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Blut Von Deinem Blute

Titel: Blut Von Deinem Blute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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sie hatte. In einem irrwitzigen Kraftakt hob sie den rechten Arm, der ihr kaum gehorchen wollte, und krallte ihre sorgfältig manikürten Finger ins Haar ihrer Patentante. Dann riss sie die Hand zurück. Sie riss so fest sie konnte, ohne über die Effektivität ihres Handelns nachzudenken. Sie folgte einfach ihrem Instinkt.
    Als ihre Hand auf die Sessellehne zurückfiel, fühlte sie ganze Büschel von Haaren zwischen den Fingern.
    Der Kopf ihrer Patentante ruckte herum und ein heiseresZischen drang aus ihrem Mund, der auf groteske Weise verzogen war. Ein paar eigentümlich in die Länge gezogene Sekunden verharrte sie und blickte Laura an. Dann schlug sie erneut zu.
    Laura fühlte, wie ihre Lippe platzte. Sie schmeckte Blut auf ihrer Zunge. Dann traf sie ein nächster, blindwütiger Schlag gegen die Schläfe. Und jetzt fühlte sie auch wieder den Schmerz, der sich für den Wimpernschlag ihrer Gegenwehr irgendwohin zurückgezogen hatte. Er zuckte durch ihren Körper wie glühende Lava, und Laura wusste auf einmal, dass es vorbei war. Dies war der Punkt, an dem sie endete. Der Augenblick, in dem die Burg aufgegeben, die Schaufel fallen gelassen werden musste. Schmerz entsteht im Kopf, dachte sie noch. Eine Sache von Neurotransmittern, nichts weiter. Dann schlossen sich die behandschuhten Hände um ihre Kehle.
    Aus! Ende! Gescheitert! Du hast verloren, du elendes Miststück, endgültig verloren.
    »Verzeih mir, Josh«, flüsterte sie, doch die Worte verkeilten sich in dem winzigen Spalt, zu dem die übermächtigen Handschuhe ihre Kehle zusammengedrückt hatten. Sie blieben ihr buchstäblich im Hals stecken.
    Aus einem Grund, den sie sich nicht erklären konnte, musste sie an die Küche des Herrenhauses denken, während sich die gähnende schwarze Leere in ihrem Kopf unaufhaltsam ausbreitete. Aber es war weder ihr toter Nicht-Vater, den sie dort stehen sah, noch Madame Bresson. Es war auch keine Nellie in einem weißen Kittel oder Herr Moll mit eingesticktem Spott in den Fadenaugen. Es war ... Mia!
    Sie stand am Küchenschrank und stopfte Wurst undCracker in sich hinein, kurz davor, endgültig und ein für alle Mal zu explodieren. Sie kam drohend näher, und Laura sah sich selbst, zurückgewichen bis an die Kante des Küchentischs, zitternd vor Angst. Und dann geschah – einem höchst eigenartigen Déjà-vu gleich – etwas, mit dem sie nicht im Traum gerechnet hätte: Die Türglocke läutete.
    Vor Schreck ließ ihre Patentante noch einmal kurz von ihr ab.
    Und Laura schrie um ihr Leben.

10
    Ihr Gesicht war in einem schlimmen Zustand, aber ansonsten schien sie nur leicht verletzt zu sein. Sie war in dem Sessel, in dem Cora Dubois sie beinahe erwürgt hatte, sitzen geblieben, die zarten Arme fest um ihren schmächtigen Körper geschlungen, und Leon hatte keine Ahnung, ob sie überhaupt bemerkt hatte, dass er da war. Sie hatte nicht reagiert, als ihre Patentante in Handschellen aus dem Zimmer geführt worden war. Sie hatte nicht einmal die Augen geöffnet. Stattdessen hatte sie wieder und wieder stumm einen Namen vor sich hin gemurmelt.
    »Wer ist Josh?«, hatte Hearing sie gefragt.
    Doch sie hatte ihm nicht geantwortet.
    Ein Krankenwagen war erschienen und hatte Laura in die Klinik gebracht. Leon war mit Kevin und Hearing hinterher gefahren. Aber die Ärzte hatten sie weggeschickt.Sie alle, auch Hearing. Miss Bradley brauche jetzt erst einmal Ruhe.
    Bevor sie gegangen waren, hatte Leon den Oberarzt über die bestehende Schwangerschaft informiert, ohne zu wissen, was Laura davon halten würde, dass er das ausplauderte. Dann waren sie ins Hotel zurückgekehrt.
    An der Rezeption des Beau Rivage hatte unterdessen der Nachtportier seinen Dienst aufgenommen.
    »Ich hatte Zimmer 309«, sagte Leon müde. »Und eigentlich müsste ich heute abgereist sein. Aber es ist etwas dazwischengekommen.«
    »Das Zimmer ist erst ab Montag wieder belegt«, antwortete der Portier mit einem raschen Blick in den Plan auf seinem Tisch. Dann runzelte er plötzlich die Stirn und sah Leon an. »Monsieur de Winter?«
    Leon nickte.
    »Da ist etwas für Sie abgegeben worden.« Er zeigte auf ein großes, flaches Paket, das neben der Rezeption an der Wand lehnte. Dann drehte er sich um und angelte einen Briefumschlag von der Ablage hinter sich. »Das hier war dabei.« Er reichte Leon den Brief über den Tresen. »Ich habe ihn lieber abgenommen, damit er nicht verloren geht«, erklärte er. »Möchten Sie das Paket gleich selbst mitnehmen, oder soll ich

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