Blutbahn - Palzkis sechster Fall
nicht auf die Idee, das Frühstück mit aufgewärmtem Rosenkohl aufzuwerten.
Das Vollkornbrot war genug des Guten. Melanie, unsere Langschläferin, bekam ich
nicht zu Gesicht. Stefanie würde sie wecken, sobald ich zur Arbeit fuhr.
Zum Abschied umarmte ich meine Frau
und streichelte ihren Bauch.
»Es wird also doch gefährlich?«,
schlussfolgerte sie daraus.
»Nein, Jutta und Gerhard sind auch
dabei.«
Das schien sie etwas zu beruhigen.
»Kein Alleingang?«, fragte sie zaghaft.
»Kein Alleingang«, versprach ich
und so war es ja auch geplant.
19
Jacques’ Ende
Becker kam kurz nach mir im Waldspitzweg in der Dienststelle an, sodass
ich vorher Zeit hatte, mein Büro zu sichten. Den Abfall hatte ich bereits am letzten
Sonntag entsorgt, auch der Posteingang hielt sich in Grenzen. Die gute Fee Jutta
musste zwischendurch mal reingeschaut haben.
»Morgen, Herr Palzki«, begrüßte
mich Becker. »Ich habe uns etwas zum Frühstück mitgebracht.«
Aus einer Umhängetasche zog er zunächst
eine Tüte mit allerlei Backwaren heraus. Danach zauberte er eine Thermoskanne aus
der Tasche.
»Mit Ihren Kaffeekreationen habe
ich vor ein paar Monaten ziemlich schlechte Erfahrungen gemacht«, meinte er und
ich musste ihm stillschweigend beipflichten. Damals wurde gerade der neue Heißgetränkeautomat
in unserer Dienststelle installiert. Verwirrt durch die Vielzahl der Tasten und
unterschiedlichen Kaffeeaufbereitungen war das Kaffee-Debüt sehr gewöhnungsbedürftig
ausgefallen.
»Hat Ihnen meine Altölvariante Kaffee-15W40
nicht gemundet?«
Ohne auf eine Antwort zu warten,
holte ich aus dem Schrank zwei Einwegbecher und zwei Servietten als Tellerersatz.
Stefanie würde mich steinigen, wenn sie das sehen würde.
Becker biss in ein Schokobrötchen
und sah mich erwartungsvoll an.
»Wann geht’s los?«
In gleichen Moment ging die Tür
auf und Jutta und Gerhard traten ein.
»Wo, äh, – wo kommt ihr denn her?«,
stotterte ich mit rot angelaufenem Gesicht.
Gerhard besah sich die Tischdekoration
und verschwand kommentarlos.
»Dass wir hier sind, hast du deiner
Frau zu verdanken, Reiner. Sie hat einen guten Instinkt bewiesen, als sie mich vor
einer halben Stunde angerufen hat. Du musst gerade zuhause weggefahren sein.«
Panik stieg in mir auf.
»Was hat sie
gesagt? Ist sie arg sauer? Ich hätte euch nachher sowieso informiert.«
»Das ist alleine
dein Problem, Kollege. Vielleicht solltest du deine Informationspolitik etwas überdenken,
dann bleiben dir solche Situationen in Zukunft erspart.«
Ich nickte
ergeben. Dumme Lage.
Dietmar Becker
riss die Bäckertüte komplett auf. »Bedienen Sie sich, Frau Wagner. Es ist genug
für alle da.«
Jutta brachte
ein kleines, dankbares Lächeln zustande. Ich atmete auf, so schlimm würde es wohl
nicht werden.
»Gut, dass
ihr da seid. Dann brauche ich es nicht zweimal zu erklären. Ich weiß nämlich, dass
Pit Teufelsreute unschuldig ist.«
Gerhard kam
mit zwei Magnumtassen und einer Kaffeekanne zurück.
»Jetzt kann
der Tag beginnen«, meinte er, nachdem er den ersten Schluck getrunken hatte.
»Pit kann
sich unmöglich den Schlag selbst versetzt haben«, begann ich meine Erklärungen.
»Wir haben nämlich keine Tatwaffe gefunden. Da er durch den Schlag erwiesenermaßen
bewusstlos war, hatte er keine Gelegenheit, diese zu verstecken. Wenn er unser gesuchter
Mörder wäre, hätte er sich nur einen wesentlich leichteren Schlag beigebracht, um
die Waffe verstecken zu können.«
Meine drei
Gäste nickten zustimmend.
»Und wenn
er einen Helfershelfer hatte?«, wandte Jutta ein.
»Ja freilich, das kann man nicht
ausschließen. Doch ich bin mit meinen Gedanken noch ein Stück weiter gekommen. Ich
weiß inzwischen halbwegs sicher, wer der Gauner ist.«
Dietmar Becker hatte einen Einwand.
»Was ist mit dem Brief von Josefine Teufelsreute? Der weist eindeutig auf Pit als
Täter hin.«
Alle Achtung, unser Polizeireporter
kannte alle Details. KPD musste ausführlich berichtet haben.
»Bei dem Brief handelt es sich um
eine Fälschung. Davon bin ich inzwischen überzeugt. Unser perfider Mörder hat einige
falsche Spuren gelegt.«
»Du meinst, es geht gar nicht um
die Bilder und den Schmuck?«
»Doch, genau darum geht es. Alles
andere war die Rahmenhandlung gewesen.«
»Nur die Rahmenhandlung?«, rief
Gerhard erbost. »Drei Menschen mussten dran glauben. Und du beinahe ebenso.«
»Ich weiß«, antwortete ich. »Alles läuft auf das Teufelsreute-Erbe
hinaus. Eigentlich eine klare
Weitere Kostenlose Bücher