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Blut Von Deinem Blute

Titel: Blut Von Deinem Blute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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er.
    »Ja.«
    »Und wo war das Telefon?«
    »Der Hauptanschluss befindet sich unten in der Halle. Aber geklingelt hat es auf dem Nebenanschluss im Schlafzimmer meines Vaters.«
    »Hat es immer dort geklingelt, wenn unten niemand an den Apparat ging?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Die Anlage war so eingestellt, dass sich nach neun Uhr abends der Anrufbeantworter einschaltete, wenn unten niemand an den Apparat ging.«
    »Aber in der Mordnacht war es nicht so?«, hakte Leon noch einmal nach.
    »Nein, damals hat das Telefon am Bett meiner Stiefmutter geklingelt.«
    »Warum haben Sie das nie erwähnt?«
    Sie zuckte die Achseln. »Ich hatte es wohl vergessen.«
    Leon griff nach einer Skizzenmappe, die neben ihm auf dem Schreibtisch lag. »Was geschah dann? Hat Ihre Stiefmutter abgenommen oder klingelte das Telefon einfach ins Leere?«
    »Sie muss wohl abgenommen haben«, entgegnete Mia Bradley gleichgültig. »Warum?«
    »Weil es insgesamt nur zwei- oder dreimal geläutet hat.«
    »Haben Sie Ihre Stiefmutter mit jemandem sprechen hören?«
    »Nein.« Sie wandte sich ab und bearbeitete wieder den Ton.
    Ein Anruf, resümierte Leon. Ein Anruf an Jacqueline Bressons Bett, den eigentlich der Anrufbeantworter hätte übernehmen müssen. Aber der Anrufbeantworter hatte sich nicht eingeschaltet. Warum nicht? Seine Augen folgten Mias Händen auf dem feuchten Ton. Weil er ausgeschaltet gewesen war, ausgerechnet in der Mordnacht? Oder weil ... Leon stutzte. Natürlich, durchfuhr es ihn. Wenn Mia Bradley die Wahrheit sagt, könnte das auch bedeuten, dass derjenige, der Jacqueline Bresson anrief, den Apparat in der Halle benutzt hat. Die Erkenntnis ließ sein Herz schneller schlagen. Die betreffende Person könnte im Haus gewesen sein!
    »Glauben Sie, dass Ihre Stiefmutter das Schlafzimmer auf diesen Anruf hin verlassen hat?«, fragte er. Wieder Achselzucken.
    »Sie haben aber nicht gehört, wie sie zum Beispiel die Treppe hinunterging?«
    »Nein.«
    Leon klappte die Skizzenmappe auf und sah den Entwurf einer Skulptur, ein rundes, fein strukturiertes Etwas mit einem großen, klaffenden Loch in der Mitte. H 27 stand in der rechten oberen Ecke. Hatte Jacqueline Bresson in der Mordnacht überhaupt nicht zum Kühlschrank gewollt? War sie, im Gegenteil, ganz bewusst nach unten gelockt worden? Oder hatte sie gar eine Verabredung gehabt?
    »Haben Sie außer diesem Telefonklingeln noch andere Geräusche im Haus gehört?«
    Mia Bradley schüttelte den Kopf.
    »Sie sind nicht vielleicht zur Tür gegangen, um nachzusehen, was da unter Ihnen los war?«
    »Nein.« Dieses Mal drückte sie ihre Zigarette in einer kaputten Untertasse aus. Dann griff sie nach einem Modellierspachtel. »Ich habe mich auf die andere Seite gedreht und bin wieder eingeschlafen.«
    »Haben Sie sich je Gedanken darüber gemacht, wer der Anrufer gewesen sein könnte?«
    »Vielleicht hab ich angenommen, es wäre Julien.«
    »Ihr Stiefbruder?«
    Keine Antwort.
    »Kam es vor, dass er seine Mutter spätabends noch anrief?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Sie glauben?«
    Mia Bradley verdrehte die Augen. »Ich weiß es nicht, okay? Falls er es getan hat, habe ich nie was davon mitbekommen.«
    »Aber trotzdem haben Sie angenommen, es sei Ihr Stiefbruder, als Sie in der Mordnacht das Telefon hörten.«
    »Ja, verdammt noch mal.« Ihr Spachtel hieb eine Delle in die Plastik auf der Arbeitsplatte.
    »Warum?«
    »Wahrscheinlich weil ich mir keinen anderen denken konnte. Meine Stiefmutter hatte nicht viele Kontakte. Sie lebte genauso isoliert wie wir alle.«
    Genauso isoliert . ..
    Leon merkte, wie ihm kalt wurde. »Was ist mit dem ersten Mann Ihrer Stiefmutter? Juliens Vater?«
    »Keine Ahnung«, entgegnete sie knapp. »Sie hat ihn nieerwähnt.« Und boshaft fügte sie hinzu: »Wahrscheinlich spielte er keine Rolle.«
    »Ihr Stiefbruder hat damals drüben im Hotel gewohnt, nicht wahr?«, versuchte Leon es anders.
    Sie nickte.
    »Wäre er da nicht persönlich herübergekommen, wenn er etwas mit seiner Mutter zu besprechen gehabt hätte?«
    »Möglich.«
    »Stimmt es, dass Ihre Stiefmutter die Gewohnheit hatte, sich spätabends noch am Kühlschrank zu bedienen?«
    »Bedienen ist gut!« Ihr Lachen klang spöttisch. »Wenn sie einen von ihren Anfällen hatte, fraß sie um sich herum wie ein Schwein. Völlig egal, was es war, sie stopfte in sich rein, was immer sie kriegen konnte.«
    »Haben Sie sie irgendwann einmal dabei beobachtet?«
    »Sie hat sich immer eingebildet, niemand würde merken,

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