Blutbahn - Palzkis sechster Fall
kopiert und per Eilkurier nach Mainz ins LKA bringen
lassen. Wenn ihr mich fragt, hat der Teufel eine Kniebandage getragen. Das könnte
aber auch Tarnung gewesen sein.«
Ich nickte, denn dieses Ergebnis
hatte ich erwartet. »Wer kümmert sich um die Anwohnerbefragung in der Dannstadter
Straße?« Ich genoss einen großen Schluck aus meiner Cola und zog mir dafür neidische
Blicke von Jürgen zu.
»Läuft längst, Herr Kollege.« Jutta
war in ihrem Element. »Metzger habe ich bisher nicht erreicht. Die Identität des
Mannes, der dem S-Bahn-Fahrzeugführer den Mord meldete, ist auch noch unbekannt.
Auf dem Video ist zu sehen, wie er die S-Bahn verlässt. Von ihm haben wir wenigstens
eine einigermaßen saubere Aufnahme.«
»Und was ist mit dem Opfer?«, fragte
Gerhard.
»Da sind wir ein ganzes Stück weiter
gekommen. Willibald Teufelsreutes Wohnung in Speyer wurde ohne Ergebnis durchsucht.
Er wohnte allein, seine sozialen Kontakte müssen erst mühsam recherchiert werden.
Keine Ahnung, warum er gestern in der S-Bahn saß und wohin er wollte. Eines haben
wir inzwischen herausgefunden: seinen Beruf, bevor er kürzlich in Rente ging.«
»Lass mich raten«, unterbrach ich
sie. »Er war Gärtnermeister im Holiday Park.«
»Schon wieder?« Jutta lachte. »Nein,
diesmal nicht, es werden manchmal auch andere Menschen als Gärtner ermordet. Teufelsreute
war als Vorarbeiter in der Werkstatt der S-Bahn Rhein-Neckar angestellt.«
»Was? Der hat bei diesem Verkehrsunternehmen
gearbeitet? Das kann doch wohl kein Zufall sein. Warum hat der Fahrzeugführer nichts
gesagt?«
Jutta antwortete: »Vielleicht, weil
er ihn nicht kannte?«
»Oder er wollte ihn nicht kennen«,
sagte ich.
»Kann sein. Jedenfalls muss dein
Umzug noch etwas warten. Ich habe Gerhard und dich in der S-Bahn-Werkstatt angemeldet.«
»Muss das wirklich heute sein?«
»Ja, und zwar gleich. Erst S-Bahn,
dann Um-Zug.«
Eigentlich war ich als stellvertretender
Dienststellenleiter durchaus befugt, meine Termine und den Zeitplan selbst zu organisieren.
Doch da ich wusste, dass dies niemand besser als Jutta machte, fügte ich mich.
»Komm, Gerhard, lass uns gleich
losfahren. Was macht ihr beiden inzwischen? Pizza essen?«
»Das wäre keine schlechte Idee.
Vielleicht gehe ich mit Jürgen brunchen.«
»Also fressen.«
»Wieso so ordinär, Reiner? Was hat
brunchen mit fressen zu tun?«
Jetzt hatte ich sie. »Liebe Jutta,
wie du weißt, ist brunchen ein Kunstwort, kommt aus dem Englischen und setzt sich
aus dem Anfang von Breakfast und dem Ende von Lunch zusammen, Brunch eben.«
»Ja, und weiter?« Alle drei Kollegen
sahen mich fragend an.
Ȇbersetzt das doch mal ins Deutsche:
der Anfang von Frühstück und das Ende von Mittagessen. Fressen, sagte ich doch bereits.«
»Mensch Reiner, ich wusste gar nicht,
dass du zu solch intellektuellen Witzen fähig bist«, lachte Jutta laut heraus und
schüttelte dabei ihre roten Haare.
Ich winkte ab. »Wo müssen wir hin?«
Sie schnappte sich einen Notizzettel
und las vor: »Oskar-Vongerichten-Straße. Der Werkstattleiter wartet auf euch.«
»Hä? Wo soll das denn sein? Vielleicht
in Ludwigshafen am Bodensee?«
»Komm schon.« Gerhard schob mich
in Richtung Tür, nachdem er seine Tasse leer getrunken hatte. »Ich fahr, mein Navi
kennt die Straße.«
»Wir warten auf euch«, gab uns Jutta
mit auf den Weg. »Selbstverständlich gehen wir nicht fressen, das war nur Spaß.«
Jürgens Blick war von tiefer Enttäuschung
geprägt.
»Ich hätte ganz schön Kohldampf«,
meinte ich zu Gerhard, als wir im Auto saßen, und ließ wie auf Kommando meinen Magen
brummeln. Er schaute kurz von seinem Navi auf, das er gerade programmierte und meinte:
»Hast du nicht gefrühstückt?«
»Ich war heute Morgen etwas in Eile«,
log ich, um das von mir liegen gelassene Vollkornbrot nicht erwähnen zu müssen.
»Reiß dich zusammen, zuerst fahren
wir zur S-Bahn-Werkstatt.«
Ich gab mich geschlagen. Mein Magen
nicht. Vielleicht sollte ich es einmal diesem Studenten Becker gleichtun und ein
Buch schreiben. Zwar keinen Krimi, dafür war ich viel zu professionell, aber so
etwas wie den FFF-VP, den Fast-Food-Führer Vorderpfalz, für den ich in der Vergangenheit
bereits einige wichtige Artikel zugeliefert hatte, würde ich mir schon zutrauen.
Sofort fielen mir die vielen leckeren Dinge ein, die man im Schifferstadter Imbiss
Caravella oder in der Speyrer Curry-Sau kaufen konnte, und selbst die klodeckelgroßen
Riesenschnitzel in Geinsheim
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