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Blut Von Deinem Blute

Titel: Blut Von Deinem Blute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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ihr sein?«
    Und wieder einer von diesen Blicken. »Immerhin hat sie doch morgen Geburtstag.«
    Was diese Frau alles wusste! »Na und?«
    »Und selbstverständlich wird sie mit dem, was du für sie vorbereitet hast, nicht zufrieden sein, oder?« Sie schob sich noch ein Stück weiter vor. »Das ist sie doch nie.«
    »Das interessiert mich nicht«, brach es aus Ginny heraus, bevor sie sich selbst zum Schweigen bringen konnte.
    Mia fixierte sie mit zusammengekniffenen Augen. »Seit wann?«
    »Jeder Mensch lernt aus den Fehlern, die er macht«, versetzte Ginny mit einem viel sagenden Lächeln. »Wer das nicht tut, darf sich nicht wundern, wenn er irgendwann die Zeche bezahlt.«
    »So, so«, grinste Mia, und Ginny musste schmerzvoll erkennen, dass Nicholas Bradleys jüngere Tochter sie nicht eine Sekunde lang ernst genommen hatte. Zum Teufel mit dieser Frau!, dachte sie inbrünstig. Wenn sie nur endlich verschwinden würde!
    Doch Mia dachte nicht daran. »Und was lernst du gerade?«, fragte sie interessiert.
    Vorsicht!
    Ginny zuckte die Achseln. »Laufen, schätze ich.«
    Ein langer, prüfender Blick. Mit einer solchen Antwort schien sie nicht gerechnet zu haben. Ginny konnte sehen, wie sie auszuwerten versuchte, was sie da gerade gehört hatte. Dabei fiel ihr auf, dass Mia frischer aussah als sonst. Ausgeruhter und auch ein wenig gepflegter. Vielleicht bekam ihr die Gegenwart ihrer Schwester. Auch wenn Ginny sich beim besten Willen nicht vorstellen konnten, dass die beiden gut miteinander auskamen. Sie waren noch nie gut miteinander ausgekommen. Aber vielleicht machte es Mia Spaß, endlich jemanden zu haben, den sie rund um die Uhr quälen konnte. Ginny schluckte. »Wie geht es Laura?«
    Mias Augen verengten sich wieder zu Schlitzen. »Wieso?«
    »Ryan und ich dachten eigentlich, dass wir heute Abend mal alle zusammen essen.«
    »Das wird nichts werden«, versetzte sie in patzigem Ton. »Laura ist krank.«
    »Krank?«
    »Hm, Grippe.«
    Ginny fragte sich, warum sie den Eindruck hatte, dass Mia nervös geworden war. Und ob es stimmte, was sie behauptete. »Das tut mir leid.«
    »Ja, ja.« Mia stieß sich mit einer entschiedenen Bewegung vom Tresen ab. »Okay«, sagte sie, »ich muss … «
    Klar, dachte Ginny: anderen Leuten auf die Nerven gehen! Leuten wohlgemerkt, die brav ihre Arbeit tun, damit du faulenzen und deine fürchterlichen Skulpturen machen kannst, wann immer dir danach ist ... »Tja, dann wünsche ich dir noch einen schönen Nachmittag.«
    Mias Kopf, der bereits abgewandt war, ruckte herum.Doch sie sagte nichts. Sie sah ihr einfach nur in die Augen, und wie immer, wenn dieser tiefblaue Blick auf ihr ruhte, befiel Ginny das dringende Gefühl, fliehen zu müssen. Am besten bis ans Ende der Welt ...

7
    Auf der Rückfahrt nahm Leon sich die Zeit, die Insel ein wenig genauer anzusehen, auch und vor allem, um Abstand zu gewinnen zu dem, was er erfahren hatte.
    Von St. Helier aus nahm er die A 1 entlang der St. Aubins Bay bis Beaumont, wo er sich nach Norden wandte, landeinwärts. Über weite Strecken hatte man hier den Eindruck, sich auf den Kanaren oder irgendwo in Süditalien zu befinden. Pinien umsäumten würzig duftende Lavendelfelder, das Aroma von Rosmarin mischte sich mit traumhaft warmem Augustlicht, und die Luft war erfüllt vom Zirpen der Grillen. Weiter im Westen trug die Landschaft hingegen unverkennbar die wildromantischen Züge der Bretagne oder Westenglands.
    Leon fuhr bis Grosnez, verzichtete aber auf einen Besuch der bekannten Burgruine und folgte stattdessen der B 64, die ihn wieder zurück nach Süden, Richtung Corbiere Point, führte. Er ließ seinen Leihwagen auf einem öffentlichen Parkplatz stehen, der genau gegenüber einer Bushaltestelle lag. Der Endstation, wie er belustigt feststellte. Dann machte er sich auf den viel gepriesenen Überweg zum Corbiere Lighthouse, jenem wohl bekanntesten Wahrzeichen der Insel.
    Es herrschte gerade Ebbe, und streckenweise kam es Leon beinahe vor, als ob er sich auf einem fremden Planeten befände. Labyrinthisch verstreute Felsen, auf denen der Tang trocknete, säumten den schmalen Pfad, und vor ihm, links des Leuchtturms, ragten bizarr geformte Felsformationen in den Himmel. Das Meerwasser stand in stillen Lachen zwischen den rotgrauen Klippen, und kräftige Sonnenstrahlen ließen den Weg zu seinen Füßen wie blankes Eis glitzern. Allenthalben roch es nach Stein und Salz und verwesenden Schalentieren, Möwen schrien, und sogar ein paar der namensgebenden

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