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Blutberg - Kriminalroman

Blutberg - Kriminalroman

Titel: Blutberg - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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alle erreicht, die sie hören sollten, und noch zahlreiche andere, die wiederum dafür sorgten, dass sie sich mit abenteuerlicher Geschwindigkeit landesweit verbreiteten,
bis quasi jede Menschenseele in Island mindest drei Versionen von dem Ereignis gehört hatte, eine haarsträubender als die andere.
    Obwohl die Brücke noch hing und niemand ums Leben gekommen war - und niemand auch nur eine Schramme am kleinen Finger davongetragen hatte -, ließ der Wirbel, der in den isländischen Nachrichtenredaktionen ausgelöst wurde, eigentlich nur den Schluss zu, dass im zentralen isländischen Hochland der dritte Weltkrieg ausgebrochen sein musste. Die Chefredakteure riefen sämtliches verfügbares Personal auf den Plan, sie versuchten zwar, Ruhe zu bewahren, doch die war schon längst flöten gegangen. Fotografen und Kameraleute mieteten Flugzeuge, Jeeps, Hubschrauber und sogar Schneemobile an, und der fliegende Fernsehreporter Ómar Ragnarsson befand sich bereits in der Luft, noch bevor das Echo in der Schlucht verstummt war.
    Sämtliche Rundfunkstationen machten eine Sondersendung nach der anderen, und die Fernsehstationen standen ihnen in nichts nach. Immer wieder wurde die Pressenotiz verlesen, die den Redaktionen fünf Minuten nach der Detonation zugegangen war:
    » Wer das Land zerstört, zerstört die Nation . Wer das Land vergewaltigt, vergewaltigt die Nation. Sie wurden gewarnt, aber sie haben nicht reagiert. Deswegen sind wir zur Tat geschritten. Das hier war nur der Anfang. Wenn sie weitermachen, machen wir auch weiter. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Die Grüne Armee. «
    Die Kommentatoren wetteiferten darin, weitere Nachrichten in wenigen Augenblicken in Aussicht zu stellen, und zwischendurch interviewten sie Politiker, Ingenieure, Historiker, Politologen, Polizeiangehörige und letzten Endes alle, die sich dazu äußern wollten. Darunter befanden sich auch einige, die im Sommer 1970 an der Sprengung der Staumauer am Laxá-Kraftwerk
in Nordisland beteiligt gewesen waren. Die verbaten sich aber jegliche Parallelen zwischen den beiden Ereignissen und wiesen darauf hin, dass es nie ein Geheimnis gewesen war, wer für die Sprengung damals verantwortlich zeichnete, sie sei ja auch wesentlich unbedeutender gewesen und habe keine Menschenleben gefährdet. Diese Leute klangen zwar durchaus schockiert, doch einigen von ihnen konnte man recht gut anhören, dass sie diese Aktion unterschwellig gar nicht so schlecht fanden.
    Der fliegende Reporter machte eine Zwischenlandung am Mývatn. Zwar wurde die historische Protestaktion von 1972 in den Fernsehnachrichten viel später als im Rundfunk aufgefrischt, doch Ómar Ragnarsson kompensierte das mit Filmaufnahmen und viel Dramatik, und zugleich spekulierte er darüber, was wohl aus dem Mývatn geworden wäre, wenn die Bauern dort vor fast vierzig Jahren nicht die Staumauer gesprengt hätten.
    Und es waren nicht nur die Medien, die sich so aufführten, als stünde der dritte Weltkrieg vor der Tür. In den Ministerien, beim IKA, beim Katastrophenschutz, bei der National Power Company und bei Impregilo hetzten atemlose Menschen mit offenem Mund und wirrem Haar aus einem Konferenzzimmer ins andere, von einem Telefon zum anderen.
    Auch im Parlament ging es drunter und drüber, die Opposition nutzte die erste Gelegenheit zu einer dringlichen parlamentarischen Anfrage, was die Regierung in dieser Angelegenheit zu unternehmen gedenke. Die Regierungsparteien hingegen warfen der Opposition vor, in Anbetracht des Ernstes der Lage in unverantwortlicher Weise die Zeit auf müßiges Geschwätz zu verschwenden. Der Justizminister ließ sich zwischen Krisenbesprechungen mit den höchsten Gremien diverser Institutionen für eine Viertelstunde im Plenarsaal blicken, unterstrich wieder einmal die Notwendigkeit einer
Sicherheitspolizei und eines Geheimdienstes und stellte eine bereits mehrfach angekündigte Vorlage dazu in den allernächsten Tagen in Aussicht.
    »Glücklicherweise ist das Sondereinsatzkommando der Polizei in Übereinstimmung mit den Änderungen an den Verordnungen, die in der letzten Sitzungsperiode verabschiedet wurden, bereits erheblich verstärkt worden«, erklärte er gegen Ende seiner Rede. »Und auch wenn es noch nicht auf dem Stand der Leistungsfähigkeit ist, die wir für die Zukunft anstreben, ist es trotzdem heute schlagkräftiger als noch vor einem Jahr. Und wie die Damen und Herren Abgeordneten sehr wohl wissen, ist es

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