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Blutbahn - Palzkis sechster Fall

Blutbahn - Palzkis sechster Fall

Titel: Blutbahn - Palzkis sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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im Flur. Doch ich konnte meine Kinder
nur zu gut verstehen. Sie waren ja in Schifferstadt fast fremd. Freilich kannten
sie noch einige Freunde von früher, aber die Kontakte hatten im Laufe der Zeit nachgelassen.
Gezwungenermaßen behielt ich meinen Jogginganzug an und fuhr mit Paul und Melanie
zum Pfarrzentrum St. Jakobus. Schlag 18 Uhr standen wir an der Kasse des schon ziemlich
gefüllten Saales. Für einen Imbissbesuch hatte es nicht mehr gereicht. Dafür stopfte
ich die Kinder in den folgenden drei Stunden mit belegten Brötchen und Butterbrezeln
voll. Sie tobten herum und fanden sehr schnell Kontakt. Ich selbst hielt mich fast
die ganze Zeit neben der Ausschanktheke im Vorraum auf und trank eine klebrige Apfelsaftschorle
nach der anderen. Alle paar Minuten wurde ich von irgendwelchen Erwachsenen, die
ebenfalls mit ihren Kindern hier sein durften, angesprochen. Meist wusste ich zwar,
dass ich sie kennen sollte, doch mein Personenerkennungssystem, das sowieso nicht
sehr ausgeprägt war, war heute auf Sparflamme geschaltet. Die Kommentare hielten
sich in Grenzen und wiederholten sich bisweilen: ›Coole Verkleidung‹ oder ›Hm, mal
was ganz anderes‹. Na ja, auch dieser Abend ging vorüber. Ich hatte tödliches Sodbrennen,
und meine Kinder waren glücklich. »Geile Party«, meinte Paul, und das sagte alles.
    Stefanie war
noch wach und wartete bittend auf eine Massage. Zu den Vorkommnissen des gerade
abgelaufenen Tages sagte sie kein Wort. Nachdenklich betrachtete ich den Bauch von
Stefanie. Bisher wussten wir nicht einmal, ob es ein Junge oder ein Mädchen würde.
Oder wusste nur ich es nicht? Meine Frau berichtete mir bisher nach jeder Ultraschalluntersuchung,
dass man das Geschlecht nicht eindeutig erkennen konnte. Noch drei Monate, spätestens
dann würde das Geheimnis gelüftet sein. Dabei fiel mir ein, dass sich Stefanie bei
unserem letzten Besuch beim Babyausstatter meiner Meinung nach viel zu lange mit
den Zwillingskinderwagen beschäftigt hatte. Doch meine Bemerkung wischte sie mit
einem nichtssagenden, aber verschmitzten Lächeln beiseite.
     
    *
     
    Da unsere Teambesprechung erst um neun Uhr und
Paul im Hause war, erübrigte sich das Stellen des Weckers. Dieses Mal erschreckte
ich nur kurz über seinen Stimmenverzerrer. Zum Glück war seine Mutter nicht aufgewacht.
Ich setzte Paul vor den Fernseher und machte mich fertig. Tolle Kindheit, dachte
ich. Zu meiner Zeit fing das Fernsehprogramm erst nachmittags an. Wenn ich als Kind
bei anderen Kindern zu Besuch war und mich deren Eltern fragten, wann ich zuhause
sein sollte, gab ich meist als Uhrzeit 16:45 Uhr an. Es dauerte eine Weile, bis
die Erwachsenen dahinterkamen, dass um diese Zeit das Kinderprogramm im Fernsehen
begann.
    Bereits um
Viertel vor neun war ich in der Dienststelle angekommen. Ich nutzte die Zeit, um
in meinem Büro etwas aufzuräumen. Dies galt allerdings nicht für den knapp 50 Zentimeter
hohen Papierhaufen in meinem Posteingangskörbchen. Wann, wenn nicht jetzt, hatte
ich Gelegenheit, den Stapel alter Pizzakartons zu entsorgen. Unter der Woche hätte
mir das nur ein Bündel an dämlichen Kommentaren meiner allerliebsten Kollegen eingebracht.
Heute, am Sonntag, war die Gefahr deutlich geringer. Da der Altpapierbehälter neben
unserem Getränkeautomaten stand, besorgte ich mir mit meiner Panzerknackermethode
auch gleich noch eine Cola für meine Magensäure.
    Jürgen bekam Stielaugen, als er
mich mit dem Getränk in den Besprechungsraum kommen sah. Jutta und Gerhard, die
ebenfalls bereits anwesend waren, hatten ihre obligatorische Kanne Sekundentod längst
auf dem Tisch stehen. Ich legte meine Packung Sodbrennentabletten, ohne die ich
fast nie das Haus verließ, daneben.
    »Pünktlich wie ein Polizeibeamter«,
begrüßte mich meine Kollegin. »Dass ich das noch erleben darf.« Sie überlegte kurz
und ergänzte: »Du hast dich seit gestern sogar umgezogen.«
    »Alles nur oberflächlich«, antwortete
ich. »Du kannst gerne mal an meinen Socken riechen.«
    Jutta verzog ihr Gesicht. »Lass
mal, Reiner, ich glaub dir auch so.« Und mit einem Blick zu Jürgen: »Erzähl du,
wie es gestern Abend war.«
    »Es war klasse, die Pizza schmeckte
hervorragend. Ich habe noch einen guten Rotwein –«
    »Nein, das mein ich nicht«, unterbrach
ihn Jutta. »Berichte über die Videoaufnahmen.«
    »Ach so, das hättest du gleich sagen
können. Wir haben nichts gefunden, was wir nicht gestern bereits gemeinsam entdeckt
haben. Die Festplatte habe ich

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