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Blutbahn - Palzkis sechster Fall

Blutbahn - Palzkis sechster Fall

Titel: Blutbahn - Palzkis sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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ihn
als Querulant bezeichnen. Jede kleinste Bagatelle nahm er zum Anlass, um sich darüber
aufzuregen. Dann suchte er solange in irgendwelchen Gesetzen und Verordnungen, bis
er seinen Willen durchsetzen konnte. Hauptsache recht haben, das war sein Motto.«
    »Nennen Sie uns mal ein Beispiel«,
forderte ich ihn auf.
    »Eine seiner letzten Heldentaten
vor seiner Pensionierung vor drei Monaten war das Toilettenpapier. Es war ihm zu
rau. Er wies nach, dass das von uns benutzte Recyclingpapier nicht EU-konform war.
Dann hat er eine Änderung mit aller Gewalt durchgesetzt. Selbst der Betriebsrat,
der darüber wenig amüsiert war, musste mitspielen. Wir mussten schließlich die Vorräte
zum Altpapier bringen und vierlagiges superweiches Toilettenpapier anschaffen. Der
Willi ist nun in Rente, und einige unserer Arbeiter, besonders die fürs Grobe, haben
jetzt wegen des weichen Zeugs ständig die Hände voll.«
    Gerhard grinste und protokollierte
eifrig mit.
    »Oder nehmen Sie unseren Getränkeautomaten.
Das Fanta war ihm zu süß, die Cola zu kalorienhaltig, daher automatisch schlecht
für die Arbeitnehmer. Was war das Ende vom Lied? Schauen Sie sich unseren Automaten
an! Drei Fächer Diätlimonade und ein Fach gekühlter Matetee. Sämtliche Arbeiter
bringen seitdem ihre Getränke von zuhause mit. Können Sie sich jetzt vorstellen,
wie beliebt der Willi war? Es ging öfters die Frage herum, allerdings spaßeshalber,
wie man ihn am besten entsorgen könnte. Ich meine den Willi, nicht den Automaten.«
    »Würden Sie dies jemandem zutrauen?«
    Der Werkstattleiter überlegte. »Nein,
eigentlich nicht. Höchstens im Affekt. Dazu ist er aber schon zu lange weg. An seinem
letzten Arbeitstag hat die Belegschaft ein Freudenfest gefeiert. Und zwar so, dass
er es mitkriegen musste. Dazu haben sie vorher überall Einladungen zur Teufelsvertreibung
verteilt. Eine Anspielung auf seinen Nachnamen.«
    Das Bild, das Schmitd von Teufelsreute
zeichnete, war abstrus. Bisher dachte ich immer, nur auf unserer Dienststelle passierten
die blödesten Dinge. Aber nein, auch woanders hatten sie scheinbar ihre Last zu
tragen.
    »Hatten Sie in den letzten drei
Monaten Kontakt zu Teufelsreute?«
    »Nein, zum Glück ließ er sich nicht
mehr sehen. Nur die Personalabteilung hatte noch Ärger mit ihm. Irgendwelche Bescheinigungen,
die seiner Meinung nach nicht korrekt ausgefüllt waren. Ansonsten war der Willi
seit seiner Pensionierung kein Gesprächsthema mehr. Alles, was an ihn persönlich
erinnerte, wurde nach Möglichkeit beseitigt.«
    »Können Sie die Verwaltung bitten,
uns die strittigen Unterlagen zukommen zu lassen?«
    »Gerne, das sollte kein Problem
sein. Übrigens, diese Beamtin von der Bundespolizei sagte mir, dass der Triebfahrzeugführer
der S-Bahn ein gewisser Arno Pfeiffer war. Stimmt das?«
    Ich zuckte mit der Schulter. »Keine
Ahnung, wenn sie es sagt, wird’s wohl stimmen.«
    »Ich mein ja bloß, aber der Arno
kannte den Willi auch.«
    Das war die nächste Überraschung.
Jutta hatte gesagt, dass der Fahrer nach hinten ging, um sich von dem Todesfall
zu überzeugen. Warum hatte er dies verschwiegen?
    »Das ist mir
neu«, entgegnete ich. »Wissen Sie auch, in welcher Beziehung die beiden zueinander
standen?«
    »In keiner direkten, wenn Sie Beziehung
wörtlich meinen. Arno ist mit Willis geschiedener Frau verheiratet.«
    »Hoppla, das sieht aber gar nicht
gut aus«, warf Gerhard ein. »Da hätten wir wieder ein klassisches Beziehungsmotiv.«
    »Langsam«, wiegelte ich ab. »Pfeiffer
hat immerhin ein Alibi. Nur wenn er David Copperfield heißen würde, könnte er an
beiden Zugenden gleichzeitig sein.«
    Benno Schmitd stand auf und holte
sich eine Dose Haarspray, die in einem Regal stand. Ohne uns zu beachten, sprühte
er seinen Halbglatzenhaardeckel gründlich ein und drückte die Haare in Form. Ohne
Spiegel gelang ihm das nur unvollkommen, die Szene hatte etwas von Loriot.
    Ich stand ebenfalls auf. »Herr Schmitd,
wir werden die Belegschaft als Zeugen vernehmen. Da es einige Leute sind, schlage
ich vor, dass morgen ein paar Kollegen vorbeikommen und die Protokolle vor Ort aufnehmen.
Können Sie uns dazu drei oder vier Büros zur Verfügung stellen?«
    »Sicher können wir das. Drüben in
der Verwaltung sollte das kein Problem sein. Müssen die Kaffeetrinker halt mal für
ein paar Stunden enger zusammenrücken.«
    Wir verabschiedeten uns und fuhren
zurück nach Schifferstadt zur Dienststelle. Im Büro von Jutta erwartete uns eine
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