Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Blut Von Deinem Blute

Titel: Blut Von Deinem Blute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
Vom Netzwerk:
ging?«
    »Muss wohl wegen der Bilder gewesen sein«, antwortete sie achselzuckend. »Sie wollte doch Malerei studieren, wissen Sie?«
    »Tatsächlich?«
    »Also, wenn das meine Tochter gewesen wäre«, knurrte die Alte, »dann hätte ich ihr die Flausen schon viel früher ausgetrieben. Noch dazu, wo sie doch so schlecht in der Schule war. Aber statt sie drüben im Hotel endlich mal lernen zu lassen, wie man sich ein bisschen benimmt, hat ihr Vater ihr erlaubt, den lieben langen Tag in der Scheune rumzuhängen und alles mit Farbe zu bekleckern.«
    »Aber irgendwann hatte Bradley die Nase voll?«
    »Sicher«, entgegnete die ehemalige Hausdame des Beau Rivage lapidar. »Dass sie die Insel verlassen wird und dass nichts und niemand sie aufhalten kann, hat sie geschrien. Und er hat zurückgebrüllt, dass er das nie gestattet und dass sie nicht mehr seine Tochter wäre und so weiter.«
    »Und dann?«
    »Nichts weiter. Irgendwann hörte man eine Tür zuschlagen, und der Spuk war vorbei.«
    »Wo waren Sie zu diesem Zeitpunkt?«
    »Ich hab nicht gelauscht, falls Sie das denken«, erklärte Bernadette Labraque mit würdevoller Grandezza. »Ich habe Wäsche aufgehängt, hinten im Hof. Und die Hintertür stand auf. Aber so, wie die beiden gebrüllt haben, hätten Sie die auch gehört, wenn alles zu und verschlossen gewesen wäre.«
    »Und Sie sind ganz sicher, dass es sich bei den Streitenden um Mia Bradley und ihren Vater handelte?«, fragte Leon, einer plötzlichen Eingebung folgend. »Ich meine, immerhin haben Sie die beiden ja nur gehört, nicht wahr?«
    Es war, als husche der Hauch eines Zweifels über das Gesicht der Alten. »Klar bin ich sicher«, sagte sie ein wenig zu forsch. »Wer sollte es denn sonst gewesen sein?«
    Leon ließ es bei dieser Antwort bewenden. »Hat außer Ihnen noch jemand etwas von dieser Auseinandersetzung mitbekommen?«
    »Cora«, nickte sie. »Cora Dubois. Und Ginny kam, glaube ich, auch noch dazu. Die war ja damals ständig auf dem Posten, weil sie sich einredete, ihr Mann sei hinter Bradleys Tochter her.«
    Leon verspürte einen leisen Stich. »Hinter welcher?«
    »Na, hinter welcher wohl?«, prustete die Alte. »Für die kleine Verrückte hat sich doch nie ein Kerl interessiert.«
    »Hatte Mrs. Marquette denn Grund zur Beunruhigung?«
    »Also, ich hab nie was bemerkt.« Bernadette Labraque dachte einen Moment nach. »Nein«, sagte sie dann, »ich glaube nicht, dass da was dran gewesen ist.«
    »Sie sagten vorhin, dass die Mädchen ihre Stiefmutter nicht mochten«, wechselte Leon abermals das Thema.
    »Niemand mochte sie.«
    »Warum?«
    »Tja ...« Die Frage schien Bernadette Labraque ernsthaft ins Grübeln zu bringen. »Wissen Sie, Jacqueline Bresson hatte in diesem Haushalt weniger als nichts zu melden. Und da hat sie's eben an anderen ausgelassen.«
    »Das heißt, sie war unleidlich?«
    »Unleidlich wäre geschmeichelt.« Bernadette Labraque verdrehte die Augen. »Aber ich habe mir von der nichts sagen lassen, das können Sie glauben. Immerhin war ich schon fast vierzig Jahre in dem Laden beschäftigt, als die gute Jacqueline auftauchte. Hab ganz unten angefangen, als drittes Zimmermädchen. Und wie ich aufgehört habe, hatte ich vier Etagen unter mir.« Sie schob selbstbewusst das Kinn vor. »Na, wie auch immer, Jacquelinchen hat ziemlich schnell mitbekommen, dass sie's mit mir nicht machen kann. Und von da an ist sie mir auch meistens aus dem Weg gegangen. Und außerdem«, sie begann zu kichern, »außerdem hab ich sie ja auch mal dabei erwischt, wie sie sich spätabends an den Mülltonnen hinten im Hof bedient hat.«
    Leon sah hoch.
    »Ja, ja«, nickte die Alte. »Sie haben schon richtig gehört. Die gute Jacqueline war richtig krank, was das Essen anging. Sie wissen schon, sie hatte so Anfälle, wo sie alles Essbare, das sie kriegen konnte, in sich reinstopfen und hinterher alles wieder auskotzen. Heute machen sie da eine Krankheit draus, aber wenn Sie mich fragen, ist das einfach eine Charakterschwäche.«
    Bleib ruhig, mahnte der allgegenwärtige Kevin. Sie spricht über Jacqueline Bresson. Nicht über deine Schwester ...
    »Die Bresson war wirklich absolut zügellos, wenn's umsEssen ging«, fuhr Bernadette Labraque fort. »Aber so kurz, wie der alte Bradley seine Leute immer gehalten hat, konnte sie sich das natürlich eigentlich gar nicht leisten. Tja, und da musste sie sich eben woanders was zu Futtern suchen, wenn sie ihren Rappel kriegte.«
    Leons Augen blieben an den ringlosen

Weitere Kostenlose Bücher