Blut vergisst nicht: 13. Fall mit Tempe Brennan
löste mich aus der Umarmung meiner Tochter. Niemand lachte. »Was gibt's zum Abendessen?«
»Du hast gesagt, das wäre nur ein kleiner Stoßstangenkuss gewesen.« Katys Ton war streng. »Reiner Zufall, dass das Auto jetzt Schrott ist.«
»Mir geht's gut«, sagte ich. Zum x-ten Mal an diesem Tag.
»Wenn es dir gut gehen würde, würdest du dieses Hemd nicht tragen.«
»Ich mag Vögel.«
»Deine Haare sind feucht.«
»Was riecht denn hier so fabelhaft?«
»Wir haben Marinara-Sauce gemacht«, sagte Lily. »Und Shrimps.«
»Erlaubt mir, dass ich mich umziehe, dann gebt mir Pasta, und ich erzähle euch alles.« Ich hob beide Hände wie ein Spion, der auszupacken bereit ist.
Katy sah mir argwöhnisch zu, wie ich die Treppe hochging.
Minuten später war ich in sauberem T-Shirt und Shorts wieder da.
Ich erzählte nur das Wichtigste. Ohne Langs Theorie zu erwähnen. Ausbrechen. Rutschen. Fallen. Rettung. In dieser Version war das Wasser nur einen guten halben Meter hoch.
Danach setzte Katy zu einem ihrer typischen Kreuzverhöre an.
»Ich dachte, du wolltest ins JPAC?«
»War ich auch. Zum Glück konnten wir dort alles abschließen. Was hast du heute gemacht?«
»Was wolltest du an der Südspitze der Insel?«
»Nach dem JPAC habe ich mich mit der ME getroffen.«
»Wegen der Jungs, die von Haien gefressen wurden?«
»Haie?« Lily riss die Augen auf.
Ich warf Ryan einen fragenden Blick zu.
»O ja«, sagte er. »Das musst du ihr unbedingt erzählen.«
»Vor ein paar Tagen wurden in einer schmalen Bucht an der Südspitze der Insel Leichenteile gefunden. Die ME hat mich um Hilfe gebeten. Ich glaube, wir haben jetzt herausgefunden, wer die beiden Männer waren.«
»Du kannst ruhig ein bisschen mehr ins Detail gehen.« Ryans Blick ruhte streng auf seiner Tochter.
»Die Opfer waren vermutlich Mitglieder einer Gang mit dem Namen Sons of Samoa. Kann sein, dass sie ermordet und von einer Klippe geworfen wurden.«
»Wegen Drogenhandels«, fügte Ryan hinzu.
»Wer waren die?«, fragte Katy mit etwas sanfterer Stimme.
»Tut mir leid, Kleine. Das kann ich dir nicht sagen.«
»Wie alt waren diese Männer?« Hin und wieder klingt Lilys Inselkindheit noch in ihrem Tonfall mit. Bei dieser Frage war das so.
»Dein Alter.« Wieder sprach Ryan seine Tochter direkt an.
»Es ist an der Südspitze der Insel passiert?«, vermutete Katy.
»Am Makapu'u Point. Da ich bei der ME früh fertig war, wollte ich den landschaftlich reizvollen Weg nach Hause fahren.« Ein reumütiges Lächeln. Es tat weh. »Keine gute Entscheidung.«
Katys und Lilys Blicke kreuzten sich. Ich hatte keine Ahnung, welche Botschaft sie damit austauschten.
»Hey, diese Sauce ist toll«, sagte ich. »Wessen Rezept?«
»Kommt aus der Dose«, sagte Lily.
»Dann Hut ab vor den Einkäufern.« Ich hob mein Glas. Nur Ryan stieß mit mir an.
»Hört mal«, sagte ich. »Ihr müsst auch das Positive dran sehen. Wir kriegen jetzt ein besseres Auto.«
Katy meinte, der Cobalt sei wirklich eine Scheißkarre gewesen. Lily stimmte ihr zu.
Lily meinte, ich sollte mich in die Badewanne legen. Katy befürwortete ihren Vorschlag.
Katy meldete sich freiwillig fürs Geschirrwaschen. Lily sagte, sie werde ihr helfen.
Lily bot an, Katy am nächsten Morgen zu ihrer Surfstunde zu fahren. Katy nahm an.
Ryan und ich wechselten Blicke. Hä?
Ich legte mich wirklich in die Badewanne.
Während ich bis zum Kinn in nach Glyzinien duftenden Schaumblasen lag, überlegte ich mir, was ich seit meiner Ankunft in Honolulu getan hatte.
Ich hatte ein Auto zu Schrott gefahren. Punkt gegen mich.
Ich hatte eindeutig festgestellt, dass Spider Lowery nicht in Vietnam getötet worden war. Die Nachricht würde zwar Plato Lowerys Welt in Scherben legen, aber man würde einen Fehler korrigieren können.
Ich hatte den Mann identifiziert, der in Lumberton, North Carolina, begraben worden war. Vierzig Jahre nach seinem Tod bei einem Hubschrauberabsturz würde Luis Alvarez nun endlich nach Hause kommen.
Ich hatte die Überreste von Xander Lapasa entdeckt. Auch wenn die Familie Lapasa nicht gerade überfloss vor Dankbarkeit, würde sie nun doch Gewissheit haben.
Ich hatte Hadley Perry geholfen, die Fälle aus der Halona Cove abzuschließen. Und einen Strand wieder zu öffnen. Vielleicht würden auch die Mörder von Logo und Kealoha vor Gericht kommen.
Und Lily und Katy kamen besser miteinander aus.
Lily hatte recht. Die Hydro-Aroma-Therapie entspannte meine Muskeln und beruhigte meine
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