Blut will Blut
lächerlich! Sie ist keine Frau, die Aufmerksamkeit ablehnt. Aber ich muß
mich ihr anschließen, daß es bei Caroline noch schlimmer ist. Ich habe Sie aus
ihrer Garderobe kommen sehen... sehr aufmerksam von Ihnen. Natürlich könnte es
etwas anderes sein, muß nichts mit dem Scherzbold zu tun haben. Aber sie ist
eine eifersüchtige Frau. Eifersüchtig und besitzergreifend. Ich würde sie auf
der Liste weit oben einordnen, ja, sehr weit oben... Die anderen Frauen.
Deirdre. Sie ist immer so ernst. Ich mag keine ernsten Frauen. Ist schon
ein bißchen unheimlich, die Gute. Ebenfalls ein Einzelgänger. Kann nicht viel
zu ihr sagen. Und Georgina. Sie gehört ganz sicher nicht zu den Verdächtigen.
Ein süßes, dummes Kind. Die perfekte Naive.»
«Und perfekte Naive laufen
nicht in der Gegend herum, verstümmeln Puppen und legen Stolperdrähte»,
beendete Spraggue den Satz. «Haben Sie auch irgendwelche Ideen, was die
Randfiguren betrifft — Darien, den Intendanten, die Inspizientin?»
«Es wäre dumm, Arthur in diesen
Kreis aufzunehmen. Arthur will vor allen Dingen eines, nämlich dafür sorgen,
daß diese Aufführung ein Erfolg wird. Durch nichts auf der Welt würde er dies
in Gefahr bringen. Bei den beiden anderen weiß ich nicht. Techniker langweilen
mich. Ich finde, daß ich erheblich besser mit Künstlern zurechtkomme, mit
kreativen Geistern. Ich bin sicher, Sie werden das verstehen.»
Spraggue wollte nicht sagen,
daß er verstand, warum Karen Langford unter den Langweilern ziemlich weit oben
angesetzt hatte. Statt dessen sagte er: «Haben Sie schon mal den Macbeth
gespielt?»
«Oft. Sowohl Macbeth als auch
Macduff. An vielen Universitäten habe ich Regie über das Stück geführt, meine
Interpretation in Lehrfilmen diskutiert...» Plötzlich sprach der große britische
Schauspieler nicht weiter. «Hat das vielleicht irgendwas mit unserem Scherzbold
zu tun?»
«Nein, eigentlich nicht», log
Spraggue. «Ich finde nur, daß Ihre Stimme sehr gut zu Macbeth paßt.»
«Vielen Dank, mein Junge.
Andere sind da einer Meinung mit Ihnen. Genaugenommen sogar eine ganze Reihe
von Leuten, darunter einige sehr einflußreiche Männer des Theaters.»
Spraggue lächelte. «Und darf
ich fragen, wo Sie Sonntag abend zwischen zehn und elf Uhr waren?»
Langford bekam große Augen.
«Ein Alibi. Für mich? Natürlich haben wir noch nicht über mich gesprochen. Aber
von einem psychologischen Standpunkt aus betrachtet, kann ich Ihnen versichern,
daß Sie nur Ihre Zeit verschwenden. Ich habe keinerlei Bedürfnis nach mehr
Ruhm, als ich ohnehin schon genieße. Ich bin der unbestrittene Star dieses
Stückes. Ich glaube, daß mein Spiel meinen Ruf noch erheblich verbessern wird.
Ich habe keinerlei Verlangen, meinen Schauspielerkollegen, auf welche Weise
auch immer, zu schaden. Und ich bin außerdem äußerst zufrieden mit meinem
eigenen Leben.»
Nein. Langford war nicht der
Scherzbold. Aber mit diesem ungeheuren Ego, dieser unglaublichen Eitelkeit,
mochte er sehr wohl dessen Ziel sein.
«Wenn Sie darauf bestehen zu
erfahren, wo ich war», fuhr Langford selbstgefällig fort, «fragen Sie doch
einfach Emma. Sie wird sich für mich verbürgen... und ich mich für sie.» In
einer einzigen fließenden Bewegung stand Langford auf. Stumm ging er zu einer
Wand hinüber und klopfte dreimal dagegen. Nach einem Augenblick kam die
Antwort, drei gedämpfte Klopfer.
«Wären Sie so freundlich, mir
hinauszuhelfen, Spraggue?» Langford lächelte fotogen. Seine Augen funkelten im
Kerzenlicht. «Sehen Sie einfach nach, ob die Luft rein ist. Ich habe keinerlei
Verlangen auf eine dieser öden Szenen mit Caroline Ambrose.»
So. Das Nachbarzimmer, das,
welches leider keine zweckmäßige Verbindungstür besaß, war also der Bau der
hinreißenden Emma Healey. Und höchstwahrscheinlich war dies auch der Grund für
all das Intrigenspiel und die Geheimniskrämerei. Mehr als Langfords Bedürfnis,
sich in «psychologischen» Einsichten zu ergehen, war ihm daran gelegen, einen
verständnisvollen Trottel zu finden, der den Korridor inspizieren und ihn im
Falle von Lady Carolines Nahen warnen konnte. Und Langford mußte davon
ausgegangen sein, daß jeder, der Carolines Zimmer nach einem längeren Schwarz
verließ, verständnisvoll sein würde.
Spraggue spielte mit, musterte
ausgiebig den Korridor und gab Langford ein Zeichen, daß er sich beeilen solle.
Erst nachdem Emmas Tür sich wieder geschlossen hat, erlaubte er sich ein
kleines Lächeln.
Wie, fragte er
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