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Blut Von Deinem Blute

Titel: Blut Von Deinem Blute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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es da jemanden gibt, der brühwarm über sämtliche Details seiner Ehe informiert wird?«
    Leon nickte. Einerseits hatte er das Gefühl, dass sich das Gespräch weiter und weiter vom eigentlichen Gegenstand seines Interesses entfernte. Andererseits musste er auch jetzt wieder an Kevin denken. »Fischzug« nannte man im Juristenjargon eine Form der Befragung, bei der ein Zeuge durch scheinbar zusammenhanglose Fragen dazu gebracht wird, etwas preiszugeben, das vielleicht von Interesse ist. »War Nicholas Bradley eifersüchtig auf Miss Dubois?«
    Bernadette Labraque zögerte. »Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Eifersüchtig ist vielleicht das falsche Wort. Aber er hat Cora nie leiden können. Schon von Anfang an nicht. Und er hatte auch was dagegen, dass sie sich immer noch überall einmischte.«
    »Hat er irgendetwas getan, um diese Freundschaft zu unterbinden?«
    »Oh, da hätte er keine Chance gehabt«, kicherte die Alte. »Louisa mag labil gewesen sein. Aber was bestimmte Dinge anging, ließ sie sich von niemandem dreinreden. Nicht mal von ihrem Mann.«
    »Woran ist die erste Mrs. Bradley eigentlich genau gestorben?«, fragte Leon mit dem seltsamen Gefühl, über einen Menschen zu sprechen, den er zwar nicht gekannt hatte, der ihm jedoch trotzdem überaus naheging.
    »Tabletten.« Bernadette Labraques Miene wurde hart. »Sie hat eine Überdosis geschluckt.«
    Nur mit Mühe verdrängte Leon den neuerlichen Gedanken an seine Schwester. »Und wer, glauben Sie, hat Nicholas Bradley und seine zweite Frau ermordet?«
    Er rechnete fest mit einer schnellen, eindeutigen Antwort: Na, wer wohl? Mia Bradley natürlich, die Irre . ..
    Aber er täuschte sich. »War erst von einem Mafiamord die Rede«, murmelte Bernadette Labraque nach einer langen, nachdenklichen Pause. »Aber daran hab ich nie geglaubt, auch wenn der Alte bedeutend mehr Leuten auf die Füße gestiegen ist, als die meisten anderen Hoteliers hier auf der Insel.« Sie kratzte sich am Kinn. »Aber dann wäre doch nicht so viel Blut geflossen, nicht wahr? Ich meine, die Mafia hat doch ihre Leute, die so was professionell erledigen. Sie wissen schon, ein Schuss in die Stirn, und das war's.«
    Leon musste unwillkürlich an Shakespeare denken, Macbeth. Wer hätte gedacht, dass der alte Mann noch so viel Blut in sich hätte ...
    »Nein, nein.« Bernadette Labraque schüttelte energisch den Kopf. »Das war nicht die Mafia. Und bestimmt war's auch kein Einbrecher. Immerhin war sie ja schon zwei Stunden tot, bevor er überhaupt nach Hause gekommen ist.«
    Leon starrte sie an.
    »Zwei Stunden«, wiederholte sie. »Ich sage Ihnen, so lange bleibt kein Einbrecher der Welt neben einer Leiche sitzen.«

6
    Ginny gab sich alle Mühe, beschäftigt auszusehen, doch erwartungsgemäß nutzte ihr das weniger als nichts.
    Sie hatte sich schon vor Mia Bradley gefürchtet, als diese noch ein Kind gewesen war, und je älter Mia wurde, desto unheimlicher kam sie ihr vor. Vielleicht, weil sie das Gefühl nicht loswurde, dass Mia mit ihren Mitmenschen spielte. Und auch jetzt hatte sie wieder dieses Lächeln aufgesetzt, das bei ihr mit Angriffslust einherging.
    »Hallo«, sagte sie, indem sie sich weit über den Tresen beugte, um einen Blick auf den Bildschirm von Ginnys Computer werfen zu können. »Was treibst du so?«
    »Arbeiten.«
    »Sieh an.« Ihr Grinsen wurde breiter. »Und wo steckt dein Mann?«
    »Keine Ahnung.«
    »Ich bezahle ihn nicht dafür, dass er seinen Aston spazieren fährt und durch die Gegend vögelt«, versetzte Mia boshaft. »Also sieh zu, dass du ihn auftreibst, ich hab was mit ihm zu besprechen.«
    Ginny merkte, wie sie rot wurde. »Ich glaube, er wollte heute Nachmittag nach St. Helier zu unserem Architekten, um die Details für den Umbau zu besprechen«, erklärte sie, nicht, um Ryan in Schutz zu nehmen, sondern um Zeit zu gewinnen.
    »Was heißt das, du glaubst?«, fauchte Mia. »Hat er nichts gesagt?«
    Doch, dachte Ginny, hat er. Ich bin dann mal weg. Und: Warte nicht auf mich ... Laut sagte sie: »Nein, nicht zu mir.«
    Mias Blick wurde plötzlich anzüglich. »Und das macht dich nicht nervös?«
    »Sollte es das?«
    Vorsicht! Leg dich nicht mit ihr an!
    »Du siehst verdammt schlecht aus in letzter Zeit«, befand Mia, die schon immer die Angewohnheit gehabt hatte, ihre Gesprächspartner mit abrupten Themenwechseln schwindlig zu spielen. »Ist was mit deiner Mutter?«
    »Nein.« Ginny überlegte, wie sie auf einen derart absurden Gedanken kam. »Was soll mit

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