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Blutbahn - Palzkis sechster Fall

Blutbahn - Palzkis sechster Fall

Titel: Blutbahn - Palzkis sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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unser rituelles Pils zu verzichten.
Als Ersatzdroge nahm ich ein paar Keksriegel zu mir, die Stefanie nach wie vor nicht
in meiner Schreibtischschublade gefunden hatte.
     
    *
     
    Die Nacht war grausam zu mir. Normalerweise hatte ich nie Einschlafprobleme
und konnte mich morgens so gut wie nie daran erinnern, ob oder von was ich geträumt
hatte. Doch heute zogen Teufelskostüme, Abschleppwagen, S-Bahn-Züge, Dreizack, Reisemobile,
Landschaftsbilder wirr an mir vorüber. Die ganzen Erlebnisse der letzten Tage wurden
in meinem Hirn durcheinander gewürfelt, geordnet, neu sortiert und vernetzt. Mir
schien, als würden sämtliche möglichen Kombinationen ausprobiert: Ein Abschleppwagen
auf einem Gemälde, ein S-Bahn-Zug mit einem Werbespruch von Doktor Metzger, KPD
mit in der Brust steckendem Dreizack. Viertelstündlich schaute ich schweißgebadet
auf den Wecker, die Nacht nahm kein Ende. Auf einmal machte es Klick. Die Synapsen
meines bescheidenen Hirns hatten etwas entdeckt. Diese Information wurde schlagartig
aus meinem Unterbewusstsein in mein Bewusstsein geschoben. Auf einmal wusste ich,
dass Pit Teufelsreute unschuldig sein musste. Sapperlot, da hätte ich selbst drauf
kommen müssen. Ich bedankte mich bei meinem Bewusstsein und stand auf, was angesichts
der frühen Stunde eigentlich sinnlos war. Ich ging ins Wohnzimmer und grübelte weiter.
Warum hatte ich dieses wichtige Detail übersehen? Meine Gedanken gingen weiter.
Wenn diese Heino-Imitation wirklich unschuldig war, wer war dann der tatsächliche
Täter? Es musste sich um einen äußerst perfiden Mörder handeln, der skrupellos falsche
Spuren gelegt hatte. Doch es würde ihm nichts nützen. Ich schmiedete einen Plan.

18
Der Countdown läuft
     
    Ich legte Stefanie einen Zettel auf den Wohnzimmertisch. Die Gelegenheit
war günstig. Es war stockdunkel, kurz nach fünf Uhr morgens und bitterkalt. Ideal
für einen kleinen Einbruch. Die erforderliche Genehmigung konnte ich mir nachträglich
besorgen, es war Gefahr in Verzug. Doch zunächst musste ich einen alten Bekannten
wecken.
    Ich fuhr in den Kestenbergerweg
zu Jacques Bosco. Hier wohnte einer der letzten Universalgelehrten der Menschheit.
Ich konnte mich rühmen, dass ich bereits als Kind in seinem Labor Verstecken gespielt
hatte. Jacques war mir stets ein guter Lehrer gewesen. Wenn in der Schule der Overheadprojektor
andere Sachen zeigte, als der Lehrer auflegte, dann wusste jeder, dass mir mein
Freund mal wieder eine neue Erfindung ausgeliehen hatte. So lernte ich mit einfachen
Methoden die Geheimnisse der Optik, beziehungsweise der optischen Täuschung. Meine
Lehrer waren zwar nicht immer Jacques’ und meiner Meinung, doch das machte den Schulalltag
ein wenig interessanter.
    Der Erfinder wohnte seit dem Tod
seiner Frau alleine in dem Häuschen aus den Siebziger Jahren. Vor vier Monaten explodierte
bei einem Unglück seine Werkstatt, die sich hinter der Garage befand. Bis zum Wiederaufbau
im kommenden Sommer experimentierte er fleißig in der Küche und im Wohnzimmer.
    Im vollen Bewusstsein der frühen
Stunde drückte ich die Klingel. Es dauerte eine Weile, bis der Erfinder öffnete.
Wahnsinn, er trug seinen Laborkittel, ohne den ich ihn so gut wie noch nie gesehen
hatte. Schlief er etwa sogar in ihm? Seine wirren Haare, die sofort an Albert Einstein
erinnerten, standen wie immer in alle Richtungen ab. Haarpflege schien für ihn nebensächlich
zu sein.
    »Reiner, was ist mit dir los?«,
fragte er erstaunt. »Wie siehst du aus?«
    Ich schaute
an mir runter.
    »Ja, ist schon
gut. Das war das Erstbeste, was ich gefunden habe.«
    »Ein alter
vergammelter lilafarbener Jogginganzug und einen Kopfverband? Kommst du gerade von
einer Fastnachtsveranstaltung? Soll ich dich heimfahren?«
    »Nein, Jacques.
Entschuldige, dass ich so früh vorbeikomme. Ich bräuchte etwas von dir.«
    Jacques lachte.
»Das ist schon klar. Du kommst immer, wenn du was brauchst.«
    »Nein, bitte, verstehe mich nicht
falsch.«
    Der Erfinder reagierte nicht. »Komm
rein, mach’s dir bequem. Stolpere bitte nicht über die Kabel, ich komme im Moment
nicht zum Aufräumen.«
    Ein Blick ins Wohnzimmer zeigte
mir, dass es Zeit wurde, dass sein Labor wieder aufgebaut wird. Überall standen,
lagen, hingen die unterschiedlichsten Apparaturen herum. Es war unmöglich, einen
einigermaßen sicheren Sitzplatz zu finden.
    »Was erfindest du im Moment?«
    »Ach, nichts Besonderes, Rauschtabletten.«
    »Rauschtabletten? Was soll das nun
wieder sein?

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