    »Zivilisten.« Danny schüttelte spöttisch herablassend den Kopf.
    »Du bist auch Zivilist«, gab ich zu bedenken.
    »Okay.« Er hob entschuldigend die Hände. »Langsam und einfach. Als Erstes habe ich mir eine topografische Karte besorgt und die Gitterkoordinaten für Lowerys Huey-Absturz herausgefunden. Bis hierher alles klar?«
    Ryan und ich nickten.
    »Dann ließ ich einen J-2-Analysten recherchieren, wie viele Soldaten innerhalb eines Fünfzehn-Kilometer-Radius um die Koordinaten herum als vermisst gemeldet wurden — ob auf dem Boden, in der Luft, über Wasser, was auch immer. Als Nächstes ließ ich ihn das Ergebnis einschränken auf Verluste zwischen dem 23. Januar 1967 und dem 17. August 1968.«
    »Von einem Jahr vor dem Huey-Absturz bis zu dem Datum, als 1968-979 gefunden wurde«, sagte ich, um Ryan die Zeitspanne zu erklären.
    »Okay.« Danny griff nach einem Stapel Akten auf dem Sofa. »Das sind diejenigen, die immer noch KIA/BNR sind.«
    Ryan schaute mich fragend an.
    »Killed in action, body not recovered«, sagte ich. Im Einsatz getötet. Leiche nicht gefunden.
    Dann fragte ich Danny: »Wie viele?«
    »Achtzehn«, sagte Danny. »Ich habe mir die Akten eben aushändigen lassen.«
    »Am Telefon hast du gesagt, du hättest neue Infos über 1968-979.«
    »Als die verwesten Überreste, die jetzt die Bezeichnung 1968-979 tragen, 68 nach Tan Son Nhut kamen, fand das Leichenhallenpersonal John Lowerys Hundemarke in dem Leichensack. Aber Lowery war bereits Monate zuvor identifiziert und in die Staaten geschickt worden.«
    »Die verbrannte Leiche, die in dem Grab in North Carolina landete«, sagte Ryan.
    »Ja«, sagte ich. »Jetzt exhumiert und mit der neuen Fallnummer 2010-37 versehen.«
    »Da die verwesten Überreste, also 1968-979, nach Meinung des militärischen Personals nicht Lowery sein konnten und sie zu niemandem passten, der in diesem Sektor als MIA gemeldet wurde, blieben sie als Unbekannter bis 1973 in Tan Son Nhut. Dann kamen sie zum CIL. 1976 kamen sie nach Hawaii. Seitdem liegen sie auf unseren Regalen.«
    Ein Grinsen kroch über Dannys Lippen.
    »Was?«, fragte ich ungeduldig.
    »Bis auf eine kurze Auszeit. Noch in Tan Son Nhut wurden Haar- und Gewebeproben genommen und in Gläsern versiegelt. 2001 wurden, wegen Ähnlichkeiten mit anderen Fällen, die zu der Zeit offen waren, diese Proben einem DNS-Test unterzogen.«
    »Nuklear oder mitochondrisch?«, fragte ich.
    »Die gute alte nukleare.« Dannys Grinsen wurde noch breiter. »Das Profil von 1968-979 ist in den Akten. Jetzt brauchen wir nur noch einen Verwandten für einen Vergleich.«
    Ich schaute die Ordner an. Vier Jahrzehnte. Gab es irgendwo da draußen eine Familie, die noch immer hoffte? Oder hatten alle längst aufgegeben und ihr eigenes Leben weitergeführt?
    »Gehen wir's an«, sagte ich.
     
    Nach einer kurzen Einführung wurde Ryan sehr schnell zum Aktenexperten. Zwei Stunden nach dem Mittagessen fand er den perfekten Kandidaten.
    Alexander Emanuel Lapasa. Xander für Familie und Freunde.
    Lapasas Akte war die dünnste des ganzen Stapels.
    Warum? Lapasa hatte nicht einen Tag in der Armee gedient.
    Aber alles passte.
    Alexander Emanuel Lapasa war ein neunundzwanzigjähriger Weißer mit einer Größe von eins dreiundachtzig und einem Gewicht von knapp hundert Kilo. Lapasas Mutter meldete ihn im März 68 als vermisst, zwei Monate nach seinem letzten Brief aus Vietnam, die sonst allwöchentlich gekommen waren.
    Ryan gab Danny ein Foto. Er gab es an mich weiter.
    Der Schnappschuss zeigte einen großen jungen Mann von der Taille aufwärts. Die lockigen, dunklen Haare hatte er hinter seine abstehenden Ohren gesteckt. Ein breites Lächeln zeigte gerade, weiße Zähne.
    Lapasa trug ein gestreiftes Hemd, die obersten Knöpfe offen, einen Rucksack über der einen Schulter. Die Ellbogen waren abgestreckt, die Hände in die Taille gestemmt.
    »Sieht aus, als liege ihm die Welt zu Füßen«, sagte Ryan.
    »Oder als glaubte er, dass sie es bald tun wird«, sagte Danny.
    Ich gab das Foto zurück, und Danny betrachtete es noch einen Augenblick.
    »Sieht aus wie Joseph Perrino«, sagte er. »Wer?«, fragten Ryan und ich.
    »Der Schauspieler? Ist ab und zu bei den Sopranos aufgetreten? Egal.«
    »Ich dachte, in den Sechzigern kamen keine Zivilisten nach Vietnam«, sagte Ryan.
    »Doch«, sagte Danny. »Zivile Angestellte des Postdienstes der Armee, Sanitätshelfer, Missionare, Journalisten.

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