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Blutbeichte

Blutbeichte

Titel: Blutbeichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Barclay
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nicht.«
    »Dann ist es ja gut«, stieß Joe hervor. »Sie müssen nämlich wissen, dass es in meinem Job viele Leute gibt, die sich Sorgen machen: mein Partner, ich selbst, die gesamte Sondereinheit. Wir sorgen uns um die Menschen, die wir kennengelernt haben. Glauben Sie, ich lerne einen Menschen wie Mary Burig kennen, und wenn sie dann verschwindet, vergesse ich die Sache einfach? Sie können nachts gut schlafen, wenn Sie wissen, dass Mary in Sicherheit ist. Aber ich kann es nicht. Ich wache auf und frage mich, was ich falsch gemacht habe. Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie an meiner Stelle wären?«
    »Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen …«
    Joe schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht bestreiten, dass Sie mit dieser Klinik ein großartiges Projekt verwirklicht haben. Es ist bewundernswert, wie vielen Menschen Sie schon helfen konnten. Es müsste Tausende dieser Kliniken im ganzen Land geben.«
    »Danke«, sagte Julia leise. »Das bedeutet mir sehr viel.« Tränen traten ihr in die Augen. »Ich weiß auch nicht, wie ich in diese Situation geraten konnte. Es tut mir leid.« Sie hob den Blick zu Joe. »Woher wussten Sie es?«
    »Ich sehe oft Menschen weinen«, erwiderte Joe. »Ich sehe richtige Tränen, und ich sehe vorgetäuschte Tränen. Als ich Ihnen gesagt habe, dass es Stan war, der mit Robin zusammengestoßen ist, habe ich richtige Tränen gesehen. Aber ich wusste, dass Sie aus einem anderen Grunde geweint haben. Ich hatte den Eindruck, ich hätte Ihnen etwas gesagt, was Sie bereits wussten. Ergibt das einen Sinn? Manchmal sieht man Menschen auf einer Beerdigung weinen, und man merkt, dass noch etwas anderes dahintersteckt. So ungefähr war es.«
    Julia lächelte betrübt. »Sie haben recht. Ich habe aus einem anderen Grund geweint.«
    »Und aus welchem?«
    »Es hat mich daran erinnert, dass ich einen Sohn hatte, der sterben wollte .«
    »Was?«
    »Robin ist Stan mit Absicht ins Auto gefahren.«
    »Und Sie glauben das?«, fragte Joe.
    »Ja. Das Leben zu Hause war unerträglich. Ich wusste, dass es ihm nicht gut ging. Es war alles zu viel für ihn. Er hatte schon einen Selbstmordversuch hinter sich. Stan hat bestätigt, was ich vermutet hatte.«
    »Wie haben Sie erfahren, dass es Stan war?«
    »Er hielt es nicht mehr aus und hat es mir gebeichtet. Er sagte, er könne nicht mit der Schuld leben, und meine Freundlichkeit würde alles noch viel schlimmer machen. Er konntenicht einfach gehen, weil er wusste, wie wichtig er mir war, doch er wollte auch nicht länger bleiben, weil er jeden Tag das Gefühl hatte, mich zu täuschen.«
    »Wie haben Sie reagiert, als er es Ihnen gesagt hat?«
    »Ich war am Boden zerstört.«
    »Aber Sie haben sich davon erholt.«
    Julia blickte ihn stumm an.
    »Ja, Sie haben sich rasch davon erholt, als Sie begriffen haben, dass Ihnen für den Rest Ihres Lebens jemand zur Seite stehen und alles für Sie tun würde, weil er Ihnen das Kind genommen hatte.«
    »So zynisch bin ich nicht.«
    »Sie wussten genau, was Sie taten, Mrs Embry.«
    »So war es nicht. Stan war ein treuer Freund geworden. Ich habe meinen Sohn und meinen Mann verloren. Ich hätte es nicht ertragen, noch einen Menschen zu verlieren. Niemand konnte mir Robin zurückbringen. Stan war kein schlechter Mensch. Ich hätte nichts gewonnen, wenn ich ihn zurückgewiesen hätte.«
    »Okay. Was geschah in jener Nacht in der Klinik?«
    »Der Killer kam zurück und brachte Mary zum zweiten Mal in seine Gewalt. Ich hielt mich als Einzige in der Klinik auf. Als ich Geräusche in einer der Wohnungen hörte, ging ich hinein. Er fuhr zu mir herum. Dabei löste sich ein Schuss. Es war ein Reflex. Er hatte gar nicht auf mich gezielt. Die Kugel verfehlte mich. Ich schrie, Mary schrie. Stan stürzte ins Zimmer und erschoss ihn. Es war Notwehr. Alles ging blitzschnell.«
    Joe schaute sie ungerührt an. In seinem Innern tobte Wut. »Was geschah mit Mary?«
    »Es herrschte Chaos … der Lärm, die Schüsse … Sie kroch an uns vorbei und lief den Gang hinunter. Wir standen alle unter Schock. Mary versteckte sich in einer der Wohnungen. Ich rannte hinter ihr her.«
    »Wo war Stan?«
    »Er hat den Leichnam in die Tücher gewickelt, die in dem Raum lagen, dann in Plastikfolie, und dann hat er ihn vergraben.«
    Joe schüttelte den Kopf. »Und da hat Mary uns angerufen?«
    Julia nickte. »Ich glaube ja. Ich bat Stan, sie zu suchen und sie in die neue Klinik zu fahren. Sie hatte sich im Materialraum in der Eingangshalle versteckt.

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