Blutaxt: Die Eingeschworenen 5 - Roman (German Edition)
wieder ausgegraben.«
» Um an ihre Waffen zu kommen«, sagte ein Mann namens Thorgils, einer von den alten roten Brüdern. » Das ist uns in den chasarischen Ländern oft passiert. Schließlich haben wir die Speere und Schwerter zerbrochen und die Leichen verbrannt.«
Es waren zwanzig Leichen, bläulich-weiß und blutleer, mit klaffenden Wunden, steif gefroren, die Hände auf der Brust, aber die Finger waren ihnen gebrochen worden, um an die Schwerter zu kommen.
» Wer sind die?«, fragte Krähenbein, und eine Stimme, wütend und voll Bitterkeit, antwortete:
» Nordmänner. Genau wie wir.«
Krähenbein wusste, dass es Mar war, der gesprochen hatte. Er ging nicht auf ihn ein. Zwar würde er sich in Kürze einmal mit dem Eisenbart befassen müssen, aber jetzt war nicht der richtige Moment dazu.
Onund richtete sich von einem der Toten auf, er hatte etwas auf der Handfläche, und alles reckte die Hälse. Es war ein kleines Langschiff, ein Anhänger aus Zinn, der von seinem Lederband abgerissen war. Die Männer, die diese Handwerksarbeiten kannten, nickten.
» Eine typische Arbeit von Orkney«, sagte Onund, und Krähenbein strich sich nachdenklich über den vereisten Bartflaum. Also waren Gunhild und ihr letzter Sohn in Schwierigkeiten geraten – dieser Gedanke erwärmte ihn, aber er verkniff sich das Grinsen.
Es wurde kälter, und sie fanden immer mehr Tote. Als sie etwa hundert gezählt hatten, schluckten die Männer hart und fingen an, sich zu fragen, warum sie dieser blutigen Spur weiterhin folgten.
Schließlich fanden sich noch gut dreißig Tote, von denen keiner begraben worden war, man hatte sie einfach am Ufer des gefrorenen Flusses zwischen den verschneiten Krüppelkiefern liegen lassen. Die Männer griffen nach ihren Waffen und gingen geduckt, wie Hunde, die einen Tritt erwarten – Tote, die nicht begraben waren, deuteten darauf hin, dass die Überlebenden überstürzt fliehen mussten und womöglich noch in der Nähe waren.
Die schreckliche Tatsache war ihnen kaum klar geworden, als plötzlich die Hölle losbrach und die Dämonen der Berge sich auf sie stürzten. In einem wilden, wütenden Angriff hagelte es Pfeile und flogen Speere. Eben noch hatten die Männer nichts als verschneite Bäume gesehen, und im nächsten Moment war die Welt erfüllt von Gebrüll und Entsetzen.
» Formieren! Formieren!«, schrie Kaetilmund, aber einige der Männer rannten bereits in Panik los, sie brüllten, rutschten, fielen übereinander und brachen sich an den eisigen Felsen die Knochen. Die Übrigen stellten sich dem Ansturm. Mutig und mit entschlossenen Gesichtern scharten sie sich um Kaetilmund und Krähenbein wie Eisenspäne um einen Magneten.
Die erste Salve von Speeren und Pfeilen prallte an den Schilden ab, und als die Männer es wagten, vorsichtig darüber zu lugen, sahen sie eine Meute blutrünstiger Bestien mit Tierschnauzen, wilden Augen und gefletschten Fängen. Weniger tapfere Männer hätten die Nerven verloren, und einige, die vor Angst nicht mehr fähig waren, klar zu denken, und in Panik wegrannten, bezahlten es mit dem Tod. Aber selbst diejenigen, die sich dem Ansturm stellten, verloren die Kontrolle über Blase und Darm. Mit trockenem Mund mussten sie sich zwingen, diesen Wesen standzuhalten, die sich auf die Hinterbeine erhoben hatten und knurrend und fauchend auf sie zukamen.
Es war schließlich Bergliot, die der Sache ein Ende machte. Sie legte einen Pfeil an und schoss mitten in die Meute. Der Pfeil traf eine der Bestien ins Gesicht, und sie schrie vor Schmerz. Der Kopf schien sich zu lösen, und der Körper flog in die andere Richtung. Jetzt erschien auf dem Leib ein plattes Gesicht, blutig, ohne Bart und zweifellos ein Same.
» Das sind – Menschen!«, schrie Murrough überrascht, und auch wenn der Schrecken und das Entsetzen ihnen noch in den Gliedern steckte – sie waren so an Kampf und Krieg gewöhnt, dass ihre Hände wussten, was in dieser Situation zu tun war. Die Arme hoben die Schilde, Beine bewegten sich, und Schultern drängten sich an Schultern. Andere, die den Schildwall nicht rechtzeitig erreichen konnten, bildeten Kampfpaare.
Es sind Menschen! Laut ertönte der Schrei, wie ein Lauffeuer sprang es von einem zum anderen. Es waren gewöhnliche Menschen, die man töten konnte.
Man nahm ein leichtes Zögern wahr, als die Feinde merkten, dass sie auf Widerstand stießen. Es waren keine Ungeheuer, wie Bergliot ihnen bewiesen hatte, sondern Männer in Pelzen mit Masken, die sie
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