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Blutberg - Kriminalroman

Blutberg - Kriminalroman

Titel: Blutberg - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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kleines Notizbuch und ein paar Din-A4-Seiten in einer der Schreibtischschubladen.
Das Notizbuch schien als eine Art Tagebuch gedient zu haben, jeder Eintrag war mit einem Datum versehen. In der ersten Woche hatte Jorge viel geschrieben, er hatte keinen Tag ausgelassen, und die Einträge waren umfangreich. Mit der Zeit wurden sie aber sowohl kürzer als auch unregelmäßiger. Der letzte bestand nur aus einem einzigen Satz und stammte vom 25. Februar. Einen Tag bevor der Bergsturz niederging, und einen halben Monat nach dem vorletzten Eintrag. Sie verstanden nur ein Wort: Jesus.
    Wahrscheinlich hat er Gott um Beistand gebeten, schloss Árni. Beziehungsweise seinen Sohn. Das war wohl auch nötig gewesen. Schwieriger war es, die losen Blätter zuzuordnen. Sie hielten es für das Wahrscheinlichste, dass es sich um Briefe handelte, aber es konnte auch alles Mögliche sonst sein.
    »Wir müssen das übersetzen lassen«, sagte Katrín. Dem war nichts hinzuzufügen, und sie begaben sich auf demselben Weg zurück, auf dem sie gekommen waren. Sie hatte nur ein müdes Lächeln für Árni übriggehabt, als er gefragt hatte, warum sie nicht mit dem Auto fuhren. Etwa auf der Mitte des Weges stand ein kümmerlicher, verblichener Weihnachtsbaum. Er war weder groß noch klein, ohne Schmuck und total schief. Árni blieb stehen und betrachtete ihn.
    »Woran denkst du?«, fragte Katrín.
    Árni seufzte tief, und eine Rauchwolke entwich seinem Mund. In Kárahnjúkar herrschte Windstille.
    »Das ist so trostlos«, sagte er. »Hier ist einfach alles so verdammt trostlos.«
    »Schau nach oben«, sagte Katrín und klopfte ihm auf den Rücken. »Sieh zum Himmel.«
    Árni folgte ihrem Rat, und ihn schwindelte. Das Schauspiel, das sich seinen Augen darbot, war unglaublich und mit nichts zu vergleichen, was er jemals gesehen hatte.
    »Toll«, sagte er anerkennend, »wirklich toll. Trotzdem ist
dieser Ort das Hinterletzte.« Kaum hatte er das gesagt, als überall ringsherum Türen zu schlagen begannen, und Männer in orangefarbenen Overalls kamen von allen Seiten herbeigestürzt und rannten in Richtung der Impregilo-Kantine. Katrín und Árni hörten auf Anhieb auf, zum Himmel zu starren, und liefen hinter ihnen her. Auf dem Parkplatz vor der Kantine warteten drei Busse. Katrín ging zu einem hin.
    »Was ist los?«, fragte sie.
    Der Fahrer gähnte. »Arbeit«, antwortete er. »Dieses verdammte Kraftwerk baut sich nicht von alleine.«
     
    Matthías warf Ricardo einen Blick zu und verdrehte die Augen. Ricardo tat es ihm gleich.
    »Ehrlich gesagt, Róbert, jetzt reicht es mir«, erklärte Matthías. »Nicht noch einmal. Wir kommen gerade von einer Besprechung mit dem Generaldirektor, und der hat uns versichert, dass sie grünes Licht für die Wiederaufnahme der Arbeit geben. Du kannst versuchen, bei ihm vorstellig zu werden, er ist in seinem Büro, aber du kannst es genauso gut lassen. Wir machen weiter, was auch immer du faselst. Alles klar?« Er lächelte Róbert müde an, setzte den Helm auf und ging in die windstille Nacht hinaus. Ricardo folgte ihm wie ein Schatten.
    »Schön ist es jetzt«, sagte Ricardo in seinem weichen, melodischen Englisch und starrte fasziniert auf das Nordlicht, das über ihren Köpfen tanzte. »Das ist wahrscheinlich das Einzige hier, was ich vermissen werde.«
    »Wann reist du ab?«, fragte Matthías mehr aus Höflichkeit als aus Neugierde.
    »Nächsten Montag. Mein Nachfolger kommt am Freitag. Er heißt Massimo Santanicchia. Er ist in Ordnung, ich habe schon mit ihm zusammengearbeitet. Ein tüchtiger Mann und sehr akkurat.«
    »Kommt er allein?«, fragte Matthías, während er zu seinem
Jeep hinüberschlenderte. Der Schnee knirschte in der Stille auffällig laut unter seinen Füßen. Ricardo riss sich von den Nordlichtern los und folgte ihm.
    »Ja«, sagte er, »Massimo ist Junggeselle. Das ist besser … an so einem Ort.«
    »Vielleicht«, sagte Matthías zögerlich. »Vielleicht hast du recht.« Er sah auf einmal, dass Ricardo humpelte oder sich zumindest seltsam bewegte, keineswegs so dynamisch wie sonst. »Bist du verletzt?«
    Ricardo grinste verlegen. »Nichts Ernstes. Ich habe mir den Fuß vertreten. Hier ist es überall so glatt.«
    »Ja, hier muss man wirklich aufpassen«, sagte Matthías. »Also, ich werde jetzt hinunter zum Damm fahren und nach dem Rechten sehen. Was ist mit dir?«
    »Ich werde schlafen gehen«, sagte Ricardo, »falls ich kann. Bis später.«
    Matthías ließ den Motor an, drehte die Heizung

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